Duisburg. Finanzdezernentin Dörte Diemert verlässt Duisburg und kümmert sich künftig um die Stadtfinanzen in Köln. Sie geht mit einem weinenden Auge.
Drei Jahre war Dörte Diemert (44) Kämmerin in Duisburg. Ende 2018 wurde sie zur Finanzdezernentin in Köln gewählt, wo die gebürtige Düsseldorferin mit ihrem Mann lebt. Der Übergang ist nahtlos: Der 23. Januar ist ihr letzter Arbeitstag in Duisburg, der 24. ihr erster Arbeitstag in Köln. Die WAZ sprach mit Dörte Diemert in ihrem Rathausbüro, in dem schon die Umzugskartons stehen.
Sie bezeichnen Haushaltskonsolidierung als Marathonlauf. Haben Sie jetzt in Köln eine neue Laufstrecke?
Diemert: Zunächst. Mein Wechsel nach Köln ist keine Entscheidung gegen Duisburg. Die Stadt und die Arbeit hier haben mir die Entscheidung schwer gemacht. Ich gehe mit einem weinenden Auge und mit einer Portion Wehmut. Duisburg ist eine hochattraktive Großstadt und alles andere als eine Stadt, die man angeblich fluchtartig verlässt.
Die Aufgaben in Köln sind im Grundsatz sehr ähnlich, auch wenn Köln als größte Stadt in Nordrhein-Westfalen andere Dimensionen hat. Köln hat ein Haushaltsvolumen von 4,8 Milliarden Euro, Duisburg von 1,8 Milliarden. Köln ist zwar keine Stärkungspaktkommune, hat sich selbst aber einen Haushaltskonsolidierungskurs verordnet. Da wird es genug zu tun geben.
Was fällt Ihnen zum Begriff der „schwarzen Null“ ein?
Die schwarze Null ist ein tolles und gutes Signal. Es ist uns in Duisburg gelungen, den Haushalt seit Ende 2015 nach zwei Jahrzehnten roter Zahlen auszugleichen. Das bedeutet für die Zukunft wichtige Handlungsoptionen. Wir haben Kurs gehalten und es ist uns dabei auch gelungen, die hohen Altschulden von ihrem Höchststand 2014 von 1,8 Milliarden Euro Liquiditätssicherungskredite – wenn man so will die Dispokredite – zum Jahresende um 400 Millionen abzubauen. Damit sind wir nicht über den Berg, aber es schafft Gestaltungsspielräume.
Duisburg bekommt noch bis 2020 Millionenzuschüsse aus dem NRW-Stärkungspakt. Zu Beginn waren es 53 Millionen Euro im Jahr, 2020 werden es zum letzten Mal zehn Millionen sein. Danach muss Duisburg bei der Haushaltssanierung auf eigenen Füßen stehen. Schafft es das?
Die Voraussetzungen, die wir jetzt geschaffen haben sind gut. Es muss aber auch klar sein, dass der Kurs konsequent eingehalten wird. Allerdings wird ein Haushalt auch von außen beeinflusst, von der Konjunktur etwa oder davon, wie von Bund und Land Aufgaben auf den Weg gebracht werden.
Wir haben noch eine Zinsniedrigphase und die Steuereinnahmen sprudeln. Was passiert, wenn das nicht mehr der Fall ist. Bricht dann das Sparkonzept zusammen?
Wir haben die guten Jahre wirklich genutzt, einen soliden Haushalt aufzustellen, der auch eine gewisse Resistenz gegen Schwankungen hat. Er wird nicht beim ersten Gegenwind zusammenbrechen. Aber es gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass es Einbrüche geben kann, die so gravierend sind, dass sie nicht sofort aufgefangen werden können und die Puffer nicht ausreichen.
Sie sprachen eben von den Aufgaben, die den Kommunen von Bund und Land aufgebürdet werden. Immer wieder haben Sie gefordert, dass dafür auch die Mittel bereitgestellt werden müssen.
Ich glaube, dass die Botschaft, dass sich insbesondere der Bund bei der Finanzierung von Sozialaufgaben stärker engagieren muss, angekommen ist. Ihn sehe ich aber noch mehr in der Verantwortung.
Wie sieht es bei der Frage der Altschulden bei strukturell belasteten Kommunen gerade im Ruhrgebiet aus?
Das ist die zweite große Baustelle, insbesondere für Städte mit hohen Soziallasten. Ich hoffe sehr, dass es im Zuge der Bundeskommission für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse Lösungen geben wird. Auch die Landesregierung hat Schritte angekündigt, in Gestalt einer Kredithilfe. Ich wünsche mir idealerweise eine Tilgungshilfe, also auch eine echte Entschuldung. Jetzt ist das richtige Zeitfenster. Andere Bundesländer haben schon reagiert.
Je länger man wartet und die Zinsen steigen, umso teurer wird es. Die Altschulden müssen auf ein vertretbares Maß zurückgeführt werden. Der Bund muss dabei mit ins Boot, denn er hat im Bereich der Sozialausgaben ganz massiv dazu beigetragen, dass die Schulden so hoch sind.
Duisburg war Ihre erste Station als Kämmerin. Was nehmen sie als Erfahrung und Erkenntnis aus der Arbeit in einer Stadtverwaltung im Wechselspiel mit der Kommunalpolitik mit nach Köln?
Die Zuversicht, dass man auch vor dicken Brettern nicht zurückschrecken muss. Ich habe gemerkt, dass es ganz wichtig ist, in dieser Funktion eine Art Übermittler, Übersetzer zu sein. So hat die Politik berechtigte Erwartungen an eine Verwaltung. Zugleich muss man der Politik vermitteln, dass gewisse Dinge eine bestimmte Struktur brauchen und ihr erklären, was geht, was nicht geht. Ich habe hier in Duisburg die Erfahrung gemacht, dass die Politik sehr offen war, viel Verständnis hat und den Kurs der Konsolidierung mitgetragen hat.
Was geben Sie Ihrem Nachfolger als Tipp mit auf den Weg?
Ich freue mich, dass es eine zügige Anschlussregelung gibt. Und dann noch eine sehr gute. Martin Murrack kennt sich so gut im Bereich der Finanzen aus, dass ich ihm keine guten Ratschläge geben muss. Ich wünsche ihm das notwendige Quentchen Glück, das man braucht. Ich wünsche ihm und der ganzen Stadt, dass es weiter so reibungslos und erfolgreich klappt, wie ich es die drei Jahre empfunden habe.