Duisburg. . Ein Säugling hat ein Schütteltrauma und einen Schädelbruch erlitten. Als Folge ist das knapp ein Jahr alte Kind blind. Angeklagte bestreiten Tat.
Der kleine Junge kuschelte mit einem Schmusetuch, spielte mit den Fingern seiner Mutter, die die Babyschale, in der er lag, auf und ab wippen ließ. Auf den ersten Blick eine schöne Szene. Wären da nicht die Augen des Kindes, die ziellos umher irrten, weil der Junge nur noch Hell und Dunkel voneinander unterscheiden kann. So sah er nicht seine Mutter und nicht den Gerichtssaal, in dem sich seine Eltern seit Dienstag verantworten müssen, weil sie ihn als Säugling schwer misshandelt haben sollen.
Folgen der Misshandlung sind nicht absehbar
Die Anklage wirft einem Neuenkamper (27) schwere Körperverletzung vor. Am 22. August 2017 soll er seinen damals knapp vier Monate alten Sohn so heftig geschüttelt haben, dass der Junge massive Hirnblutungen erlitt. Beiden Angeklagten, die sich meist gemeinsam in der Wohnung der 34-jährigen Frau in Obermarxloh aufhielten, legt die Staatsanwaltschaft gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung durch Unterlassung zur Last. Obwohl das Kind deutliche Symptome wie heftiges Erbrechen, Apathie und Schläfrigkeit zeigte, sollen sie eine Woche gewartet haben, bis sie den Säugling in die Kinderklinik des St. Johannes Krankenhauses in Hamborn brachten.
Dort wurden weitere Spuren von Gewalt festgestellt: So muss das Kind bereits zuvor mehrfach heftig geschüttelt worden sein. Außerdem wurde sein Kopf gegen einen harten Gegenstand geschlagen, so dass die Schädeldecke fast komplett auseinander brach. Die Folgen für das Kind sind noch nicht absehbar. Fest steht bislang nur, dass der Junge nahezu blind wird durchs Leben gehen müssen.
Angeklagter widerspricht sich selbst
Der Angeklagte redete zu Prozessbeginn viel und widersprach sich fortlaufend selber. Bei seiner Festnahme hatte er gestanden, das Kind geschüttelt zu haben, um es zu beruhigen. Unklar blieb allerdings, wie heftig er das tat. Später belastete er einen guten Freund als Mitschuldigen. „Der hat damit aber nichts zu tun gehabt“, beteuerte er gestern vor Gericht. „Ich habe das nur gesagt, um aus dem Knast heraus zu kommen.“ Seine Lebensgefährtin habe ihn dazu angestiftet, falsche Angaben zu machen und sie dadurch zu entlasten. Sie habe ihn auch davon abgehalten, früher zu einem Arzt zu gehen. In Textnachrichten hatte der 27-Jährige Freunden und Verwandten bereits am 22. August berichtet, sein Sohn sei gefallen.
Die Angeklagte, die von der Haft verschont blieb, will erst an dem Tag, an dem das Paar das Kind zum Krankenhaus brachte, festgestellt haben, dass es dem Jungen schlecht ging. „Ich weiß nicht, wie die Verletzungen entstanden sind“, so die 34-Jährige. Über ihren Ehemann will sie nichts Schlechtes sagen: „Er ist immer sehr liebevoll mit dem Jungen umgegangen.“
Bis 2. Mai sind zwei weitere Sitzungstage vorgesehen. Von zentraler Bedeutung wird das Gutachten einer Gerichtsmedizinerin am Ende der Beweisaufnahme sein.