Duisburg. Bei der Suche nach der Mutter von Baby Mia findet die Polizei eine zweite Babyleiche. Die mutmaßliche Mutter wurde vom Jugendamt betreut.
Der Fund eines toten Neugeborenen in Polen, das in Duisburg in einen Altkleidercontainer gelegt worden war, hatte bereits für großes Entsetzen gesorgt. Der Fund einer zweiten Babyleiche in der Wohnung einer 35-jährigen Frau schockierte dann auch die Polizei, die nach Hinweisen aus der Bevölkerung auf die Frau aufmerksam geworden war. Die Frau hat bereits am Wochenende gestanden, das Mädchen zur Welt gebracht zu haben. Noch unklar ist, ob sie auch die Mutter von "Mia" ist, dem zuerst gefundenen Baby. Schockiert sind auch der Leiter des Jugendamtes Duisburg und die Sprecherin der Stadt. Denn am Montag erklärten beide zusammen, dass die 35-Jährige regelmäßig durch Mitarbeiter der Jugendhilfe betreut wurde.
"Die Familie hat seit 2014 eine ambulante Familienhilfe, die mehrere Stunden in der Woche eingesetzt wurde. Mitte September entstand bei der Familienhilfe der Eindruck, dass sie schwanger sein könnte", heißt es in einer Stellungnahme der Stadt. Demnach sei die 35-Jährige "mehrfach auf diesen Verdacht angesprochen worden", den sie vehement abgestritten haben soll. Selbst ihren eigenen Eltern gegenüber, mit denen die Tatverdächtige in einem Haus wohnt, als auch gegenüber ihren Kindern soll die 35-Jährige eine Schwangerschaft stets abgestritten haben.
Dem Jugendamt seien an dieser Stelle die Hände gebunden, macht Stadtsprecherin Anja Kopka deutlich. "Familiengerichtliche Maßnahmen sind nur in äußerst eingeschränktem Maße und nur bei einer nachweisbaren offensichtlichen Gefährdung des ungeborenen Kindes möglich. Im Zusammenhang mit früheren Schwangerschaften zeigte die Frau jedoch kein kindesschädliches Verhalten", so die Stadt. Die Mitarbeiter der Jugendhilfe hätten keine Handhabe gehabt, ihren Verdacht der Schwangerschaft überprüfen zu lassen, um dann gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen zu können.
Mitarbeiter des Jugendamtes sind erschüttert
Jugend- und Familiendezernent Thomas Krützberg macht deutlich, dass die Mitarbeiter des Jugendamtes "zutiefst erschüttert" sind über die tragischen Geschehnisse. „Wenn ein Kind stirbt, bringt uns das immer an die Grenzen des Aushaltbaren. Kommt ein Kind unter so tragischen Umständen ums Leben, wie es in diesem Fall passiert ist, werden diese überschritten. Ich bitte die Öffentlichkeit trotzdem darum, nicht außer Acht zu lassen, dass die Mutter sich in einer extremen, ihr ausweglos erscheinenden Ausnahmesituation befunden haben muss", so Krützberg.
Dennoch würde das Jugendamt diesen Fall zum Anlass nehmen, die Abläufe und Mechanismen in Bezug auf den Kinderschutz – auch mit externer Unterstützung - "noch einmal zu schärfen.“
Staatsanwalt Alexander Bayer bestätigte unserer Redaktion, dass die 35-Jährige zusammen mit ihrer 16-jährigen Tochter in einer Wohnung lebt, in der auch der Partner der 35-Jährigen regelmäßig ein- und ausgeht. Darüber hinaus hat „die Verdächtige noch zwei weitere Kinder, die das Jugendamt bei Pflegefamilien untergebracht hat“, so Bayer.
Beamte fanden totes Baby in Plastiktüten
Erste Hinweise aus der Bevölkerung hatten die Ermittler der Duisburger Kriminalpolizei am Freitag auf die Spur der Tatverdächtigen gebracht. „Die Beamten fanden neben der Leiche umfangreiches Beweismaterial, zum Beispiel blutige Bettlaken. Das kleine Mädchen war in Laken und Plastiktüten versteckt“, berichtet Ramon van der Maat, Sprecher der Duisburger Polizei. Die Frau wurde festgenommen, auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ der zuständige Richter aufgrund des Fundes der Babyleiche in der Wohnung am Samstagnachmittag Haftbefehl wegen Totschlags.
Die Ermittler wollen nun herausfinden, ob es sich bei den Babys, die in der Rumelner Wohnung und in einer Sortieranlage für Altkleider in Polen gefunden wurden, um Zwillingsschwestern handelt. Dies liege nahe, sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Gewissheit soll eine Untersuchung der DNA des in Polen gefundenen Mädchens liefern. Die Staatsanwaltschaft Duisburg hofft, dass das für die Untersuchung nötige Gewebematerial noch in der laufenden Woche aus Polen eintrifft.
Weitere Nachrichten im Fall "Mia": Unklar ist immer noch, ob Mia lebend geboren wurde. Die polnische Staatsanwaltschaft machte dazu unterschiedliche Aussagen. |