Beim Christopher-Street-Day in Duisburg haben tausend Menschen für Vielfalt und Toleranz demonstriert. Sie feierten auf dem König-Heinrich-Platz.
Seit einer Woche sind Robert (37) und Sascha (36) zusammen. Kennengelernt haben sie sich auf dem Christopher-Street-Day in Mönchengladbach. Nun liegen sie auf der Wiese am König-Heinrich-Platz und küssen sich zärtlich. Um sie herum feiern Menschen das Leben, ihre Offenheit, die Gleichheit, die Vielfalt, kurz: den CSD.
Zum 17. Mal fand der CSD am Samstag in Duisburg statt. Etwa 1000 Teilnehmer, darunter viele Jugendliche, zogen in einer bunten und glitzernden Demo vom Burgplatz über den Dellplatz und die Tonhallenstraße zum Hauptbahnhof und von dort zum König-Heinrich-Platz, wo der CSD in ein Straßenfest mündete. Neben vielen Vereinen nahmen auch Parteien und städtische Vertreter teil.
Regenbogenfahnen prägen das Bild des Demozugs.
Vorneweg läuft am Mittag eine Marching Band, die kölsche Lieder spielt. Dahinter tragen Teilnehmer eine meterlange Regenbogenfahnedurch die Stadt. Eine kleinere Version haben sich viele andere um den Hals gelegt oder ins Gesicht gemalt. In der Goldstraße schallt ihnen Lady Gagas „Born This Way“ entgegen. Viele Menschen am Straßenrand blicken neugierig aus dem Fenster oder filmen mit ihren Smartphones. Für Sascha Roncevic und die Arbeitsgemeinschaft SPDqueer der Duisburger Sozialdemokraten ist der CSD Pflichttermin. Auf Schildern fordern sie unter anderem ein queeres Zentrum in der Stadt.
„Es geht ja nicht nur darum, einen geschützten Raum zu haben, sondern allgemein einen Ort, an dem man sich treffen kann. Die Szene verändert sich und es gibt weniger Lokale als früher“, sagt er. „Auch brauchen wir einen Ort, an dem wir Beratungen durchführen können. Nicht nur aufs Coming-out bezogen, auch Gesundheitsberatung, Sexualität im Alter oder in der Jugend und Suchtberatung sind da Themen“, erklärt Roncevic. „Das ist kulturelle Vielfalt, von der jeder profitiert.“
Diskriminierung ist noch immer Alltag
Die AG SPDqueer fordere mehr kommunale Unterstützung. „Hinsichtlich Regenbogenfamilien zum Beispiel, da besteht noch Nachholbedarf. Da gehen zwei Frauen zum Amt und auf dem Antrag steht Mutter und Vater. Das mögen Kleinigkeiten sein, aber für uns ist es der Ausdruck von Akzeptanz, den wir uns wünschen.“
Nach rund anderthalb Stunden trifft der Demozug auf dem König-Heinrich-Platz ein, auf dem zahlreiche Vereine und Initiativen einen Stand aufgebaut haben. Auf der Wiese tummeln sich die Feiernden. Vie (15) aus Wuppertal und ihre Freundin genießen es, unter ihresgleichen zu sein. „Hier kann ich Freunde treffen und werde als die akzeptiert, die ich bin“, sagt Vie. „Und ich höre keine diskriminierenden Sprüche.“ In der Schule fielen mitunter Sätze wie „Lesben sind ekelhaft“ oder„Das ist eine Sünde“. Zuhause sei es nicht anders. „Meine Eltern sind Muslime. Meine Mutter sagt zwar, dass sie Homosexualität okay findet, aber nur bei anderen. Bei mir gehe das nicht, wegen der Religion“, sagt Vie.
Ähnliche Erfahrungen haben auch Robert und Sascha gemacht. „Ich war schon mal in eine Rangelei verwickelt“, sagt der Düsseldorfer. Ob ihn die Diskriminierung in ihrer Häufigkeit noch trifft? „Ich finde es irgendwo traurig, dass es sowas noch gibt“, sagt Sascha. „Aber wenn wir Akzeptanz wollen, müssen wir auch tolerieren, dass andere Menschen Gegenmeinungen haben.“ Doch heute Abend wollen er und sein neuer Freund feiern – und noch ein bisschen knutschen.