Duisburg. . Zwei Jahre gehen Teach First Fellows in Duisburger Schulen, bevor sie ihre eigene Karriere anpacken. Bildungsgerechtigkeit ist ihr Ziel.

Über das Bildungssystem kann man sich leicht aufregen: Zu wenig Lehrer, kaputte Gebäude, schlechte Ausstattung. Wie schön, wenn es auch positive Nachrichten gibt: Seit Schuljahrsbeginn sind zehn Hochschulabsolventen an zehn Duisburger Schulen in Vollzeit aktiv. Zwei Jahre lang werden sie helfen, für mehr Bildungsgerechtigkeit zu sorgen. Teach First heißt das Projekt, das inzwischen ins zehnte Jahr geht.

Die neuen Fellows mit Gönul Eglence von Teach First Deutschland (oben, von links), Thomas Krützberg, Bildungsdezernent, Rosalin Krispin von der Firma Klöckner, Dr. Rupert Antes, Geschäftsführer Haniel Stiftung, unten li. nach re: Isis Tunnigkeit, Mira Grub, Robin Frischkorn, An Vo Thank und Philipp Noack
Die neuen Fellows mit Gönul Eglence von Teach First Deutschland (oben, von links), Thomas Krützberg, Bildungsdezernent, Rosalin Krispin von der Firma Klöckner, Dr. Rupert Antes, Geschäftsführer Haniel Stiftung, unten li. nach re: Isis Tunnigkeit, Mira Grub, Robin Frischkorn, An Vo Thank und Philipp Noack © Foto: Stadt Duisburg

Bildungsdezernent Thomas Krützberg ist entsprechend gut gelaunt, denn bislang gab es „nur positive Rückmeldung aus den Schulen“.Das Erfolgskonzept sei, dass „jüngere Menschen etwas jüngere Menschen fördern“. Er lobt, dass sich hier ausnahmslos „herausragende Absolventen in sozialen Brennpunkten engagieren“. Sie würden den Schülern zeigen, was aus ihnen werden kann und Haltung vorleben.

Wie herausragend die Fellows sind - so heißen die jungen, engagierten Menschen - zeigt das Auswahlverfahren: Im aktuellen Jahrgang sind von 1200 Bewerbern 88 in den Dienst gekommen, berichtet Gönül Eglence von Teach First Deutschland. Die Lehrkräfte auf Zeit würden mit Bedacht gewählt und dann drei Monate auf ihren Einsatz vorbereitet.

Dr. Rupert Antes, der Geschäftsführer der Haniel-Stiftung.
Dr. Rupert Antes, der Geschäftsführer der Haniel-Stiftung. © DANIEL ELKE

Dr. Rupert Antus, Geschäftsführer der Haniel-Stiftung, berichtet, dass in dem Kooperationsprojekt „Bildung als Chance“ insgesamt 50 Mitarbeiter an 20 Schulen unterwegs seien. Beteiligt sind neben Teach First auch Chancenwerk und apeiros. Diese Zusammenarbeit sei deutschlandweit die größte ihrer Art und erziele entsprechende Aufmerksamkeit, sagt Antus. Auch den Gesellschafterinnen von Haniel sei Bildung ein Herzensanliegen, deshalb hätten sie sich „mit einer größeren Summe beteiligt“. So sei das Projekt bis Anfang 2024 gesichert. „Wir wollen im Hintergrund für Planbarkeit sorgen.“ Die Haniel-Stiftung wird dabei durch Landesmittel, die Sparkassen-Stiftung, RAG und Klöckner flankiert. So kann die Arbeit der Fellows mit einem Referendars-Lohn vergolten werden.

Fellow begeisterte Kollegium für Handyvideos

Günter Derksen, Leiter der Heinrich-Heine-Gesamtschule, profitiert schon länger vom Engagement der jungen Leute. So habe der letzte Fellow das ganze Kollegium mit seiner Begeisterung für Handyvideos angesteckt - „und jetzt haben wir einen eigenen Youtube-Kanal“. Außerdem sei der Vorlesetag zu einem großen Event entwickelt worden. Die Fellows seien in den Unterricht, ins Schulleben eingebunden, es gehe aber keinesfalls um Nachhilfe, es gehe um Beziehungen.

Das bestätigt seine neue Fellow An Vo Thanh: „Viele sehen Schule als Strafe an, ich fand Schule früher auch nicht so wichtig. Meine Aufgabe ist, ihnen zu zeigen, dass Lehrer keinem was Böses wollen und es was bringt.“ Ihre Kollegin Isis Tunnigkeit berichtet von ihrem Einsatz in einer Vorbereitungsklasse, wo ein Kind weder lesen noch schreiben konnte, ständig zu spät kam, kein Material hatte und den Unterricht störte. „Ich konnte ihm helfen, seine Erfolge spiegeln, und seien sie noch so klein, und das ohne Notendruck.“ Dafür habe ein Lehrer mit einer ganzen Klasse voller weiterer Kinder keine Zeit.

Duisburg wurde Option für berufliche Karriere

Und warum entscheiden sich die jungen Fellows für diesen Einsatz? „Eine tiefe Verbundenheit zum Thema. Bildungsgerechtigkeit ist unser Hauptantrieb“, sagt Philipp Noack. Er selbst habe in Heidelberg Volkswirtschaft studiert, im Kreis einer homogenen, privilegierten Gruppe. Duisburg sei der denkbar größte Kontrast, „daran kann ich reifen“, sagt Noack. Und inzwischen sei Duisburg auch für seine weitere berufliche Laufbahn eine Option.

Teach First will künftig den weiteren Werdegang seiner Teilnehmer evaluieren. Aktuell würden zehn Prozent tatsächlich im Lehrerberuf landen, viele entschieden sich für den NGO-Bereich, berichtet Eglence. Auch das ein Berufszweig, der von viel Idealismus geprägt ist.