Duisburg. Verdi-Sekretär Dirk Radermacher kennt die Paketbranche gut. Im Interview zeichnet er die Entwicklung der vergangenen Jahre nach.
Duisburg ist ein wichtiger Standort für die Paket- und Logistikbranche. Die Arbeitsbedingungen sind teilweise schwierig. Dirk Radermacher, Sekretär für den Bereich Speditions-, Logistik- und Postdienste bei der Gewerkschaft Verdi, kennt die Branche und die Zustände. Im Gespräch mit Fabienne Piepiora zeichnet er die Entwicklung der vergangenen Jahre nach.
Die Vorweihnachtszeit ist für Paket-Fahrer besonders stressig. Kann man eigentlich mit gutem Gewissen etwas online bestellen?
Es kommt drauf an. Die Belastung ist hoch. In der Vorweihnachtszeit verteilen die Paketboten manchmal mehr als 200 Pakete pro Tag und arbeiten bis zu 10 Stunden und 45 Minuten, das ist die höchstzulässige Grenze pro Tag. Da wissen sie am Ende des Tages, was sie gemacht haben. Vor ein paar Wochen haben wir für den Delivery-Bereich der Post einen Tarifabschluss erzielt. Ab 2021 bekommen die Kollegen ein 13. Gehalt. Das ist bundesweit einmalig. Insgesamt organisieren sich immer mehr Paketzusteller gewerkschaftlich. Der Markt ist leer gefegt, es ist für die Firmen schwierig, gute Leute zu finden.
Aber wenn man als Subunternehmer unterwegs ist, geht die Gehaltssteigerung an einem vorbei.
Das stimmt. Bei DHL sind die Mitarbeiter bei der Post AG und bei DHL Delivery beschäftigt. Wer bei der DHL Delivery arbeitet, bekommt jedoch ein Drittel weniger als bei der Post. DPD, Hermes und Amazon arbeiten mit Subunternehmen, wobei man sich dort nichts vormachen darf – zum Teil sind das auch Scheinselbstständige.
Bekomme ich das als Kunde überhaupt mit?
Das ist schwierig. Wenn ich bei Amazon bestelle, habe ich keinen Einfluss darauf, ob das Paket von eigenen Fahrern, DHL oder DPD ausgeliefert wird. Kommt ein Amazon-Fahrer braucht man nicht unterschreiben. DPD und DHL wollen eine Unterschrift.
Warum?
Wenn zum Beispiel ein Paket nicht ankommt, bekommt der Fahrer Probleme und muss es unter Umständen aus eigener Tasche bezahlen.
Manchmal hat man Glück und der Nachbar nimmt die Bestellung an. Wenn man in einen Postshop muss, ärgert sich aber nicht nur der Kunde, sondern auch der Fahrer, sagen Sie.
Ja. Es ist ja so: Die Kollegen haben ein Paket bis zu drei oder vier Mal in der Hand. So kann man immer genau nachvollziehen, wann es ein Lager verlassen hat und wann es zugestellt wird. Kann es nicht angenommen werden, muss der Mitarbeiter es wieder mitnehmen und zum zweiten Mal zustellen. Oder er hinterlegt es in einem Paketshop.
Das ist schlecht für die Zustellungsquote. Hat das Konsequenzen?
Der Druck auf die Mitarbeiter wird dann durch die Unternehmer erhöht, was dann dazu führt, dass die Kollegen in der Paketzustellung oft krank werden.
Hand aufs Herz, Herr Radermacher - wann haben Sie das letzte Mal etwas bestellt?
Leider ist es nicht immer möglich, bei den örtlichen Händlern einzukaufen, deshalb shoppe ich auch das eine oder andere online.