Duisburg. Der Betriebsratsvorsitzende von Thyssenkrupp Steel, Tekin Nasikkol, dringt auf einen starken Europäischen Betriebsrat für das neue Joint Venture mit Tata Steel.
Es wird wohl noch einige Monate dauern, bis aus Thyssenkrupp Steel und Tata Steel offiziell ein neues Unternehmen wird. Über Risiken, Erwartungen und Auswirkungen des Joint Ventures sprach WAZ-Redakteur Willi Mohrs mit dem TKS-Betriebsratsvorsitzenden Tekin Nasikkol.
Die Arbeitnehmer haben nach langem Widerstand „Ja“ gesagt zur Stahl-Ehe mit Tata. Warum der Wandel der Einstellung?
Nasikkol: Durch den Tarifvertrag Zukunft und die von uns geforderten Gutachten zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Joint Ventures ist jetzt maximale Sicherheit gewährleistet.
Aber die Mitbestimmung ist durch die Verlagerung des Firmensitzes in die Niederlande doch eher eingeschränkt?
Die Entscheidung für die Niederlande ist ein Stück Flucht aus der Mitbestimmung. Diese geschwächte Mitbestimmung will ich ausgeglichen haben durch einen Europäischen Betriebsrat mit weitreichenden Kompetenzen und Zuständigkeiten. Da muss der Vorstand jetzt Farbe bekennen.
Und wenn der sich sträubt?
Ich werde die Belegschaft über die entsprechenden Verhandlungen über die Vertragsgestaltung laufend informieren. Das ist jetzt die Nagelprobe für den Vorstand. Unsere Belegschaft ist stark, und wenn wir feststellen, dass unsere Forderungen nicht ernst genommen werden, setzen wir uns in den Bus und fahren nach Amsterdam. Wir haben seit September mit vielen Aktionen eindrucksvoll bewiesen, dass Mitbestimmung kein Auslaufmodell ist, sondern Garant für die Interessenswahrung der Beschäftigten. Und wir werden auch künftig sehr kreativ sein, wenn es darum geht, Druck auszuüben für gute, faire Verhandlungen.
Sie sind nicht nur Vorsitzender des Stahl-Betriebsrates, sondern auch stellvertretender Vorsitzender des Thyssenkrupp-Konzernbetriebsrates – wird es dabei bleiben?
Ich habe für mich den Entschluss gefasst, meine gesamte Energie dem Joint Venture zu widmen und meine Aktivitäten im Konzern zurückzufahren. Ich will mich einsetzen für den Aufbau eines neuen starken Unternehmens, in dem die Mitbestimmung eine wichtige Rolle spielt.
Und den Sitz im Aufsichtsrat des Konzerns behalten Sie?
Nein. Der Stahlbereich wird im Konzern nur noch eine geringe Rolle spielen. Die inhaltliche Debatte findet in Zukunft nicht mehr im Aufsichtsrat der AG statt. Die strategische Arbeit wird im Aufsichtsrat des neuen Joint Ventures besprochen. Aus diesem Grund werde ich mich aus dem Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG zurückziehen und richte meine volle Konzentration auf den Stahlbereich.
Wann wird der neue Europäische Betriebsrat seine Arbeit aufnehmen?
Das wird nach dem sogenannten Closing, dem Vollzug des Joint Ventures geschehen. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit den Betriebsräten von Tata eine starke europäische Arbeitnehmervertretung zu gründen, ein Vertrauensverhältnis zwischen allen Standorten zu schaffen und eine gemeinsame Sprache zu sprechen.
>> HOCHÖFEN-STANDORTE RÜCKEN ZUSAMMEN
Thyssenkrupp Steel verfügt über vier Hochöfen in Duisburg, Hochofen-Standorte von Tata Steel sind Ijmuiden (NL) und Port Talbot (GB).
Das Gemeinschaftsunternehmen mit 48.000 Beschäftigten und einer Rohstahlproduktion von jährlich 21 Millionen Tonnen wird je zur Hälfte Thyssenkrupp und Tata gehören.