Duisburg. . Der italienische Fußball-Star und heutige Winzer stellte im Landhaus Milser seine edlen Tröpfchen vor. Erinnerungen an die WM 2006 erwachen.
Als Profifußballer erreichte er den Olymp. Nun will Andrea Pirlo beweisen, dass er auch als Winzer das Prädikat „Spitzenklasse“ verdient: Der Mittelfeld-Zauberer, der sich mit der italienischen Nationalelf bei der Sommermärchen-WM 2006 in Deutschland zum Weltmeister machte, führt seit acht Jahren das Weingut Pratum Coller. Es liegt im norditalienischen Örtchen Flero bei Brescia und gehörte einst seinen Eltern und Großeltern. Am Montagabend stellte Pirlo einige seiner feinen Tröpfchen im Landhaus Milser vor. Und das Vier-Sterne-Hotel erlebte bei so viel Prominenz einen Riesen-Auflauf.
Noch immer durchtrainiert und topfit
Da steht er: grüne Jeans, braune Lederschuhe, dazu ein blaues, eng geschnittenes Sakko. Andrea Pirlo achtet auch als Fußball-Rentnerauf ein elegantes Äußeres. Sein durchtrainierter, gertenschlanker Körper lässt vermuten, dass er auch im Alter von 39 Jahren noch aus dem Stand so manchem Bundesligisten sportlich sofort weiterhelfen könnte. Doch an diesem Abend soll es nicht in erster Linie um Fußball gehen, sondern um Wein.
Fünf verschiedene Sorten hat der Bartträger mitgebracht. „Sie kommen alle in unser Sortiment“, sagt Toni Pelle, neben Rolf Milser einer der Eigentümer des Hotels. 60 Weine habe das Restaurant in seinem Haus bislang im Angebot. Dank Pirlo wird es nun wachsen. Nicht nur der Star-Kicker, sondern viele renommierte Weinhändler aus Duisburg und Umgebung sind gekommen, um Pirlos Rebensaft zu kosten – aber auch, um einen echten Weltmeister mal aus nächster Nähe anzuschauen.
Mit Wein ist Pirlo im Familienbetrieb quasi aufgewachsen, er half als Kind bei der Traubenernte – und tut das auch heute wieder. Natürlich interessiere er sich noch für Fußball, aber zu 100 Prozent kann er dem Geschehen in den Arenen der europäischen Top-Klubs nicht mehr folgen. „Ich habe jetzt eben andere Verpflichtungen“, sagt Pirlo auf Italienisch. Landsmann Toni Pelle gibt den Dolmetscher.
„Den perfekten Wein gibt es nicht“
Nach dem perfekten Wein gefragt, antwortet der begnadete Ballstreichler: „Den gibt es nicht.“ Er hoffe, dass die Weine ein Stück weit seine eigene Persönlichkeit verkörpern. Fein und elegant sollen sie sein. Pirlo will auch nicht sofort auf mögliche Auszeichnungen und Qualitätsprädikate schielen: „Man muss erst einmal einen sehr guten Wein abliefern. Sterne und Pokale dafür kommen dann irgendwann von ganz allein.“
Natürlich kommt der Fußball dann doch noch zur Sprache: Als er am Sonntagabend erstmals nach über zwölf Jahren ins Landhaus Milser zurückkehrte, in dem er während der WM 2006 mit Italiens Nationalmannschaft 35 Tage untergebracht war, sei das ein sehr emotionaler Moment für ihn gewesen. In Zimmer 106 hatte Pirlo gewohnt, weiß Gastgeber Pelle sofort. Noch heute hängen großformatige Fotos an den Hotelwänden, die Spiel- und Jubelszenen des damaligen Weltmeisters zeigen. Auf einigen ist Pirlo zu sehen.
Trainerlizenz vielleicht im nächsten Jahr
Ob der Stratege sich nicht doch noch eine Karriere als Fußball-Trainer vorstellen könne? Pirlo sagt, dass er die dafür nötige Lizenz noch nicht habe, vielleicht aber im nächsten Jahr erwerben wolle. Das Winzerleben sei aber eine wunderschöne Alternative.
Und was geschieht mit Italien und Deutschland bei der EM 2024, die dann ja bekanntlich hierzulande steigen wird? Da schmunzelt Pirlo und sagt: „Im Vergleich zur WM 2018, die wir verpasst haben, kann sich Italien ja nur verbessern.“ Und mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Deutschland aber auch.“