Duisburg. . „Ordnung muss sein!“ heißt das Programm des Mülheimers – zweimal füllte er die Duisburger Mercatorhalle mit Humor und Musik.
„Über Musik schreiben ist wie über Architektur zu tanzen“ lautet ein berühmtes Sprichwort, gleiches gilt übrigens auch für die Bühnenshows von Helge Schneider. Was auf der Bühne der Mercatorhalle passiert am Samstag und Sonntag, ist eigentlich nicht in Worte zu fassen. Zwischen hervorragender Musik mit einer hervorragenden Band, Ausflügen in die alte Hörspielzeit. frei improvisierten Quatsch-Geschichten und purer Anarchie entwickelte sich ein Abend bar jeder Kategorien oder eines Genres.
Wurstkauf in der Textilreinigung
Für das aufgedrehte Publikum im ausverkauften Saal reichte alleine der erste Blick auf den Mülheimer, um in Begeisterungsstürme auszubrechen. Ein kleiner Ausdruckstanz hier, ein bisschen spanische Gitarre dort, kurz auf die Orgel gedrückt - schon die ersten Minuten der Show waren genau das kontrollierte Chaos, dass sich die Fans wünschen. Einer Geschichte über den Wurstkauf in der Textilreinigung folgte eine Demonstration des Synthesizers, komplett mit ausladenden Tanzschritten und wilder Mimik.
Dass Helge Schneider ein hervorragender Jazzmusiker ist, sollte mittlerweile selbst Nicht-Fans bekannt sein. Sein musikalisches Können abseits des humoristischen Genius stellte der Künstler immer wieder mit Soli in seinen eigenen Liedern unter Beweis, mit einem grandiosen Saxophonsolo über „My one and only love“ oder mit geschmackvoller Begleitung der Soli seines Begleittrios.
Ideale Begleitmusiker
Das bestand am Wochenende aus dem Gitarristen Henrik Freischlader, dem Bassisten Ira Coleman und dem Schlagzeuger Thomas Alkier, allesamt großartige Solisten und ideale Begleitmusiker für Schneider. Spontane Pausen, plötzliche Änderungen auf Handzeichen - die Band reagierte einwandfrei und deckte Helge Schneider den Rücken, damit der sich in seinen wilden Monologen voll ausleben konnte.
Timing als größter Trumpf
Eine der größten musikalischen Stärken Schneiders ist gleichzeitig auch sein größter Trumpf im Humorgeschäft - Timing. Egal wie profan die Geschichte, egal wie vorhersehbar die nächste Wendung des Liedes auch sein mag, die Art und Weise auf die jedes einzelne, an sich völlig unlustige Wort vorgetragen und von wilder Gestik und Mimik begleitet wird ist nicht nur einzigartig,sondern auch verflucht lustig.
Das Naturtalent für Humor zeigte sich zum Beispiel auch in den Geschichten über die „Dinosaurier, als sie noch Duisburg regierten“, über Kometen, die die Mercatorhalle und alle Gäste zu Asche verwandeln während Schneiders Haare mit einem lauten Geräusch zu Boden fallen oder in der simplen Anweisung an Henrik Freischlader: „Mach mal Gitarrensolo, aber jetzt noch nicht.“
Ausdruckstanz von Publikumsliebling Sergej Gleitmann
Nach Liedern über den nackten Diskobesuch und neue Schneidezähne aus Kaugummi präsentierte der 63-Jährige Künstler noch zwei Gäste, zum einen den langjährigen Holzbläser-Weggefährten Carlos Boes, der im Kaftan auf die Bühne kam und Schalmei spielte - warum auch nicht. Natürlich war auch Publikumsliebling Sergej Gleitmann dabei, mit seinem gewohnt wilden Ausdruckstanz zum Klassiker „Meisenmann“.
Die Fans bekamen in der Mercatorhalle genau das, was sie von Helge Schneider erwarteten. Dass niemand so richtig sagen kann, was das genau ist, ist nicht schlimm - lustig ist es trotzdem, oder gerade deswegen.
>>> Ältere Herrschaften als Inspiration
Helge Schneider wurde in Mülheim an der Ruhr geboren und lebt auch heute wieder dort. 1972 begann er ein Begabten-Klavierstudium am Duisburger Konservatorium - und brach es wieder ab.
Als Inspiration für seine skurrilen Charaktere gelten die älteren Herrschaften, die er bei Eduscho beobachtete.