Duisburg. . In Duisburg gab es 2018 deutlich weniger Straftaten und die Aufklärungsquote stieg auf 55,9 Prozent. Ein Rückblick der Polizeipräsidentin.
Im Fall des getöteten Babys Mia gibt es eine neue Spur: Bei dem Stoffbeutel, der neben der Leiche in einem Altkleidercontainer gefunden wurde, soll es sich um einen Waschhandschuh handeln, der vor allem im türkischen und bulgarischen Raum verkauft und benutzt wird. „Auf diese Spur sind wir durch Hinweise aus der Bevölkerung gekommen“, sagte Elke Bartels in ihrem Jahresrückblicks-Gespräch mit der WAZ.
Für Duisburgs Polizeipräsidentin zählte das Drama um gleich zwei getötete Neugeborene zu den emotionalsten Kriminalfällen in 2018: „Das hat mich aufgewühlt und schockiert.“
Der Fall des toten Babys Mia
Im polnischen Kielce wurde Mitte November beim Sortieren von Altkleidern aus Duisburg die Leiche eines Babys entdeckt. Nach Hinweisen aus der Bevölkerung spürten die Ermittler in Rumeln eine Tatverdächtige auf. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung stießen sie auf eine zweite Säuglingsleiche. Die Frau stritt ab, auch die Mutter des in Polen aufgefundenen Babys zu sein. Es dauerte Wochen, bis der Leichnam nach Duisburg überführt und eine Obduktion samt DNA-Probe vorgenommen werden konnte. Mit dem Resultat: Die Kinder sind keine Geschwister. Es wird nun also weiterhin die Mutter von Mia gesucht.
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„Das macht mich fassungslos. Es gibt heutzutage so viele Möglichkeiten für Mütter, die ihr Kind nicht wollen. Sei es die Babyklappe oder eine anonyme Geburt“, so Bartels. Nach der Obduktion sei klar, dass das Kind nach der Geburt gelebt hat und erst dann getötet wurde. Bartels hofft, dass die gesuchte Mutter von Mia noch aufgespürt wird.
Duisburger Polizei zählt weniger Straftaten
Die Zahl der in Duisburg begangenen Straftaten ist seit Jahren rückläufig. Bis Ende November 2018 wurden rund 41.200 verzeichnet. Im Jahr zuvor waren es 49.000 – ein Rückgang von über elf Prozent. In 47 Fällen musste eine Mordkommission gegründet werden (34 Mal in Duisburg, 13 Mal für den zum Zuständigkeitsbereich gehörenden Kreis Wesel). Im Jahr zuvor waren es noch 54.
Eines der Tötungsdelikte, die ihr nachhaltig in Erinnerung geblieben sind, ist die Messerattacke von vier jungen Männern auf eine schwangere 17-Jährige in Friemersheim im September. Unter den Festgenommenen befand sich auch der Kindsvater. Das Landgericht Duisburg teilte am Freitag mit, dass die Verhandlung gegen das Quartett am 17. Januar beginnen wird – wegen des Alters der Angeklagten jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Asylbewerber als Tätergruppe seien in Duisburg übrigens „kein großes Problem“, so Bartels. „Die Fallzahl ist nicht so gravierend, dass wir sie in den Fokus rücken müssten.“
Die gefühlte Sicherheit
Trotz dieser Zahlen und Fakten ist das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Bürger ein anderes: Sie fühlen sich zunehmend bedroht, verängstigt und befürchten, Opfer einer Straftat zu werden. „Das Thema Kriminalität nimmt in der Öffentlichkeit heute einen viel breiteren Raum ein als noch vor zehn oder 20 Jahren. Und je mehr Berichte erscheinen, um so mehr wird die Angst bei einigen Menschen geschürt“, so Bartels. Zielscheibe ihrer Kritik sind reißerisch formulierte Zeitungsberichte, aber auch die sozialen Medien. Dort fänden vermeintliche Sachverhalte eine rasend schnelle Verbreitung. „Auch wenn die Darstellung darin oft nicht den Tatsachen entspricht“, so Bartels. Sind diese falschen Infos aber einmal im Umlauf, seien sie kaum noch einzufangen. „Für uns sind soziale Medien Fluch und Segen in einem.“
Neubauten: Eine neue Polizeiwache in Ruhrort
Das Innenministerium hatte im Dezember verkündet, dass es massiv in die bauliche Infrastruktur der Polizei investieren will. Wie wird Duisburg profitieren? „In Ruhrort wird eine neue Wache entstehen, die Anfang 2021 einzugsbereit fertiggestellt sein soll“, so Bartels. Dort würden Kräfte einziehen, die bisher in der Polizeiinspektion Hamborn sowie auf den maroden Wachen in Alt-Homberg und Meiderich arbeiten. „Das Ausschreibungsverfahren beginnt in diesem Frühjahr“, so Bartels. Ein Neubau wird es auch in Neudorf geben: Der Standort an der Fraunhofer Straße wird perspektivisch aufgebeben. „Mit dem Umzug wird es aber wohl nicht vor 2023 klappen“, so Bartels. Das Ruhrorter Projekt habe Vorrang.
