Duisburg. Dem Posten des Künstlers Norbert Radermacher, ist sein Gegenpart, ein Pfosten, im Duisburger Kantpark abhanden gekommen. Eine Spurensuche.
Da staunte Leser Heinz Zander nicht schlecht, als er neulich zur Wiedereröffnung des Kantparks kam und den Posten von Künstler Norbert Radermacher alleinstehend entdeckte. „Die Dauerleihgabe des Förderkreises des Wilhelm Lehmbruck-Museums hat seit einiger Zeit seinen Freund, den Pfosten, verloren, den er ja bewachen sollte.“ Radermacher hatte seine Plastik namens Posten neben einem etwas unschön angerosteten Pfosten platziert. Der Posten, 1,88 Meter hoch, polierte Bronze und ein bisschen an eine Schachfigur erinnernd, solle den Pfosten schützen, damit auch er Beachtung findet. Wo ist er abgeblieben? Eine Spurensuche.
1989 platzierte Norbert Radermacher seine Arbeit im Kantpark. Anfangs fragten einige kritisch nach, was daran Kunst sein solle, einige traten sogar dagegen - doch danach standen Posten und Pfosten viele Jahre friedlich Seite an Seite. „Nun ist der Pfosten weg“, stellte Zander verdutzt fest.
Verlust ist aufgefallen
Im Lehmbruck-Museum, in dessen Sammlung die Skulptur gehört, heißt es, dass der Verlust bereits aufgefallen sei und man bei der Stadt und den Wirtschaftsbetrieben nachhorchen solle, schließlich sei jüngst der Kantpark saniert worden. Die zuständigen Wirtschaftsbetriebe können indes ein Foto aus dem Jahr 2017 vorweisen, auf dem der Pfosten schon damals fehlte. Die Umbauarbeiten begannen erst 2018.
Erneute Nachfrage beim Lehmbruck-Museum. Sprecher Andreas Benedict verweist darauf, dass nur der bronzene „Posten“ als Kunstwerk geführt werde. „Über den Standort wird man sich sicherlich Gedanken machen müssen, da die Arbeit ihren Reiz vor allem aus der vorgefundenen Situation – der Nachbarschaft zum Pfosten – gezogen hat. Aber da der Park grundlegend umgestaltet wurde, wäre es paradox gewesen, diese Situation an dieser Stelle zu konservieren.“
Es komme übrigens häufiger vor, dass Kunstwerke ihren „ursprünglichen Bezugsrahmen“ verlieren, etwa bei Kunst am Bau, wenn das Gebäude abgerissen oder umgestaltet werde. Streng genommen gelte das auch für Kunstwerke, die ihrem Kontext entrissen und im Museum ausgestellt werden. „Der Begriff Vandalismus wäre dafür aber sicher nicht treffend.“ Sollte man etwas verändern, würde Rücksprache mit dem Künstler gehalten.
Ein Anruf bei Norbert Radermacher. Der Künstler lebt und arbeitet in Berlin. „An den Posten kann ich mich noch gut erinnern. Die Arbeit funktioniert allerdings nur im Tandem. So gesehen ist sie zerstört.“
Eine philosophische Frage
Vor allem interessiere ihn die Kunst im Spannungsfeld des öffentlichen Raums. „Es ist ja fast schon eine philosophische Frage: Was ist eigentlich Kunst und wie reagieren die Menschen darauf?“ Er sei es gewohnt, dass sich die Betrachter an seinen Werken abarbeiteten.
Ob man dem schönen Posten nun einfach einen neuen Pfosten an die Seite stellen könnte? „Ist das dann nicht Fake-Kunst, wenn man einen neuen alten Pfosten daneben stellt?“, gibt Radermacher die Frage zurück. Bisher ist noch keine Entscheidung gefallen. Der Posten bleibt erst einmal allein.