Duisburg. Eine Stadtrechnung über acht Fässer Wein stellt die erste urkundliche Erwähnung der St. Sebastianus Schützenbruderschaft von 1420 dar.

Die Anfänge der Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft von 1420 liegen im Mittelalter. Ihr Gründungsdatum führen die Schützen auf die erste urkundliche Erwähnung der Bruderschaft zurück. Und die hing, wie so manches erste historische Zeugnis in Duisburg, mit Alkoholkonsum zusammen. In einer Stadtrechnung aus dem Jahr 1420 heißt es: „...den schutten, do sie die papagoye schoiten, an wine 8 fass geschenkt“. Was nichts anderes bedeutet, als dass der Rat der Stadt den Schützen zum Vogelschießen acht Fass Wein stiftete.

Ein großes Schützen- und Volksfest muss es schon damals gegeben haben. Aus den Urkunden der Salvatorkirche geht zudem hervor, dass die St.-Sebastianus-Gilde einen eigenen Altar unterhielt, der schon 1481 erwähnt wurde. Dass es Beziehungen zwischen der Gilde als Innungszusammenschluss und den gleichnamigen Schützen gegeben haben muss, gilt als sicher.

Schützen hatten viele Aufgaben

In vielen Städten bildeten sich damals kirchliche oder weltliche Schützengilden und Bruderschaften, die eine Vielzahl von öffentlichen Aufgaben wahrnahmen. Selbstverständlich waren sie dazu aufgerufen, im Ernstfall die Stadtmauern zu bemannen, ausgestattet mit Waffen, die unter anderem ein von der Stadt bezahlter Armbrustmacher herstellte. Aber auch in Friedenszeiten sicherten sie Prozessionen, sorgten bei Festen für Ordnung, kümmerten sich um Kranke und Arme und halfen bei der Brandbekämpfung.

 
 

Die Reformation unterbrach den Dienst der kirchlich geprägten St. Sebastianus Schützenbruderschaft für das Gemeinwohl. 1650 wollten die Bürger allerdings nicht länger auf diese segensreiche Institution verzichten. Die St. Sebastianus Schützenbruderschaft wurde wieder aktiv, inzwischen auch als Träger sportlichen Wettkampfs und bürgerlicher Geselligkeit. Napoleon Bonaparte machte gut 150 Jahre später diesem Engagement kurzzeitig wieder ein Ende. Dem Kaiser der Franzosen, der Klöster enteignete und Kirchen als Pferdeställe oder Magazine nutzte, waren die kirchlichen Bruderschaften ein Dorn im Auge. Und von bewaffneten Bürgern im besetzten Rheinland hielt er sowieso rein gar nichts.

Neugründung 1884

1829 lebte die „ältere Bürger-Schützengesellschaft zu Duisburg“ wieder auf, wobei dank moderner Institutionen wie Polizei, Feuerwehr und anderer aus Steuermitteln bezahlter Wahrer öffentlicher Ordnung die praktischen Aufgaben der Schützen zurücktraten. Und auch mit der Verteidigung der Stadt hatten sie nichts mehr zu tun. Allerdings übten sie regelmäßig den Waffengebrauch und veranstalteten von Zeit zu Zeit „eine heitere Geselligkeit“. 1884 wurde der „Sankt Sebastianus Schützenverein zu Duisburg“ - inzwischen gab es auch ein Vereinsregister – neu gegründet.

Innerhalb weniger Wochen hatte er 160 Mitglieder. Die Schützen-Kompanien schossen wie Pilze aus dem Boden. Zu der mit Gründung bestehenden 1. Kompanie kamen 1884 zwei weitere Kompanien, 1899 schließlich die 4. Kompanie. 1928 wurde eine Jungschützenabteilung gegründet, 1954 ein Spielmannszug. 1885 feierte der Verein sein erstes Schützen- und Volksfest auf dem damals vereinseigenen Gelände am Kalkweg. Eine Anlage mit gewaltigen Dimensionen: 1910 existierten zehn Schießscheibenstände zu je 175 Meter, sechs Stände zu je 100 Meter, zwei Stände zu je 300 Meter, je ein Wild- und ein Pistolenstand und vier Vogelstände.

Nazis beschlagnahmten Schießanlage

Nach dem ersten Weltkrieg verzeichnete die Bruderschaft viele sportliche Erfolge. Bald jedoch begannen neue Prüfungen: Die Nazis beschlagnahmten nach 1933 die Vereinsanlage für die vormilitärische Ausbildung. Der Name „Sankt Sebastianus“ musste abgelegt werden. Fortan hieß es schlicht und weltlich „Duisburger Schützenverein“. Während des 2. Weltkrieges kam das Vereinsleben fast vollständig zum Erliegen. Viele Schützenbrüder ließen an der Front ihr Leben.

Doch bereits 1945 wurde der Verein unter dem Namen „Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft von 1420 Duisburg“ neu gegründet. Auf improvisierten Luftgewehrständen mussten die Kompanien zunächst in verschiedenen Vereinslokalen trainieren. Das änderte sich, als 1957 das neue Schützenhaus in Wanheimerort bezogen werden konnte. Bei vielen Wettbewerben mischten die Sportschützen der 1420-er nun wieder ganz vorne mit. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Höchste Auszeichnung für den Verein

Am 31. Januar 1987 wurde die St. Sebastianus Schützenbruderschaft von 1420 mit einer besonderen Auszeichnung geehrt: Der nordrhein-westfälische Kultusminister Hans Schwier überreichte die Sportplakette des Bundespräsidenten; sie ist seit 1984 die höchste Auszeichnung für Turn- und Sportvereine.

Einer der Höhepunkte der Nachkriegsgeschichte dürfte mit Sicherheit die 575-Jahr-Feier der Bruderschaft gewesen sein. 1995 wurde mit einem mehrtägigen Schützen- und Volksfest in und um das MSV-Stadion gefeiert. Die mit diesem Fest verbundene große Kirmes auf dem Stadionvorplatz gehört seit einigen Jahren leider ebenso der Vergangenheit an, wie das Königsvogelschießen und die Königsparaden im Stadion.