Duisburg. . Die Duisburger Initiative „Tausche Bildung für Wohnen“ wird Bundessieger beim Nachbarschaftspreis 2018. Gerührt und motiviert geht es gen Zukunft.
„Ich habe auf der Bühne erstmal ein bisschen weinen müssen und nicht viele Worte rausgebracht“, erzählt Geschäftsführerin Lena Wiewell, nachdem sie am Mittwochabend für das Marxloher Projekt „Tausche Bildung für Wohnen“ in Berlin den Deutschen Nachbarschaftspreis 2018 entgegennahm. Erst dann habe sich die 33-Jährige bei ihren Team-Mitgliedern bedanken können: „Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen.“
Mit „das alles“ meint sie den 2012 von Christine Blek und Mustafa Tazeoğlu ins Leben gerufenen Verein „Tausche Bildung für Wohnen“ und sein Engagement, sozial benachteiligten Kindern schulische Unterstützung, Freizeitangebote und Alltagstruktur zu bieten. Im Gegenzug bekommen die Bildungspaten, Studenten und junge Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren, ein mietfreies WG-Zimmer gestellt.
Von der Bildungspatin zur Geschäftsführerin
2014 war Wiewell zunächst selbst eine der ersten Bildungspatinnen und Mitbewohnerin einer WG in Marxloh. „Damals habe ich die kleine Albina begleitet, ein lebenslustiges Mädchen, dessen sehnlichster Wunsch es war, eine Aufenthaltsgenehmigung für sich und ihre Familie zu bekommen. Sie hat mir letztes Jahr eine Geschichte geschrieben über unsere Freundschaft. Das war das schönste Geschenk“, erzählt Wiewell gerührt. Inzwischen ist sie Geschäftsführerin eines Teams von fünf Festangestellten und hat den Überblick über zwei Standorte und 20 Bildungspaten.
Am Mittwochabend fand in Berlin die Preisverleihung zum Deutschen Nachbarschaftspreis 2018 von der nebenan.de-Stiftung statt. Lena Wiewell war zusammen mit zwei Kolleginnen angereist. Als dann zunächst der dritte und der zweite Bundessieger verkündet wurden, krallten sich ihre Finger langsam in ihren Unterarm, wie sie erzählt. „Irgendwie hatte ich ein gutes Gefühl. Es könnte ja vielleicht klappen, dachte ich mir.“
„Tausche Bildung für Wohnung“ investiert in Gelsenkirchen und strebt Kooperation an
Dass die Initiative dann aber tatsächlich Bundessieger geworden ist, daran war vor ein paar Wochen noch gar nicht zu denken: „Der Computer ist ein paarmal abgestürzt, unsere Bewerbung für den Preis ging erst auf den allerletzten Drücker raus“, sagt Wiewell.
Das Preisgeld von 10 000 Euro will das Team in den Ausbau des Projektes stecken: In Gelsenkirchen steht bereits die Eröffnung eines neuen Hauses für Bildungspaten bevor. Und mit dem diesjährigen Gewinner des Publikumspreises, dem „Ickerner Bürgerpicknick“ aus Castrop-Rauxel soll demnächst eine Kooperation entstehen. „Wir möchten die Quartieren einfach bereichern und das Miteinander schöner machen“, so Wiewell.
>>> HINTERGRUND: Auf eine gute Nachbarschaft
Der Deutsche Nachbarschaftspreis wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal verliehen. Aus den Landessiegern der 16 Bundesländer wird der Bundessieger gekürt.
Bundessieger 2017 war die Initiative „Tag des guten Lebens“: Einmal im Jahr wird ein Kölner Viertel für den Autoverkehr gesperrt und es gibt ein großes Nachbarschaftsfest.