Duisburg-Meiderich. . Das Christophoruswerk hat nach dem Zweiten Weltkrieg „streunenden Jugendlichen“ geholfen. Schon bald danach begann die Arbeit mit Senioren.

Zur Geburtsstunde des Evangelischen Christophoruswerks lag Duisburg in Schutt und Asche. „Krieg ist zu Ende. Zurückgeblieben ist unendliches Leid“, beschrieb damals Duisburgs Diakoniepfarrer Peter Kuhn. „Die Stadt ist zum größten Teil zerstört. Vor allem viele Jugendliche, Alte und Kranke bedürfen besonderer Hilfe.“

Duisburgs Oberbürgermeister Heinrich Weitz stellte daher freie Grundstücke für Heime zur Verfügung. Pfarrer Kuhn übernahm 1948 eine Wehrmachtsbaracke in Meiderich, die Kantine der früheren Flakstellung auf dem Hagenshof. Dort beginnt die 70-jährige Geschichte des Christophoruswerks, zunächst mit der Arbeit mit „streunenden Jugendlichen“. „Alle Lösungen sind Notlösungen“, schrieb Kuhn in der Anfangszeit des Werks, das heute ein modernes Sozialunternehmen mit zehn Einrichtungen in Duisburg ist und jetzt den runden Geburtstag groß gefeiert hat.

Christliche Werte waren und bleiben immer wichtig

Blick aus Gelände des Christophoruswerks Ende der 1950er Jahre.
Blick aus Gelände des Christophoruswerks Ende der 1950er Jahre. © Christophoruswerk

„Am Anfang war die pure Not, da mussten wir einfach anpacken“, sagt Werkssprecher Uwe Stoffels, das sei heute natürlich völlig anders. Doch es gebe seit 1948 eine Konstante: „Christliche Werte waren uns immer wichtig und bleiben immer wichtig.“ Nicht zuletzt, weil Pfarrer Peter Kuhn anfangs die treibende Kraft war und viele Helfer mobilisieren konnte.

So folgte ein stetiger Ausbau, und wenngleich die Nachfrage an Heimplätzen für Jugendliche sehr groß war, gab es bereits ab 1952 Einrichtungen für alte Menschen. Der Grund: Pfarrer Kuhn hatte sich zuvor über ein Gespräch sehr aufgeregt. So ist überliefert, dass er jemanden „in schlimmster Notzeit“ über Alte hat sagen hören, sie seien „Friedhofsgemüse“, die keinen Anspruch auf die knappen Lebensmittel hätten. Da musste er handeln. So wurde aus dem Ärger des Priesters ein Segen für viele. Das Christophoruswerk war Ende der 1960er Jahre der größte Träger für Altenpflegeeinrichtungen am Niederrhein und wurde als Duisburgs Bethel bezeichnet. „Wegen des Dorfcharakters auf dem Gelände in Meiderich“, so Uwe Stoffels, „und der menschlichen Zugewandtheit, die auf der christlichen Verantwortung und auf Nächstenliebe beruhte.“

Bundespräsident Theodor Heuss lobte das Christophoruswerk

Beim Festakt zum 70. Geburtstag sprach Bürgermeister Volker Mosblech.
Beim Festakt zum 70. Geburtstag sprach Bürgermeister Volker Mosblech. © Christophoruswerk

Bundespräsident Theodor Heuss lobte ebenfalls das Christophoruswerk, er bezeichnete es bei der Einweihung des neuen Schwesternheims 1958 als „eine Provinz der Liebe“. Das Heim trug den Namen seiner Frau Elly Heuss-Knapp und wurde 1999 abgerissen.

Weil die Bedürfnisse und Erwartungen der Heimbewohner sich seit der Nachkriegszeit stark verändert haben, sei das Unternehmen stets bemüht, moderne Heimplätze anzubieten. So wird derzeit ein Seniorenzentrum am Landschaftspark gebaut, das ein altes in Ruhrort ersetzt. Zudem sollen mittelfristig am Stammsitz zwei neue Einrichtungen für stationäre Pflege und Wohnen entstehen, insgesamt kostet dieses Projekte 16 Millionen Euro.

Deutschlands erstes evangelisches Frauenhaus wurde vor 40 Jahren auf den Weg gebracht

Doch nicht nur Gebäude sollen modern sein, auch die Pflegekonzepte. „Wir waren in vielen Fällen inhaltliche Vorreiter in Duisburg und sind es heute noch“, sagt Uwe Stoffels und verweist etwa auf das Fachseminar für Altenpflege, das seit 1973 Pflegekräfte ausbildet. Die ersten Demenzcafés seien ebenfalls vom Christoporuswerk konzipiert worden, und die Seniorenberatungsstellen in Ruhrort und Buchholz seien Vorläufer für städtisch geförderte Begegnungs- und Beratungszentren. „Auch Deutschlands erstes evangelisches Frauenhaus wurde vor 40 Jahren von uns auf den Weg gebracht“, und das Pilotprojekt mit dem pflegebedürftige Jugendliche in eigenen Bereichen betreut werden, sei längst etabliert. „Ganz neu ist die Blinden- und Gehörlosenpflege, ein Zukunftsprojekt.“

Neue Konzepte vordenken und weiterentwickeln

Ohnehin wolle sich das Christophoruswerk an den „zukünftigen Bedarfen der Menschen“ orientieren, neue Konzepte vordenken und weiterentwickeln, so Uwe Stoffels, und „dafür haben wir einen wachen Blick und wollen am Puls des Lebens sein“.

Das Evangelische Christophoruswerk hat in Duisburg derzeit zehn Einrichtungen. Darin arbeiten gut 800 Mitarbeiter aus 35 verschiedenen Nationen. In Duisburg hat das Werk insgesamt 850 Pflegeplätze. Eine weitere Einrichtung gibt es noch in der einstigen Bundeshauptstadt Bonn.

Minister Laumann als Ehrengast vor Ort 

Mit einer Festwoche hat das Evangelische Christophoruswerk seinen 70. Geburtstag gefeiert. Das Sozialunternehmen sei gesund und eine „feste Größe in Duisburgs Pflegelandschaft“, sagt Vorstandsmitglied Ulrich Christofczik. „All das konnte nur erreicht werden, weil viele Menschen mit Herzblut für Mensch und Sache engagiert waren und sind.“

So war dann die Festtage vor allem gedacht, um sich bei Mitarbeitern, Heimbewohnern und Wegbegleitern zu bedanken. Das Programm war vielfältig, so gab es etwa einen Dankgottesdienst, ein Herbstfest mit Gesang und Musik, ein Benefizkonzert als Hommage an Ella Fitzgerald und ein Mitarbeiterfest im Landschaftspark. Ein Höhepunkt war für Werkssprecher Uwe Stoffels das Friedensgebet. „Frieden fängt ja mit dem Nächsten an“, sagt er. „Das Gebet war ein emotionaler, sehr schöner Moment mit einer innigen Verbindung zwischen Mitarbeitern und Bewohnern.“

Gefreut habe sich das Unternehmen auch über die Festrede von NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann und seine Teilnahme an der Podiumsdiskussion über Pflege. „Abgeschoben ist man nicht, wenn man in eine Pflegeeinrichtung kommt“, sagte der Minister, „abgeschoben ist man erst, wenn man dort nicht mehr besucht wird.“ Doch die Pflege insgesamt müsse gestärkt werden, nicht zuletzt brauche man mehr Pflegekräfte und eine flächendeckende tarifliche Bezahlung. „Es war eine schöne Woche“, resümiert Uwe Stoffels, „für jeden war etwas dabei.“