In der Kirche St. Joseph erinnert jetzt eine Kapelle an den katholischen Widerstandskämpfer Gottfried Könzgen
Zu den eigenen Überzeugungen stehen, sich nicht beugen: Das erforderte in der Nazi-Zeit ungeheuren Mut, weil es den Tod bedeuten konnte. Einer der Mutigen war Gottfried Könzgen, in den Augen der Gestapo „unverbesserlicher Katholik und Zentrumsmann”. An ihn erinnert jetzt eine Kapelle in der Kirche St. Joseph am Dellplatz; es war seine Pfarrkirche.
„Es gibt die Plakette an der Schule und den Straßennamen”, so Stadtdechant Pfarrer Bernhard Lücking. „Aber hier suchte ich vergebens einen Hinweis auf Könzgen.” Mit der Kapelle, die als Abstellkammer gedient hatte, wurde schnell ein Ort ausgemacht, mit Irmi Sellhorst eine Künstlerin, die sich seit 20 Jahren mit Werken gegen das Vergessen beschäftigt. Finanziert wurde die Ausgestaltung mit Mitteln der Gottfried-Könzgen-Stiftung der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), aus Spenden und mit Hilfe der Kirchengemeinden.
Zweimal hat Irmi Sellhorst das frühere Konzentrationslager Mauthausen bei Linz besucht, dessen Häftlinge gezwungen wurden, Granit zu brechen. Hier kam Könzgen wahrscheinlich am 15. März 1945 ums Leben – ob aus Entkräftung oder durch eine Todesspritze, ist nicht bekannt. „Die Kapelle sollte an Mauthausen erinnern”, schildert die 43-Jährige ihren Ausgangspunkt. Zum zentralen Symbol wurde die „Todesstiege”, die Treppe zu den Steinbrüchen. Sie findet sich in der Kapelle wieder als Treppenskulptur aus Plexiglas. Auch das Grau von Wänden und Boden bezieht sich auf Farben von Hinrichtungsräumen und Gaskammern. Vorbei an einem zerbrochenen Corpus – Abguss eines zerstörten Wegekreuzes – fällt der Blick auf ein Familienfoto mit Gottfried und Elisabeth Könzgen sowie ihren Kindern Edmund und Christa. Und auf einen Schriftzug. „Dann werden wir schon klar erkennen, dass gerade in der dunkelsten Nacht des Leidens uns am besten und schönsten die Sonne der göttlichen Liebe bestrahlt”, schrieb Könzgen 1944 aus der Haft an seinen Sohn. Diese Kapelle ist nicht düster, sondern spricht von der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod.
Könzgen, der 1886 in Mönchengladbach geboren wurde und nach einer Weber-Lehre Abitur machte und an der Uni Bonn Jura und Wirtschaftswissenschaften als Gasthörer studierte, wurde 1919 Arbeitersekretär der KAB in Duisburg und Leiter des katholischen Volksbüros. Für die Zentrumspartei war er von 1925 bis 1930 im Provinziallandtag (wie Konrad Adenauer) und vier Jahre lang Mitglied der Duisburger Stadtverordnetenversammlung. 1935 wurde er erstmals verhaftet und erhielt 1938 Redeverbot. Während der Verhaftungswelle nach dem Attentat auf Hitler im Juli 1944 wurde Könzgen, der fest bei seiner Ablehnung des Regimes blieb, zunächst im September 1944 in das KZ Sachsenhausen deportiert und im Februar 1945 nach Mauthausen verlegt. Könzgen war der einzige Duisburger Ratsherr, der im KZ ums Leben kam.
Die Kapelle wird fast genau 65 Jahre nach seiner Deportation am Sonntag, 20. September, um 16 Uhr mit einem Gedenkgottesdienst eingeweiht, zu dem auch der frühere Weihbischof Franz Grave kommt. Und vielleicht Könzgens Schwiegertochter, die noch im Dellviertel lebt.