Duisburg-Baerl. Sieben Mal gab es Wilhelm I. einst als Denkmal in Duisburg. Nur in Baerl hat der Kaiser überlebt. Auch wenn er zwischenzeitlich kopflos war.

Zufälle gibt’s: Als die Baerler Dienstagmorgen um 11 Uhr ihr frisch herausgeputztes Denkmal auf dem Dudel einweihten, tat sich plötzlich eine Wolkenlücke auf und tauchte den steinernen Wilhelm I. in grelles Sonnenlicht. Brigitte Buchmann, Archivarin des Baerler Heimatvereins, hatte gerade erst mit ihrer Rede begonnen, blinzelte gen Himmel und freute sich, dass sie so noch den hübschen Wort-Schlenker zum Kaiserwetter einbauen konnte.

Das hat sich der Baerler Wilhelm aber auch redlich verdient, denn der Kerl ist besonders zäh. Es ist das einzige von einst sieben Kaiserdenkmälern in Duisburg, das dem Zahn der Zeit getrotzt hat. Seit 126 Jahren schaut die überlebensgroße Steinfigur von ihrem Sockel auf Baerl.

Großes Tamtam vor 126 Jahren

Brigitte Buchmann, die Archivarin des Heimatvereins, ist in die Geschichte des Kaiserdenkmals eingetaucht.
Brigitte Buchmann, die Archivarin des Heimatvereins, ist in die Geschichte des Kaiserdenkmals eingetaucht. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

„So manchen Sturm und Wandel der politischen Verhältnisse hat unser Wilhelm erlebt“, sagte Brigitte Buchmann, die tief in die Geschichte des historischen Zeitzeichens eingetaucht ist. Im Grafschafter Jahrbuch hat sie einen Artikel aus dem Jahr 1893 gefunden, der die Enthüllung des Kriegerdenkmals im ausklingenden 19. Jahrhundert beschreibt. Damals war „ganz Baerl“ auf den Beinen, als das Werk des Krefelder Bildhauers Platen mit großem Tamtam enthüllt wurde. Es gab einen Festzug zum Denkmalplatz, Fahnen wurden geschwenkt, Musikkapellen spielten und Schulkinder sangen das Lied „Treue Liebe bis zum Grabe.“

Sehnt man sich in Baerl zurück in die Zeiten des konservativen Herrschers? Mit einem Lachen und heftigem Kopfschütteln beantwortet Brigitte Buchmann diese Frage. „Nein, das Denkmal ist für uns einfach ein liebenswertes Stück Tradition. Ohne Wilhelm würde hier etwas fehlen.“

Schließlich steht der Mann aus Stein nicht nur für die Person des Kaisers. Er ist auch Kriegerdenkmal und trägt im Sockel die Namen der Baerler Soldaten, die in den Kriegen von 1866 und 1870 gefallen sind. In Stein gemeißelt ist hier die Erinnerung an Angehörige der Familien Ketels, Gestmann, Steinhoff, Stermann und Krützberg

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Schönheitskur für den Kaiser

Dass man ihre Namen wieder lesen kann, dafür hat sich der Baerler Heimat- und Bürgerverein stark gemacht. Der zuletzt im Jahr 1995 für 20 000 Mark restaurierte Kaiser hatte nach einem weiteren Vierteljahrhundert die nächste Schönheitskur dringend nötig. „Die Oberfläche war sehr verwittert, Konturen nicht mehr gut erkennbar“, beschreibt Brigitte Buchmann seinen Zustand.

Unter Denkmalschutz steht der Baerler Wilhelm dennoch nicht. Der betagte Kaiser ist sozusagen Untertan des städtischen Grünflächenamtes. Der Baerler Heimatverein lobt die gute Zusammenarbeit mit dem Amt und den Wirtschaftsbetrieben, die es möglich machten, Fördermittel für die Restaurierung zu bekommen. So konnte sich im vergangenen Jahr der Meidericher Steinmetz Berns an die Arbeit machen und das Denkmal wieder herausputzen.

Als der Kaiser den Kopf verlor

Nachdem der gute Mann einen ganze Weile wie ein Werk von Christo verhüllt war, kann er jetzt auf der Wiese im Dreieck Hof-, Paschmann- und Steinschenstraße wieder angeschaut werden. Vor 50 Jahren wurde er an diesen beschaulichen Ort umgesiedelt, weil er den Autoverkehr am ursprünglichen Denkmalplatz in der Nähe der Kirche gestört hatte.

Und noch eine Geschichtsanekdote kann Brigitte Buchmann berichten, verhüllt war der Kaiser nämlich schon einmal. Belgische Besatzer hatten ihm 1919 den Kopf abgeschlagen. Die Baerler schützen ihre Statue damals mit einer Holzverkleidung bis zum Abzug der Belgier. Als diese weg waren, bekam Wilhelm sein kaiserliches Haupt wieder und hat bis heute sein Gesicht gewahrt.