Duisburg. . 20 WAZ-Leser durften hinter die Kulissen des Stadtarchivs blicken. Der Leiter Andreas Pilger präsentierte einige historische Schätze.
Gemeinsam mit dem Hausherrn Andreas Pilger stöberten 20 WAZ-Leser ausgiebig im schriftlichen Stadtgedächtnis herum. Das zweitgrößte kommunale Archiv in NRW bewahrt im alten Getreidespeicher am Karmelplatz auf 3000 Quadratmetern Fläche und neun Regalkilometern Akten, Kirchenbücher, Landkarten, Fotos, Zeitungsausschnitte und alte Urkunden zur Stadtgeschichte auf.
Lange Aufbewahrungsfristen
„Wir fangen mal oben an und arbeiten uns dann nach unten durch“, sagt Pilger. Er steht im sechsten Stock des kantigen Zweckbaus vor einer schier endlos langen Wand voll mit Packen dünner Akten. „Das sind alles Einbürgerungsakten“, erklärt er „Das hier oben ist noch kein Archivgut, sondern Verwaltungsschriftgut. Die Aufbewahrungsfristen für die Akten aus den einzelnen Behörden können sehr lang sein und erst nach Ablauf entscheiden wir, was stadtgeschichtlich interessant ist.“ Seine Zuhörer staunen über die schiere Menge der eingelagerten Akten.
Was bleiben darf, zieht um in spezielle Archivkartons, für den weitaus größeren Teil fährt in regenmäßigen Abständen der große Aktenvernichter vor. Pilger scherzt über die vielen Anfragen nach Zeugniskopien.
Er habe fest vor, im Ruhestand ein Buch über die spannendsten Geschichten zu schreiben, wie Menschen auf Grund widriger Umstände ihre kompletten Zeugnisse verlieren.
Zwischen den säurefesten, schwer entflammbaren Kartons blinkt eine 28,9 auf. Pilger schüttelt den Kopf. Mit 51 Prozent ist zwar die Luftfeuchtigkeit gut, aber die Temperatur ist entschieden zu hoch, 18 Grad sollten es sein. Noch immer hat das Archiv keine Klimaanlage.
Hohe Temperaturen sind schädlich
Aber nicht nur zu hohe Temperaturen können den empfindlichen Schätzen der Stadtgeschichte schaden. Pilger zeigt die älteste Urkunde von 1129, auf der König Lothar III. den Duisburgern erlaubt, im städtischen Steinbruch weiterhin Steine zu schlagen. Nicht, dass man das lesen könnte. Das knapp 900 Jahre alte Dokument ist fast schwarz. Grund dafür ist allerdings nicht der Zahn der Zeit, sondern eine schief gegangene Laminier-Aktion nach dem Krieg, die dem kostbaren Pergament gar nicht bekommen ist.
Besser erhalten ist dagegen die Jagdkarte von 1891, die den Kaiserberg und den neuen Friedhof von der Bejagung ausnimmt. Und das Studentenbüchlein und Poesiealbum mit der feinen Zeichnung des bezopften Studenten am Schreibtisch, das allerdings auch derbe Stellen enthalten soll.
Die Quellen zur Familiengeschichte sind inzwischen zu 60 Prozent digitalisiert. Die Mitarbeiter freut es, wenn sie die schweren Geburts-, Heirats- und Sterberegister nicht mehr runter in den Lesesaal schleppen müssen. Immerhin dreiviertel der Stadtarchivnutzer sind Familienforscher. Und die Archivalien werden geschont. Das Archiv hat aber auch eine eigene Werkstatt, in der fachkundig gerichtet werden kann, was aus dem Leim gegangen ist.