Duisburg. . Für ihre neue CD setzte sich die Duisburger Sängerin Anke Johannsen mit zehn Fans in die Bahn. Gespräche als Inspirationsquelle für Songtexte.

Anke Johannsen ist in den vergangenen Monaten sehr oft mit dem Zug unterwegs gewesen. Das aber stets in Begleitung – und zwar mit Menschen, die ihre Musik mögen. Die Sängerin und Komponistin aus Duissern schöpfte aus zehn dieser Begegnungen und Gespräche die Texte für ebenso viele Lieder. Diese sollen auf einer CD erscheinen. Und diese trägt den so treffenden Titel „Zugvögel“.

Die Zeiten für Profimusiker sind schwierige. Immer weniger Hörer sind wegen Internet-Streamingdiensten bereit, etwas für Musik zu bezahlen. „Es besteht für uns Künstler eine eklatante Lücke zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung“, klagt die 36-Jährige. Wenn sie heute nach dem üblichen Prozedere ein neues Album aufnehmen wolle (zwei hat sie bereits veröffentlicht), dann ist das für sie nicht mehr ein Geschäftsmodell zum Geldverdienen, sondern eher eine riskante Investition.

So wird das Cover der „Zugvögel“-CD von Anke Johannsen aussehen. 
So wird das Cover der „Zugvögel“-CD von Anke Johannsen aussehen.  © Johannsen

Etwa 20 000 Euro benötigt Johannsen, um das Album nach ihren Vorstellungen aufzunehmen. Die Musiker, die ihre Songs einspielen, sowie das Anmieten des Studios oder das Ausleihen eines Konzertflügels – alles das kostet. Weil sie diesen Betrag nicht allein stemmen konnte, entschied sich die Sängerin, ihre treue Anhängerschaft mit ins Boot zu holen. Und über diese Kampagne kamen bislang 7000 Euro zusammen.

Dabei handelte es sich aber nicht um ein normales Crowdfunding-Projekt. Sie ließ stattdessen ihre Fans Teil des kreativen Prozesses werden, in dem sie zehn Begegnungen im Zug verloste. Jeder, der eine CD im Vorfeld bestellte, landete einmal im Lostopf. Daraus zog sie zehn Namen. Und mit den glücklichen Gewinnern fuhr Johannsen per Bahn zu einem Ort deren Wahl. Dabei war jedoch eigentlich immer der Weg das Ziel, denn unterwegs unterhielt sich die Künstlerin mit ihren Zufalls-Gesprächspartnern. Mal eine, mal acht Stunden.

„Manche von ihnen haben mir ihre ganze Lebensgeschichte erzählt. Andere schwärmten mir von ihrem tollen Stadtteil vor“, erinnert sich Johannsen, die auf ihren Reisen mit den „Zugvögeln“ gefühlt das halbe Bundesgebiet durchquert hat. Die längste Fahrt führte sie vom Bodensee in Baden-Württemberg hinauf nach Hamburg.

Alte Damen und Unternehmer

Unter den Zugvögeln waren ältere Damen, ein Unternehmer Mitte 50, aber auch eine junge Frau Mitte 20. Entsprechend bunt gemischt ist der Themenmix der zehn Songs geworden, die alle fertig getextet und komponiert sind.

Als exklusive Premiere hat Johannsen jedem der Zugvögel „seinen“ Song in einer Privatsession vorgespielt. „Das waren oft sehr rührende Momente“, erinnert sich Johannsen. Vor allem, wenn der Besungene so vieles aus dem vorherigen Gespräch plötzlich in einem Songtext wiederentdeckte. „Da wurde vielen erst richtig klar: Das ist ja ein Lied über mich.“

CD kann vorbestellt werden

Mit den zehn fertigen Stücken ist sie ebenso zufrieden wie mit dem gesamten Projekt. „Das ist Kreativität in ihrer schönsten Form. Es war eine Situation des gegenseitigen Gebens und Nehmens“, so die Künstlerin. Die Aufnahmen zum Album sollen zeitnah in einem Studio in Frechen erfolgen. Je mehr Menschen die CD vorbestellen (Infos: www.anke-johannsen.de), um so größer ist das Budget. Sollte es bei den bisherigen 7000 Euro bleiben, wird die Sängerin die Sache trotzdem durchziehen. „Ich werde auch damit irgendwie ein schönes Album aufnehmen.“