Duisburg. . Schlechte Wahlergebnise und starke AfD: Deshalb will die SPD näher ran an die Menschen und startet eine neues Format: Thekengespräche.
Die SPD will wieder dort hin gehen, wo es weh tut, um Wähler zurückzugewinnen. In diesem Fall heißt das: nach Neumühl, zum „Thekengespräch“. Bei der Bundestagswahl hat die AfD hier 29,69 Prozent der Zweitstimmen erreicht. Die SPD verlor deutlich. Nun stehen Oberbürgermeister Sören Link und Ralf Jäger, Duisburger Parteichef und Innenminister a.D. in der „Marktklause“ von Christa Rütter. Zahlreiche Parteifreunde, darunter die Abgeordneten Mahmut Özdemir, Frank Börner und Sarah Philipp haben sie mitgebracht. Es sind viele gekommen, um den Genossen die Meinung zu geigen. Die Luft ist stickig, die Stimmung hitzig. Es geht um Schule, soziale Zustände und darum, dass Politiker wieder „dem kleinen Mann“ zuhören sollen.
Schulsorgen der Menschen vor Ort
Eltern berichten von kaputten Fenstern und unhaltbaren Zuständen an Duisburger Schulen. „Mein Junge kommt nach Hause und muss ganz schnell aufs Klo, weil er in der Schule nicht gehen kann“, berichtet ein Vater und sagt entrüstet: „Wenn bei uns was kaputt geht, müssen wir sparen und Ausgaben planen, damit wir das Geld haben, um etwas zu reparieren.“ Ralf Jäger erläutert, dass es diesmal gar nicht am Geld liege, warum Reparaturen nur schleppend voran gehen, sondern viele Aufträge derzeit ausgeschrieben seien. „Wir haben uns dafür entschieden, das Geld auf viele Schulen zu verteilen, weil wir das für den richtigen Weg halten“, verteidigt OB Link das Vorgehen. So würden viele profitieren.
Daniela Jachmuths Kind besucht die Grundschule am Park. Die Schule befindet sich zwischen Marxloh und Röttgersbach und die Eltern wehren sich dagegen, dass dort Schulcontainer für weitere Klassen aufgestellt werden. „Wir wollen nicht alle Kinder aufnehmen, wir sind ein kleines System und bekommen jetzt schon mit, dass die Lehrer mit der Integration überfordert sind“, gibt Holger Pütz, Vorsitzender der Schulpflegschaft, zu bedenken. Doch Link verweist darauf, dass man über das Thema schon ausführlich gesprochen habe und sich an seiner Haltung, Container an sämtlichen Schulstandorten zu verteilen, nichts geändert habe.
Kopfschütteln und Szenenapplaus
Noch klarer fallen die Antworten aus, als sich zwei AfD-Anhänger outen und über „Asylanten“ und „Ausländer“ schimpfen. Sie hätten Angst, ihre Frauen auf die Straße zu schicken – gerade vor dem Hintergrund, was in Hamborn passiert sei. Ralf Jäger erinnert daran, dass seine Oma mit seiner Mutter auch geflohen sei. Link betont: „Unsere gemeinsame Basis ist der Rechtsstaat und der müsse klare Kante zeigen.“ Übrigens auch gegenüber Rechten, die gegen Ausländer hetzen. „In einer Stadt mit 500 000 Einwohnern sind 6000 Asylbewerber kein Problem für unsere Integrationsleistung. Die Zuwanderung sei das größere Thema – und das sind Europäer, die ein Recht haben, sich hier anzusiedeln“, ruft Link den beiden AfDlern entgegen. Kopfschütteln bei den beiden, Applaus vom Rest: „Bravo Sören!“
Die SPD soll sich wieder kümmern, fordert ein Zuschauer. Die Genossen hat er zuletzt nicht mehr gewählt. „Ich hab’ im Schienenwerk gearbeitet. Alle waren sie da und haben ihre Hilfe angeboten. Aber von den Politikern kommt nur Blablabla. Viele meiner Kollegen leben von Hartz IV.“ Sätze wie diese tun den Sozialdemokraten weh. Ralf Jäger sagt: „Wir sind heute hier, weil wir zuhören und die Menschen und Wähler zurückgewinnen wollen.“ Da bleibt noch viel zu tun. Die Tour der „Thekengespräche“ wird fortgesetzt.