Duis b urg. Der Sicherheitsexperte des Mercator Institute for China Studies, Jan Weidenfeld, warnt Duisburg vor Blauäugigkeit im Umgang mit China.

„Das chinesische IT-Unternehmen Huawei ist ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko für Duisburg und für seine Bürger. Warum will die Stadt dieses Risiko eingehen?“ fragt der China-Experte Jan Weidenfeld im Gespräch mit der Redaktion. Sie hat das Gespräch mit dem Sicherheitsexperten des Mercator Institute for China Studies gesucht, um von ihm zu erfahren, wie die größte Denkfabrik Europas mit ausschließlichem Blick auf China den geplanten Umbau der Mercator-Stadt zur „Smart City“ mit Hilfe des chinesischen IT-Riesen einschätzt.

Weidenfeld: „Ich würde hier als Kommune äußerste Vorsicht walten lassen.“ In China herrsche ein fundamental anderes Gesellschaftssystem, dessen Rechtsrahmen so gestrickt sei, dass jedes chinesische Unternehmen, auch Huawei, jederzeit Datenströme an die kommunistische Partei offenlegen müsse. Somit natürlich auch private Daten aus der „Smart City Duisburg“.

Seit Sommer 2018 „Rhine Cloud“ mit Huawei-Technik

Bekanntlich hatte Oberbürgermeister Sören Link im vergangenen Jahr eine strategische Zusammenarbeit mit dem chinesischen Unternehmen vereinbart. In einer gemeinsamen Erklärung hatten damals beide Seiten die Zusammenarbeit im Bereich von „Smart City“ bekräftigt: Der Kooperationsumfang umfasse Smart Government (Verwaltung), Smart Port Logistics (Hafen-Logistik), Smart Education (Bildung, Schule), Smart Infrastructure (Intelligente Infrastruktur), 5G und Breitband, Smart Home (das intelligente Haus) sowie das städtische „Internet der Dinge“.

Die Kooperation zwischen Huawei und Duisburg, so die gemeinsame Erklärung, biete integrierte, innovative, offene und zuverlässige Plattformtechnologien, die für den Aufbau von Smart Cities erforderlich seien. Seit Sommer 2018 setzt Duisburg mit ihrer „Rhine Cloud“ auf Cloud-Technik von Huawei, die die Daten der Smart City hosten soll. Damit wird Technologie des chinesischen IT-Konzerns in einem sensiblen Bereich der Stadt Duisburg eingesetzt.

Stadt weist Einwände auf Sicherheitsbedenken zurück

Die Stadt Duisburg weist solche und ähnliche Einwände auf Sicherheitsbedenken zurück. Der Stadt lägen keinerlei „belastbare Hinweise vor“, so erklärt Anja Kopka, Sprecherin der Stadt, auf Anfrage der Redaktion, um die Zusammenarbeit mit Huawei derzeit in Frage zu stellen.

Im Übrigen entspreche das Rechenzentrum allen in Deutschland notwendigen Sicherheitsvorgaben. Es sei entsprechend zertifiziert. „Als Kommunalverwaltung haben wir zudem nicht die Möglichkeit, solche Vorwürfe belastbar zu überprüfen und zu bewerten“, sagt die Sprecherin. Sollten staatliche Behörden, in deren Kompetenz die Überprüfung und Bewertung solcher Sachverhalte fällt, klare Handlungsanweisungen zum Umgang mit chinesischen Partnern der IT-Branche vorlegen, werde sich die Stadt Duisburg darauf einstellen.

Workshops von sieben priorisierten Handlungsfeldern

Zwischen Huawei und der Stadt Duisburg, so die Sprecherin, sei eine Absichtserklärung mit einem unverbindlichen Kooperationsrahmen unterzeichnet worden. Seitdem hätten Vertreter von Huawei an den Workshops von sieben priorisierten Handlungsfeldern teilgenommen. Zudem stelle Huawei Kontakt zu Modellstädten für Smart City im asiatischen Raum her, mit denen ein Austausch zu den Erfahrungen in der Stadtentwicklung und bei Digitalisierungsprojekten möglich war.

Jan Weidenfeld vom Mercator Institute for China Studies: Seine Kernexpertisen sind die europäisch-chinesischen Beziehungen, Chinas globale Sicherheitspolitik und Infrastruktur-Außenpolitik.
Jan Weidenfeld vom Mercator Institute for China Studies: Seine Kernexpertisen sind die europäisch-chinesischen Beziehungen, Chinas globale Sicherheitspolitik und Infrastruktur-Außenpolitik. © Foto: Marco Urban

Weidenfeld weist darauf hin, dass China vor fünf Jahren, als man vielleicht in Duisburg begann, darüber nachzudenken, noch ein ganz anderes Land als heute gewesen sei. Mittlerweile sei man im Bund und in den Ländern mit China zu einer Neueinschätzung gekommen. Diese distanziertere Neueinschätzung müsse man auch in Duisburg zur Kenntnis nehmen.

Smart City von Huawei ist ein großes Gesellschafts-Überwachungssystem

Das Smart-City-Konzept von Huawei sehe im Übrigen deutlich mehr vor, als in Duisburg umgesetzt werden solle. Stichwort Gesichtserkennung, soziales Kreditsystem. Weidenfeld: „Smart City von Huawei ist ein großes Gesellschafts-Überwachungssystem, von dem sich Duisburg die rechtlich passenden Einzelteile einkauft - diesen Gesamtzusammenhang sollte man bei der Risikobeurteilung aber trotzdem nicht aus dem Auge verlieren.“

Technisch, so der China-Experte des Mercator Institutes, sei Huawei sehr gut. Wenn gute Technik gepaart mit staatlicher Subvention für finanzschwache Kommunen wie Duisburg oder Gelsenkirchen in Reichweite kämen, werde es in der Tat schwierig. Weidenfeld: „Aber wie immer beim Preiswert-Produkt gilt: Das Risiko, das damit einher geht, muss mit eingepreist werden!“ Sein Appell an die Politik und Stadtverwaltung: „Smart City“ mit größter Transparenz und Offenheit gegenüber den Bürgern angehen.