Duisburg. Die Zahlen bei den Katholiken und Protestanten sind rückläufig. Welchen Anteil die Austritte und demografische Entwicklung daran haben.

In NRW treten immer mehr Menschen aus den Kirchen aus. Das Justizministerium bestätigte zuletzt Medienberichte, dass 2018 insgesamt 88 510 Menschen der katholischen und der evangelischen Kirche den Rücken kehrten – ein Anstieg um fast 22 Prozent gegenüber 2017. In Duisburg leiden beide Kirchen zwar unter einem stetigen Mitgliederschwund. Die Austritte spielen dabei – so die übereinstimmende Meinung – aber nicht die größte Rolle, sondern der deutliche Überhang an Sterbefällen gegenüber Taufen.

Ein Beispiel: Der evangelische Kirchenkreis Duisburg, zum dem die linksrheinischen und die Gemeinden in Walsum gar nicht mal dazugehören, hatte 2009 noch 79.745 Mitglieder. Mitte 2018 waren es nur noch 67.140 – ein Minus von rund 16 Prozent. Zahlen für das vergangene Jahr liegen bei der Katholischen Kirche noch nicht vor. Der Aderlass von 2009 bis 2017 ist aber auch dort groß. Das Stadtdekanat Duisburg – ebenfalls ohne den Westen und Walsum – hat in diesem Zeitraum einen Rückgang von 106.466 auf 93.474 Mitglieder zu verzeichnen – ein Minus von über 12 Prozent.

Was die Austritte für das gesamte Stadtgebiet betrifft, schwanken die Zahlen bei der evangelischen Kirche in den vergangenen drei Jahren (2018: 753, 2017: 788, 2016: 712) und bei der katholischen Kirche für 2017(745) und 2016 (739) nicht sonderlich. Einen Ausreißer gab es allerdings 2014, als 1387 Katholiken ihrer Kirche nach dem Bauskandal um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst und dem Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle den Rücken kehrten. Ein bisschen kurios: Auch die evangelische Kirche blieb davon nicht unbelastet und verzeichnete in diesem Jahr ebenfalls vermehrt Austritte.

Wissenschaftliche Studie

Das Bistum Essen hat sich in den vergangenen Jahren intensiv im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung mit der Frage beschäftigt, warum Menschen die Kirche verlassen – zu finden auf kirchenstudie.bistum-essen.de. Demnach gibt es einen Zusammenhang zwischen Kirchensteuer und Kirchenaustritt. Wesentliche Gründe für seien außerdem „Entfremdung“ und „fehlende Bindung“. Auch die Qualität der Seelsorge sei entscheidend.Viele Gläubige leitet dabei ein „Kosten-Nutzen-Kalkül“, heißt es in der Studie: Wenn etwa positive Erfahrungen bei der Erstkommunion der Kinder durch schwerwiegende Enttäuschungen getrübt werden, kippe die „Waage“ auf die negative Seite und ein Austritt sei oft die Folge.

Entscheidend sei zudem das „Erscheinungsbild der Kirche“, das mit einer „nicht mehr zeitgemäßen Haltung“ verbunden ist. Dass viele die katholische Lehre als veraltet ansehen,ist auch ein Ergebnis einer im März vorgelegten Zufriedenheitsstudie des Bistums Münster. Missbrauchsfälle und Finanzskandale veranlassten Gläubige außerdem, aus der Kirche auszutreten.

Auf evangelischer Seite können Ausgetretene etwa online auf www.kirche-duisburg.de anonym ihre Motive nennen, warum sie die Kirche verlassen haben. Laut eines Sprechers des Evangelischen Kirchenkreises werden hauptsächlich finanzielle Gründe angegeben.

>> WIE SICH DIE KIRCHEN ÖFFNEN

Dass die katholische Kirche massiv an ihrem Image von Rückschrittlichkeit arbeiten muss, ist eine zentrale Forderung der Studie des Bistums Essen zu Kirchenaustritten. Zuletzt hatte Bischof Franz-Josef Overbeck beispielsweise für eine neue Haltung gegenüber Homosexuellen geworben.

Laut eines Sprechers des Evangelischen Kirchenkreises Duisburg gibt es neben der Eintrittsstelle an der Salvatorkirche bereits seit einigen Jahren eine neue, zusätzliche Mitgliederansprache. Dazu gehört zum Beispiel ein großes Tauffest, das in diesem Jahr am 29. Juni am See im Freibad Großenbaum gefeiert wird. Aktuell werden dazu 3000 evangelische Eltern angeschrieben.