Duisburg. Am Samstag ist Welthospiztag: Die Leiterin eines Duisburger Hospizes räumt mit Mythen und Vorurteilen auf. In Hamborn leuchten Hospizlichter.
Mit dem Sterben setzt sich keiner gern auseinander, dabei ranken sich viele Mythen um das Thema. Das Hospiz St. Raphael setzt darauf, den Tod aus der Tabuzone zu ziehen. Und nutzt dafür den Welthospiztag am Samstag. Wir haben mit der Leiterin Mechthild Schulten gesprochen. Es ist Zeit, mit ein paar Mythen aufzuräumen.
Wenn ich mich um einen Hospizplatz kümmere, beschleunige ich den Tod:
Diese Sorge dockt an Urängste des Glaubens oder des Aberglaubens an. „Die Hoffnung auf ein ewiges Leben relativiert sich angesichts einer tödlich verlaufenden Krankheit natürlich“, sagt Mechthild Schulten, aber Hoffnung sei auch im Hospiz ganz wichtig: „Darauf, schmerzfrei zu sein, Entlastung zu finden, die Hochzeit der Tochter oder die Einschulung des Enkelkindes noch miterleben zu dürfen, zum nächsten Formel-Eins-Rennen in die Eifel fahren zu können“. Die Hoffnung, doch noch gesund zu werden und deshalb medizinische Fakten zu ignorieren, sei aber auch wichtig. Mancher brauche diesen Verdrängungsmechanismus, um die folgenden Wochen durchzustehen.
Hospize sind nur was für alte Leute:
Seit elf Jahren gibt es auch den Kinder- und Jugendhospizdienst, aktuell werden 29 Familien begleitet. „Unsere Arbeit hat eine hohe gesellschaftliche Anerkennung, aber die Betroffenen haben oft eine hohe Hemmschwelle, uns anzusprechen“, beobachtet Schulten. Dabei ist die Begleitung intensiv, sie setzt bei Kindern mit tödlich verlaufenden Krankheiten viel früher ein, schließt die Beschäftigung mit Geschwisterkindern ein. Und funktioniert nicht ohne Ehrenamt. Das Hospiz bildet selbst aus - und sucht immer wieder neue Freiwillige.
Morphinpräparate machen süchtig:
„Nein, machen sie nicht“, sagt Mechthild Schulten. Aber sie können schmerzfrei und das Leben vor dem Sterben leichter machen. Schulten erinnert sich daran, dass ihre Oma starb, als sie selbst noch Kind war, und dabei starke Schmerzen litt. Das könne Palliativmedizin heute verhindern.
Hospize sind religiös, da kann ich als Atheist nicht hin:
Doch: „Wir sind offen für alle“, betont Schulten den christ-katholischen Grundgedanken. Im Einzelfall wurde auch ein Kreuz im Zimmer schon abgehängt, berichtet sie. Das Team weiß auch, dass man mit muslimischen Patienten nicht über Tod und Sterben spricht, sondern eher über medizinische Fakten wie Symptomkontrolle.
Hospiz-Arbeit findet nur stationär statt:
Auch das stimmt nicht, sagt Schulten. Wir besuchen die Patienten zuhause und gucken uns die Bedarfslage an. Hat jemand ein starkes Umfeld, geht es ihm gut, dann schalten wir zunächst einen ambulant palliativen Pflegedienst ein. Wichtig sei, dass der Patient die Hilfe annehmen kann, dann finde man auch das passende.
Hospize kümmern sich nur um den Sterbenden:
Ebenfalls ein Mythos. Im Angebot ist eine geschlossene Trauergruppe, in der Hinterbliebene sich austauschen können. „Bärenstark“ nennt sich ein ähnliches Angebot, das für Kinder gedacht ist. Außerdem werden Trauernde beraten. Angehörige dürfen übrigens auch im Hospiz übernachten, die Besuchszeiten sind flexibel und nicht limitiert.
Hospize sind so teuer, das kann ich nicht bezahlen:
Das stimmt nicht. Alle Krankenkassen zahlen für einen Aufenthalt in einem Hospiz, sobald das Attest eines Arztes vorliegt. Damit sind aber nicht alle Kosten gedeckt. Rund 400.000 Euro Spenden müssen die Malteser jedes Jahr zusammen bekommen, damit das Angebot für die Betroffenen weiterhin kostenlos bleibt. „Wir wollen keine Beiträge erheben“, betont Schulten. Deshalb sind Spenden willkommen: Sparkasse Duisburg,
DE31 350 500 000 200 207 207
BIC DUISDE33XXX
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Weitere Informationen zum Hospiz St. Raphael gibt es im Internet auf www.malteser-straphael.de. Seit März haben die Malteser auch eine Anlaufstelle in Homberg, Johannisstraße 22. Auch im Bethesda gibt es ein Hospiz. Weitere Infos: www.hospizbethesda.de
Hamborner Initiative lässt Hospizlichter leuchten
„Weil du wichtig bist!“ - unter diesem Motto wird am Samstag der Deutsche Hospiztag begangen. Das Motto soll eine Brücke zum internationalen Motto „Because I matter“ schlagen. Es geht um die gelebte Erfahrung von schwerstkranken und sterbenden Menschen.
Mit einer Aktion will sich die Hospizbewegung Hamborn e.V. an diesem Tag beteiligen. „Sterben, Tod und Trauer in unserer Gesellschaft sollen mehr in den Blick aller Menschen gebracht werden“, beschreiben die Initiatoren. Sie beobachten, dass es eine große Unsicherheit im Umgang mit Sterben und Tod gebe. Diese Unsicherheit bewirke, dass viele Menschen vor ihrem Sterben alleine bleiben und isoliert sind, also bereits vorher einen sozialen Tod sterben.
Um den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Lebensende in Würde und gut begleitet in ihrem sozialen Umfeld zu erleben, sind zwar die ambulanten Hospizdienste aktiv. Die Aufklärung der Bevölkerung sei aber ebenso notwendig. Die Hospizbewegung Duisburg- Hamborn e.V. arbeitet seit 27 Jahren als erster Duisburger ambulanter Hospizdienst mit daran, all dies in Duisburg umzusetzen. Der Welthospiztag ist daher eine wichtige Möglichkeit, auf die Hospizidee und die Hospizarbeit aufmerksam zu machen.
Die Hospizbewegung Duisburg-Hamborn e.V. wird am Deutschen und Welt-Hospiztag in Hamborn auf dem Wochenmarkt am Altmarkt aktiv. Am kommenden Samstag 13. Oktober ab 8 Uhr bis ca. 12.30 Uhr werden „Hospizlichter“ an die Wochenmarktstände und jeden Besucher verschenkt. Mit diesen brennenden Kerzen soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass jeder Mensch wichtig ist.