Duisburg. . Die Künstlerin stellt in der ehemaligen Kirche St. Barbara ihr Projekt „Vom Nutzen der Angst“ aus, das sie um Rheinhausen erweitert hat.

Den Arbeitskampf in Rheinhausen kannte die 1971 in Berlin geborene Künstlerin Peggy Buth nur aus dem Fernsehen der DDR, in der sie aufgewachsen ist. „Die Stahlarbeiter, der Winter, die Kokskörbe – Rheinhausen hat mich beeindruckt“, erinnert sie sich. Bilder, die zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten waren, aber 2017 wieder lebendig wurden. Ein Jahr lang hat Peggy Buth in Rheinhausen recherchiert für das Ausstellungsprojekt „Vom Nutzen der Angst“, das sie in Essen begonnen und jetzt um das Kapitel „Leute wie wir“ erweitert hat. Dabei lernte sie die Menschen kennen, die zu den Hauptakteuren zählten wie der damalige Betriebsrat Theo Steegmann und seine Frau Annegret Keller-Steegmann, die als eine von drei Chorleitern maßgeblich am Aufbau des Chors Tor 1 Rheinhausen beteiligt war. Und die – wie viele andere Frauen in Rheinhausen – mit den Männern um die Arbeitsplätze gekämpft haben. Jetzt haben die Steegmanns der Künstlerin für ihre Recherche bereitwillig die Archive geöffnet. Und Annegret Keller-Steegmanns umgedichteter Satz „Wes Brot ich ess, des Lied sing ich noch lange nicht!“ macht als Banner auf dem Turm der ehemaligen Kirche St. Barbara an der Klausstraße auf die Peggy Buths Ausstellung aufmerksam.

Unübersehbar ist das Banner mit dem Schriftzug „Wes Brot ich ess, des Lied sing ich noch lange nicht!“
Unübersehbar ist das Banner mit dem Schriftzug „Wes Brot ich ess, des Lied sing ich noch lange nicht!“ © Ulla Michels

Im Mittelpunkt steht die Projektion „Leute wie wir“, die auf drei Leinwänden gleichzeitig läuft und höchst unterschiedliche Bildern miteinander verbindet. Neue und alte aus Rheinhausen, aber auch historische Aufnahmen etwa von einer blutig niedergeschlagenen Arbeiterdemonstration am 1. Mai 1929 in Berlin, Bilder aus Harun Farockis Dokumentarfilm „Arbeiter verlassen die Fabrik“, von Peggy Buth selbst gedrehte Szenen vom Wahlkampf der SPD und des Essener Ex-SPD- und Neu-AfDlers Guido Reil, Spielfilmszenen von der Verhaftung Alfried Krupps am Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Amerikaner, Nazi-Kundgebungen, Gräber von Zwangsarbeitern, heroisierende Arbeiterdenkmäler oder das neue Krupp-Quartier, dessen Architektur für „repräsentativ ausgelöschte Vergangenheit“ stehe.

Ein Themenkomplex sind die Entsolidarisierung, der Niedergang der Arbeiterbewegung, die Diffamierung der Verlierer. In Rheinhausen gibt es jetzt Logport und viele Lkw auf den Straßen, in Bochum folgte auf Opel Nokia – bis die Arbeit in Rumänien noch billiger wurde.