Duisburg. . Seit 45 Jahren sind die Grünen Damen auch in Duisburger Krankenhäusern im Einsatz. Seitdem hat sich viel verändert, ihre Arbeit ist geblieben.
Kaffee von einem ehemaligen Geschäftsführer serviert bekommen? Bei den Grünen Damen im Evangelischen Krankenhaus Bethesda Duisburg könnte das Patienten durchaus passieren. „Wer bei uns im Ehrenamt anfängt, kommt zuerst in den Kaffeeausschank auf den Stationen“, erklärt Einsatzleiterin Karin Baumeister, ganz unabhängig davon, was der Anwärter in seinem Berufsleben geleistet hat. „Denn im Ehrenamt gelten andere Kriterien für die Eignung.“ Einfühlsam sein, zuhören können, Verständnis zeigen – mit Bedacht schauen die Damen im Team auf den Ehrenamts-Anwärter, „ob’s passt“.
Das könnte wohl einer der Gründe sein, warum das ehrenamtliche Engagement im Oktober sein 45-jähriges Jubiläum feiert. Karin Baumeiser ist seit 13 Jahren eine „Grüne Dame“. „Ich weiß noch genau, als ich hier anfing“, erinnert sie sich. Das Ehrenamt war für sie wie ein kleiner Befreiungsschlag aus dem für sie nicht erfüllenden Hausfrauen-Daseins. „Ich habe gerne die Verantwortung angenommen“, sagt sie. Genauso wie alle anderen schenkte sie Kaffee aus und machte sich über diese augenscheinlich leichte Tätigkeit vertraut mit den durchaus komplexen Anforderungen. Neben dem Kaffee verteilen, haben die rund 60 Ehrenamtlichen weitere Aufgaben angenommen.
„Wie halten alle zusammen“
So gibt es Besuchsdamen für Gespräche, Besorgungen und als verständnisvolle Zuhörer für Sorgen, Erinnerungen und Seelenheil. Viermal in der Woche, ist die Rezeption mit Grünen Damen und Herren besetzt, um die Patienten durch das Haus zu lotsen, bei der Anmeldung behilflich zu sein, Taschen zu tragen oder das Patiententelefon auf den Zimmern anzumelden. Der ganze Stolz der Freiwilligen ist eine „recht umfangreiche Bibliothek. Denn es gibt trotz des digitalen Zeitalters mit Film- und Fernsehzugang genügend Menschen, die ihren Aufenthalt im Krankenhaus gerne für ein gemütliches Buch nutzen“, freut sich Karin Baumeister. Und so gehen neun „Grüne“ für die Bücherei abwechselnd über alle Stationen und bieten Literatur an. 2001 wurde eigens für Brustkrebs erkrankte Frauen ein Café eröffnet – mit der Vita-Gruppe.
Über die Krankenhaus-Mauern hinaus ist der Einsatz des etablierten Beistandes bekannt. „Freunde schätzen unseren Einsatz wert und erst kürzlich durften sie durch eine finanzielle Förderung, auch durchs Bethesda-Krankenhaus, zu einer Fortbildung fahren.“ Doch auch im Team gibt es ein Sparschwein. Zweimal im Jahr wird jeweils zu Ostern und zu Weihnachten ein Basar organisiert. Die Erlöse fließen in den jährlichen Ausflug. „Wir halten alle zusammen und haben eine gute Gemeinschaft.“ Das übertrage sich auch auf den täglichen Umgang mit Patienten und ihren Bedürfnissen.
„Man wird dem Leben gegenüber demütig“
Karin Baumeister erinnert sich an eine 48-jährige Krebskranke. „Im Gespräch haben wir uns in die Arme genommen und gemeinsam geweint“, noch heute spürt sie die Vergänglichkeit, die in dem Gespräch mit der totkranken Frau aufkam. „Wir alle haben hier viel erlebt und schon viele sterben sehen. Da wird man dem Leben gegenüber demütig“, erkennt sie. Der Verlust geht Karin Baumeister nah. Aufgefangen werden die „Grünen Damen“ in Gesprächsrunden, an denen auch der Krankenhausseelsorger teilnimmt. „Eine stabile Einrichtung, die für alle wichtig ist.“
Vor den Veränderungen kann sich bei aller Menschlichkeit im Ehrenamt leider keiner der Freiwilligen wehren: „So etabliert die Grünen Damen auch in den Krankenhäusern sind. Die Wertschätzung des Einsatzes lässt nach. Wenn auch noch nicht merklich“, erklärt Karin Baumeister. „Dabei werden die Ehrenamtlichen im Zeitalter der Einsparungen mehr denn je benötigt.“
Schriftlicher Aufwand drängt ins Ehrenamt
Denn der Personalmangel ließe im Berufsalltag auf den Stationen kaum bis keine Zeit, um sich den Sorgen und Nöten von Patienten zu widmen. Und auch der Kontakt zu den Patienten wird kurzlebiger. „Längst sind die Liegezeiten auf den Stationen nicht mehr so lang. Eine erfreuliche Entwicklung. Sicherlich. Aber da fällt es schwer, sich alle Namen einzuprägen. Vor allem dann, wenn drei Tage später schon wieder ein neuer Patient da ist“, merkt die Einsatzleiterin.
Und auch der schriftliche Aufwand drängt ins Ehrenamt. So hängen im Aufenthaltsraum diverse Tabellen, die die aufgewendeten Ressourcen wie Zeit, Personal und Aufwand dokumentieren.
Die älteste Grüne Dame ist 89 Jahre alt
Und dennoch: „Es ist kein Einsatz, der ins Leere führt.“ Viele hingen am ehrenamtlichen Einsatz für die Patienten. So hat sich erst kürzlich eine Frau nach langen 43 Jahren vom Ehrenamt verabschiedet. Und die älteste „Grüne Dame“ ist mit 89 Jahren „immer noch als Besuchsdame im Einsatz“, erzählt Karin Baumeister. In diesem Jahr gab es zudem zwei Ehrenamts-Auszeichnungen: Helga Bletgen und Lieselotte Schmitz bekamen das goldene Kronenkreuz.
Doch die wahren Geschenke des Ehrenamtes an alle sind erlangte Demut, echte Dankbarkeit und aufrichtige Herzlichkeit: „Emotionale Synergien, die wir nicht nur bei unserer Arbeit brauchen, sondern oft auch im Privatleben Hürden auflösen“; so jedenfalls empfindet es die 73-Jährige nach all‘ der Zeit und nimmt die Attribute dankbar an.