Duisburg. . Das Bauprojekt „The Curve“ steht auf der Kippe. Die Stadt Duisburg gibt einer ehemaligen Stadttochter die Schuld. Doch daran gibt es Zweifel.
Die Realisierung von „The Curve“ steht auf tönernen Füßen, nachdem die Baureifmachung des Baugrundstückes im Innenhafen und deren Kosten ungewiss sind. Dabei geht es eher um erzhaltige Waschberge, denn um tönernen Grund und Boden. Tage nach den Hiobsbotschaften zu Mehrkosten und technischen Problemen bei „The Curve“ und dem Ratsbeschluss, dem Bauprojekt zunächst weiter die Stange zu halten, mehren sich die Anzeichen, dass die Stadt wegen Fehlern und Problemen aus jüngerer Zeit in der Klemme steckt: Und die sind eher juristischer Art und haben weniger mit dem 2008 abgekippten Bergbaumaterial zu tun haben.
Ende Juni hatte die Stadt verkündet, dass „The Curve“ auf Eis liegt. Die Baureifmachung des Grundstücks hat schon jetzt 5,4 Millionen Euro mehr gekostet als vom Rat bewilligt. Die geplante Verdichtung des Geländes mit 3700 Rüttelstopfsäulen funktioniert so nicht, weil die Kampfmittelortung in dem erzhaltigen Abraum mit Metallsonden nicht möglich ist. Ein anderes Verfahren muss her. Die Kosten sind völlig ungewiss. Beim Scheitern drohen Millionen-Schadensersatzforderungen von den „Developern“, den Düsseldorfer Investoren. Und eine peinliche Panne.
Waschberge-Verfüllung war bekannt
In ihrer Beschlussvorlage für den Rat hatte die Stadt die „folgenreiche Entscheidung“ der damaligen und mittlerweile aufgelösten Innenhafen-Entwicklungsgesellschaft IDE als Grund für die jetzigen Probleme genannt. Statt wie „ursprünglich angedacht“ mit einem Sand/Kies-Gemisch sei das Hafenbecken nämlich damals mit den Waschbergen verfüllt worden.
Dass Abraum abgekippt wurde, war damals wie heute allerdings bekannt, wenn auch Stadtaussagen zunächst einen anderen Unterton der Überraschung vermitteln wollten. Aber auch Radiomeldungen 2008 berichteten öffentlich davon, dass damals 80 000 Kubikmeter Waschberge zum Innenhafen gekarrt wurden. Das war billiger als Kies und Sand. Auf Nachfrage bei der Stadt bestätigt diese jetzt auch, dass die IDE den Einbau von Waschbergen mit der Bezirksregierung damals abgestimmt habe.
Kopfschütteln bei Innenhafen-Kennern
Unmissverständlich der zweite Vorwurf der Stadt an die IDE: Sie habe damals die Baureifmachung und Verdichtung des Bodens mit den Rüttelstopfsäulen „unterlassen“ und die Stadt darüber nicht informiert. Deshalb sei man bei der Ausschreibung des Grundstücks davon ausgegangen, dass das Grundstück baureif ist. Erst „im Zuge der Vertragsverhandlungen mit dem Investor“ seien Zweifel an der Tragfähigkeit des Bodens aufgekommen. Das war „hier gänzlich unbekannt“, beteuert Stadtsprecherin Anja Kopka.
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Über den Kenntnisstand in der städtischen Bauverwaltung schütteln Innenhafen-Kenner dagegen den Kopf. Es sei allgemein bekannt, dass alle Grundstücke im Hafen wegen der Bodenbeschaffenheit mit Pfahlgründungen tragfähig gemacht werden müssen und wurden. Mit dem Vorgänger-Investor für das Grundstück, den Essener „Eurogate“-Machern Kölbl + Kruse“ soll nach WAZ-Informationen für die Baureifmachung vertraglich vereinbart worden sein, dass die Kosten der Stadt auf 90 Prozent des Grundstücksverkaufspreises von damals rund sechs Millionen Euro gedeckelt wurden. Dann scheiterte Eurogate und die Baureifmachung unterblieb. Eine Verdichtung „ins Blaue hinein“ ohne die Vorgaben eines konkretes Bauvorhaben und Investorenpartner, seien unüblich und unsinnig, heißt es.
Kosten für die Baureifmachung
„Die Fehler wurden nicht damals gemacht, sondern in jüngerer Zeit“, sagen auch jetzt Beteiligte, wenn auch nicht öffentlich. Kernvorwurf: Die Stadt hat sich bei dem Vertrag mit den Düsseldorfer Investoren „über den Tisch ziehen lassen“, kritisierte etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Enzweiler kürzlich. Juristisch unbedarft und in der Grundstücksfrage schlecht vorbereitet hätte die Stadt die Verträge geschlossen. Mit dem Ergebnis, dass sie das alleinige Risiko für die Baureifmachung hat. Der Vorwurf zielt auf den verantwortlichen Baudezernenten Carsten Tum (SPD), aber auch auf die mittlerweile nach Düsseldorf gewechselte Rechtsbeigeordnete Daniela Lesmeister (CDU). Aus ihrer juristischen Blauäugigkeit scheint die Stadt gelernt zu haben: Für die Nachverhandlungen mit dem Düsseldorfer Investor bewilligte der Rat jetzt bis zu 100 000 Euro für anwaltlichen Beistand.
>>> Schwierige Blindgängersuche
Weder alter noch neuer Fehler ist die brisante Frage der Blindgängersuche. 2007 galt das Grundstück als kampfmittelfrei. Es hieß, dass Blindgänger, die im einstigen Hafenbecken auf Wasser aufschlugen, nicht bis unter die Hafensohle absinken. So galt auch die Verfüllung mit Bergematerial als unproblematisch.
Erst seit wenigen Jahren gelten strengere Vorschriften zur Blindgängeruntersuchung auch tiefer im Hafenboden. Nur: Auf dem liegt jetzt die Meter dicke Abraum-Schicht, die das übliche Metalldetektorenverfahren unmöglich macht. Nun gilt ein Ionen-Neutron-Verfahren als einziger Weg der Kampfmittelortung.