Duisburg. Der Rat der Stadt Duisburg steht am Montag vor schweren Entscheidungen. Die Mehrkosten für den Bau lassen ein Fass ohne Boden befürchten.
Es war zu schön, um wahr zu sein: Mit „The Curve“ schien endlich das elegante und grandiose Finale der Innenhafen-Entwicklung greifbar. Und jetzt stecken Stadt und Politik wieder in einem Dilemma, das verfahrenstechnisch, finanziell und juristisch unwägbar ist und Risiken birgt, die Ratspolitiker erschaudern lässt. Alte wie aktuelle Fehler holen Duisburg wieder ein, so dass manche schon von einem zweiten Küppersmühlen-Desaster sprechen. Die Probleme:
Der Boden
Die Stadt war vertraglich verpflichtet, für den Düsseldorfer Entwickler „The Developer“ das Grundstück auf ihre eigene Kosten baureif zu übergeben. Bei der Untersuchung des Bodens erlebte die von der Stadt damit beauftragte Gebag allerdings böse Überraschungen zur Tragfähigkeit des Untergrunds. Bodenproben widersprachen auch den ersten Gutachten. „Der Boden war völlig anders als erwartet“, so Gebag-Chef Bernd Wortmeyer. Das bisher geplante Verfahren, mit 3700 Rüttelstopfsäulen dem Baugrund Stabilität zu geben, stand zur Disposition. „Infolgedessen wurde gemeinsam mit den „Developern“ versucht, die Planungen für das Gebäude anzupassen, um dieses auch auf einem weniger tragfähigen Boden errichten zu können“, so die Stadt in einer Pressemitteilung.
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Sünden der Vergangenheit: Die Stadt hat die damalige Innenhafen Entwicklungsgesellschaft (IDE) als Verursacher im Visier: „Obwohl seinerzeit die Verfüllung des Hafenbeckens mittels Kies-Sand-Gemisch gutachterlich vorgegeben wurde“, habe sich die IDE 2007 „stattdessen für das Einbringen eines Abfallmaterials aus der Steinkohlegewinnung“ entschieden. Auch die „dringend erforderliche und ebenfalls vom Gutachter vorgegebene Verdichtung mittels sogenannter Rüttelstopfsäulen unterblieb ganz“, so die Stadt. Sie prüft Schadensersatzforderungen.
Weiteres Problem durch die Kohle-Waschberge: Sie sind so erzhaltig, dass die übliche Kampfmittelsondierung mit magnetischen Sonden nicht funktioniert. „Die schlagen dauernd an“, hieß es bei der Gebag. Also muss ein anderes Verfahren gesucht werden. Das kostet Zeit – und zusätzlich rund 500.000 Euro. Vorgesehen ist ein Beschuss des Bodens im „Ionen-Neutron-Verfahren“.
Und dann kam das Hochwasser, das Stadt und Gebag als ebenso kosten- wie zeitträchtigen Faktor anführen. Von November 2017 bis März 2018 standen die Arbeiten still. Erst im April zeigte sich dann laut Stadt das ganze Ausmaß der Bodenprobleme. Da war die Frist zur Baureifmachung schon abgelaufen.
Die Kosten
In der Zwischenzeit waren die Kosten deutlich gestiegen: 3,5 Millionen Euro waren dafür veranschlagt und vom Rat im Juli 2017 beschlossen. Sie sind jetzt schon auf 5,35 Millionen Euro gestiegen. „Um einen Fortgang der Entwicklung des Grundstücks sicherzustellen“, so die Stadt am Donnerstag in einer Mitteilung, wird dem Rat nun vorgeschlagen, der Erhöhung zuzustimmen. Nachträglich. Zusätzlich sollen 500 000 Euro für das alternative Verfahren der Kampfmittelsondierung beauftragt werden. Maximal 100 000 Euro kalkuliert die Stadt für Anwaltskosten.
Vor allem mit dem Investor muss die Stadt „wesentliche Vertragsinhalte neu verhandeln“. Er macht schon Mehrkosten für Umplanungen wegen des Bodens geltend. Auch die Zeitverzögerung kostet. Und sollte die Baureifmachung wegen der Kosten irgendwann gar nicht machbar sein, droht weiterer Schadensersatz für Planung und entgangene Gewinne. Schon jetzt soll eine Millionensumme ausgehandelt sein. Zugleich: Die „Developer“ wollen eigentlich weitermachen. Eine Stellungnahme gab es am Donnerstag indes nicht.
Erst nach weiteren Ergebnissen der Kampfmittelsondierungen und einem Konzept plus Kostenschätzung für die Baureifmachung des Grundstückes soll der Rat später weitere Entscheidungen treffen.
Politik in der Zwickmühle
Der Rat soll auf Antrag der Stadt „bekräftigen“, dass Duisburg „unter Wahrung der Kosten-Nutzen-Relation“ an der „The Curve“-Planung festhält. Bei Informationsrunden der Stadt in den Fraktionen von CDU und SPD war Mitte der Woche das Entsetzen groß. Es gab auch noch keine Entscheidungen über die Abstimmung am Montag. Auf Unmut stößt, dass ohne Zustimmung des Rates das Budget überschritten wurde. Vor allem Baudezernent Tum steht in der Kritik. Man fürchtet zudem ein „Fass ohne Boden“ bei der Bodenaufbereitung. Das alles erinnert an das Desaster des Küppersmühle-Kubus. Die Zwickmühle: Verweigert der Rat die Zustimmung, gibt’s keine „The Curve“ und viele verlorene Millionen obendrauf. Stimmt sie zu, kann sie eine Büchse der Pandora öffnen. Als Sparhaushaltskommune muss Duisburg zudem jonglieren und gegenüber der Finanzaufsicht belegen, woher sie das zusätzliche Geld nehmen will und was dafür gestrichen wird.