Duisburg. Hochfelder schildern, mit welchen Problemen sie im Alltag zu kämpfen haben – und warum sie sich über das Durchgreifen der Polizei freuen.
Einen Tag nach der großen Razzia in Hochfeld macht sich Erleichterung breit. „Gut, dass mal jemand durchgreift. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, was rund um unsere Kirche passiert“, erklärt Jörg-Holger Ibsch, Vorsitzender des Presbyteriums der Gemeinde Pauluskirche, und wird konkret: Allein in den vergangenen Wochen seien zahlreiche Kirchenfenster eingeschlagen worden. „Auf offener Straße wurden Drogen verkauft und wenn sonntags die Gemeindemitglieder zum Gottesdienst kommen, werden sie belästigt.“
Im vergangenen Jahr schrieb das Presbyterium einen Brief an den Ordnungsdezernenten, die Polizeipräsidentin und den Superintendenten. Danach wurde es etwas besser, doch der Zustand hielt nicht lange an: „Wir haben sogar eine 400-Euro-Kraft eingestellt, die vor dem Gottesdienst den Kirchplatz säubert, damit sich die Leute wohl fühlen.“
Michael Willhardt: „Ich persönlich fühle mich nicht bedroht, aber die öffentliche Ordnung ist gefährdet“
Es sind Beschreibungen wie diese, die zeigen, wie schwierig das Zusammenleben im Alltag in Hochfeld sein kann. Michael Willhardt, engagierter Anwohner an der Eigenstraße, beschreibt es so: „Ich persönlich fühle mich nicht bedroht, aber die öffentliche Ordnung in Hochfeld ist gefährdet.“
Er und seine Mitstreiter an der Eigenstraße haben das Projekt „Hallo Nachbarn“ gestartet, um die Neu-Hochfelder besser kennen zu lernen. Die Probleme sind nicht neu: 58 Prozent der Hochfelder haben ausländische Wurzeln, die Sprachbarrieren sind oft hoch, manche haben bisher kein Verständnis dafür entwickelt, wie in Deutschland die Müllabfuhr funktioniert. Dennoch ist es schwierig, miteinander in Kontakt zu kommen.
Reinhard Schmidt, Stadtteilmanager der Entwicklungsgesellschaft Duisburg, nennt ein anderes Beispiel: Als vor einiger das Kinderfest am Immendal stattfand, wurde in dem Bereich eine Wiese gemäht. „Das hat für Aufruhr gesorgt“, erklärt Schmidt. Was war passiert? In der Vergangenheit hatten sich auf dieser Wiese manchmal 100 Personen zum Grillen getroffen und haben die Anwohner um ihren Schlaf gebracht. Irgendwann war im Wortsinne Gras über die Sache gewachsen - zwischen Disteln mag niemand gerne hocken.
Als die Landschaftsgärtner anrückten, fürchteten die Nachbarn, dass nun alles wieder von vorne beginne. „Man muss die Interessen im Stadtteil fein austarieren. Das ist eine schwierige Sache.“ An den vergangenen beiden Wochenenden ist es übrigens ruhig geblieben. Reinhard Schmidt: „Hochfeld nimmt eigentlich einen guten Anlauf. Mit der Planung für die Internationale Gartenschau 2027 wird richtig Geld in die Hand genommen, aber wir scheitern vor Ort an der Basis des Zusammenlebens.“
Auch interessant
SPD-Ratsfrau Andrea Demming-Rosenberg musste dennoch schlucken, als sie von der Bezeichnung „gefährlicher Ort“ hörte. In der Sache sei sie mit dem Durchgreifen der Polizei zufrieden. Auch an die SPD seien immer wieder Beschwerden herangetragen worden und lange Zeit sei wenig passiert. „Aber wir wollen auch nicht, dass Hochfeld stigmatisiert wird.“ Gürsel Dogan, Ratsmitglied der CDU, betont: „Es ist richtig, dass mit rechtsstaatlichen Mittel durchgegriffen wird.“
Stadt will Polizei in ihrer Null-Toleranz-Strategie unterstützen
Der Dezernent für Sicherheit und Recht der Stadt Duisburg, Paul Bischof, hat in den vergangenen Monaten einen Arbeitskreis „Leben in Hochfeld“ gegründet, in dem sich zahlreiche Institutionen vernetzen und über die Probleme und deren Lösungen sprechen. Teilnehmer bestätigen, dass seitdem einige in Bewegung gekommen sei. „Gerade das langfristig und strategisch angelegte Vorgehen ermöglicht nachhaltige Erfolge. Derartiges Verhalten kann weder toleriert noch geduldet werden. Die Stadt wird auch weiterhin in enger Kooperation mit Polizei und Staatsanwaltschaft an der ordnungsbehördlichen Null-Toleranz-Strategie festhalten.“
Am kommenden Samstag findet an der Pauluskirche übrigens der traditionelle Kinder- und Familientag statt. Jörg-Holger Ibsch und die anderen Gemeindemitglieder wollen „ein Zeichen setzen, dass wir vor Ort sind.“
Polizeieinsatz in Hochfeld