Duisburg. Noch immer fehlen landesweit tausende Lehrer. In Duisburg sind es aktuell 201. Die Lehrergewerkschaft fordert deshalb drastische Konsequenzen.

In der Bezirksregierung Düsseldorf laufen die Vorbereitungen für das nächste Stellenbesetzungsverfahren für Lehrer auf Hochtouren. Das jedenfalls versichert Sprecherin Jessica Eisenmann. Vierteljährlich werden neue Lehrer in NRW eingestellt. Das nächste mal in wenigen Wochen im Februar. Für die Schulen in Duisburg ein immens wichtiger Termin.

Denn nach Angaben der Bezirksregierung sind an den 170 Schulen in der Stadt 201 Lehrerstellen weiterhin unbesetzt. Und das, obwohl die Bezirksregierung bei der letzten Stellenbesetzungsrunde im November sogar 305 Neueinstellungen in Duisburg verbuchen konnte.

Nicht genug qualifizierte Bewerber

„Die Ausschreibungsverfahren zu den 201 Stellen sind mangels Bewerber leergelaufen. Leider gelingt die Besetzung von ausgeschriebenen Lehrerstellen – wie landesweit beobachtbar – aufgrund der Anzahl möglicher Bewerber derzeit nicht vollständig“, bringt Jessica Eisenmann die Misere auf den Punkt. „Dies trifft jedoch nicht nur auf den Schulamtsbezirk Duisburg zu und ist nicht auf fehlende Haushaltsmittel bzw. zu geringe Stellenzuweisungen zurückzuführen, sondern auf einen Mangel geeigneter Bewerber“, stellt Eisenmann außerdem klar.

Tatsächlich unterscheidet sich die Situation in den umliegenden Städten kaum von der in Duisburg. An Grundschulen ist der Lehrermangel überall besonders eklatant. Mit Ausnahme von Düsseldorf blieben zuletzt in Essen, Mülheim, Oberhausen, in den meisten Orten am Niederrhein und eben in Duisburg mehr als die Hälfte der ausgeschriebenen Grundschullehrerstellen unbesetzt. 112 Stellen sind es an den 75 Grundschulen zwischen Mündelheim und Walsum aktuell.

Grenze der Belastbarkeit erreicht

Für die Lehrergewerkschaft GEW Duisburg eine nicht hinnehmbare Situation. Die Grenze der Belastbarkeit sei für viele Lehrer längst erreicht. Die Politik müsse dringend Abhilfe schaffen, notfalls durch zentrale Zuweisungen. „Ähnlich wie bei der Polizei sollten Lehrkräfte zunächst dorthin versetzt werden, wo der Bedarf am größten ist“, fordert Rüdiger Wüllner, Ansprechpartner für Grundschulen bei der GEW Duisburg.

„Die Belastungsspirale dreht sich kontinuierlich nach unten. Seit drei Jahren ist die Situation in den Duisburger Grundschulen äußerst schwierig. Erfreulicherweise finden wir bei den Medien immer wieder Gehör für unser Anliegen, doch bei den Verantwortlichen in der Politik stoßen wir auf taube Ohren“, beklagt Wüllner. Der Gewerkschafter rechnet vor, dass alleine an den Duisburger Grundschulen Personal für 2800 Lehrstunden fehle. Aufgefangen werde das nur, weil die bestehenden Klassen vergrößert worden wären, durch Mehrarbeit der Lehrer, weil Sonderurlaube – wie das Sabbatjahr – ebenso kaum noch genehmigt werden würden wie die Reduzierung der Arbeitszeit in Teilzeit. Auch Versetzungen von Duisburg in andere Städte würden kaum gebilligt, so Wüllner. „Wir müssen dringend mehr Lehrer ausbilden. Die Situation ist ernst“, mahnt der GEW-Funktionär.

Die Lage der Schulen schockiert die Linke

Schockiert ist die Linke im Stadtrat über die neuesten Zahlen zur Lage an den Duisburger Schulen. Die Verwaltung hatte dazu einen Fragenkatalog der Fraktion beantwortet.

Hierzu erklärt Barbara Laakmann, die schulpolitische Sprecherin: „Gleichermaßen schockierend sind die Zahlen zur Stellenbesetzung, zur Raumnot, das Maßnahmenpapier der Landesregierung und die Ungleichverteilung der Problemstellungen im Stadtgebiet.“

Laut Verwaltung können 160 Kinder der Jahrgänge 5-7 nicht beschult werden. Davon allein 72 aus dem Bezirk Hamborn. Im Bezirk Süd ist kein einziges Kind betroffen. Ähnlich ungleich verteilt ist die Anzahl der 152 Kinder, die in einen anderen Stadtteil pendeln müssen. In Hamborn betrifft es 68 Kinder, im Süden kein einziges Kind. Auch bei dem aktuellen Raummangel zeigt sich deutlich, dass insbesondere Hamborn und Hochfeld betroffen sind, während im Duisburger Süden kein signifikanter Mangel erfasst wurde.

Laakmann: „Die schlimmste Information ist, dass 160 Kinder zwischen 10 und 14 Jahren nach wie vor nicht zur Schule gehen können. Null Unterricht, null gemeinsame Zeit mit Gleichaltrigen, null Hilfe zum Erschließen dieser Welt in Duisburg.“ Die Linke fordert deshalb, auch angesichts weiter steigender Schülerzahlen schnellstens die Planung neuer Schulen zu beschließen.

In ihrem Maßnahmenpaket versuche die NRW-Landesregierung, alle möglichen Maßnahmen zur Lehrerversorgung zu bündeln. Aber dies geschehe mit der Gießkanne über das ganze Bundesland, kritisiert die Linke. „Schulen in Duisburg finden eben nicht so leicht Lehrkräfte für freie Stellen. Das Verfahren der schulscharfen Ausschreibung führt zu einer ungleichen Verteilung des Mangels in NRW, denn Duisburg geht häufig leer aus.“ Das Verfahren, so fordert die Fraktion, müsse geändert bzw. aufgehoben werden, oder es müssten Anreize zur Bewerbung geschaffen werden.

>> ZU WENIG LEHRER

  • Derzeit gibt es nach Angaben der Bezirksregierung in Duisburg 67.994 Schüler. Schlechter als an den Grundschulen ist die Einstellungsquote nur an den Förderschulen. Hier konnten zuletzt nur 30 Prozent der ausgeschriebenen Stellen besetzt werden – 40 Lehrer fehlen. Darüber hinaus fehlen vier Lehrer an Realschulen, 15 an Sekundarschulen, 21 an Gesamtschulen, fünf an Gymnasien und vier an den Berufskollegs.