Duisburg. . Sie las aus ihrem Buch „1968. Worauf wir stolz sein können“ und erinnert an die umfassende Demokratisierung – und autoritäre Männer.

Der 1979 an den Folgen eines Attentats verstorbene Rudi Dutschke war Gesicht und Stimme der Studentenbewegung, aber auch der medial aufgemotzte Bürgerschreck des braven und biederen Nachkriegsdeutschen. Doch was ist aus dem Erbe der protestierenden Generation geworden, die in den wilden Jahren an der Universität und auf der Straßen-Demo den Kapitalismus abschaffen wollte? „1968. Worauf wir stolz sein können“. So lautet der Titel des Buches von Gretchen Dutschke, aus dem die inzwischen 76-jährige Witwe Rudi Dutschkes jetzt auf Einladung des Vereins für Literatur in der Stadtbibliothek vorlas.

Die 1942 in Illinois geborene Gretchen Dutschke lernte ihren späteren Ehemann als Studentenaktivistin in Berlin kennen, wo sie seit 2010 wieder lebt. In ihrer Geschichte von den 68ern und deren politischem Erbe, die kein anderer so verkörperte wie der hoch intellektuelle und rhetorisch begabte und charismatische Rudi Dutschke, zieht die Mutter von drei Kindern und sieben Enkelkindern in ihrem Buch eine Bilanz jener durchaus nicht immer friedlichen Revolution, die vor 50 Jahren die muffige Nachkriegsgesellschaft erschütterte.

Mit Jürgen Bacia, Leiter des Duisburger Archives für alternatives Schrifttum (AfaS), begleitete ein Experte für die 68er-Bewegung der die sympathische Autorin bei ihrer Zeitreise.

„Frauen durften nicht dazwischen reden“

„Wir sind keine hoffnungslosen Idioten der Geschichte, die unfähig sind, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen.“ Dies ist eines der wohl berühmtesten Zitate von Rudi Dutschke, das hier zu Beginn und zum Ende der Veranstaltung nicht fehlen durfte. Doch dann ging es in den grauen Alltag der 68er, die nach Aussage der Autorin von der autoritären Dominanz der Männer geprägt war. Dutschke: „Frauen durften nicht dazwischen reden. Die Männer, die über unsere Argumente lachten, lasen dicke Bücher, und die Frauen durften die Hausarbeit machen.“ Im „Frankfurter Weiberrat“ des erstmals die Frauenrechte propagierenden SDS schmückten die Genossinnen die Wände mit deftigen Parolen: „Befreit die sozialen Eminenzen von ihren bürgerlichen Schwänzen.“

Wie Jürgen Bacia ausführte, waren aus den 68ern, wenn sie denn die RAF und die K-Gruppen überlebt hatten, Grüne und Spontis geworden, die dann in den 70er Jahren das linksalternative Milieu der Bundesrepublik prägten. Auch Rudi Dutschke war zuletzt Mitglied bei den Grünen: Wenn die Umwelt zerstört ist, werden wir auch keinen Sozialismus haben können.“ Gretchen Dutschkes Bilanz: „Wir können heute stolz sein auf eine umfassende Demokratisierung der Gesellschaft durch die 68er.“