Die Zusatzkräfte im Norden
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Seit 2015 gibt es einen zusätzlichen Zug der Einsatzhundertschaft für den Duisburger Norden. Der Antrag für eine Verlängerung der Maßnahme beim Innenministerium ist gestellt. Eine Entscheidung soll laut Bartels zeitnah fallen. „Die Notwendigkeit dafür ist weiterhin da, auch wenn die Straßenkriminalität dort deutlich zurückgegangen ist“, so Bartels. Durch eine Null-Toleranz-Linie mit der konsequenten Ahndung kleinster Verstöße sei die Aufsässigkeit einzelner Gruppen gegenüber Ordnungshütern und Behördenvertretern spürbar zurückgegangen. „Dieser Zustand muss gehalten werden – und dafür benötigen wir die Zusatzkräfte.“
Die Videobeobachtung
Seit 2016 ist die Anlage mit 19 Kameras am Pollmanneck in Marxloh in Betrieb. Mit Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes Ende Dezember wurden die Voraussetzungen gelockert, um weitere Anlagen aufzustellen. „Wir werden die Notwendigkeit dafür prüfen“, so Bartels.
Der schönste Erfolg: Die Festnahme im Mordfall "Café Vivo"
Im Fall der getöteten Inhaberin des „Café Vivo“ im Innenhafen konnte in 2018 der mutmaßliche Täter ermittelt werden, nachdem er in Berlin wegen anderer Taten festgenommen worden war. Der Prozess gegen ihn beginnt im Februar. „Das haben wir der hartnäckigen Arbeit der Kollegen vom KK 11 zu verdanken“, so Bartels. Eine einzige Hautschuppe des Täters sei am Tatort gefunden worden. Diese erwies sich als entscheidendes Beweismittel. Die Aufklärungsquote aller Straftaten befand sich mit 55,9 Prozent auch auf einem tollen Stand, so Bartels. „Großes Lob an das gesamte Team.“
>>> EIN SCHADEN FÜR DIE GLAUBWÜRDIGKEIT DER POLIZEI
Auch in zweiter Instanz vor Gericht sind zwei Polizisten straffrei ausgegangen, nachdem einer von ihnen in 2014 einen Tunnelkletterer per Schlagstock schwer verletzt hatte, während der andere zuschaute. Die Beamten beschuldigten sich gegenseitig, zugeschlagen zu haben. Die Richterin sprach beide frei. Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt.
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„Diese Sache hat der Glaubwürdigkeit der gesamten Polizei geschadet“, kommentierte Polizeipräsidentin Bartels die Ereignisse. „Auch wenn es vor Gericht der eigenen Verteidigung diente, kann ich solch ein Verhalten der Beamten nicht akzeptieren.“ Ein polizeiinternes Disziplinarverfahren wird aber erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens eröffnet.