Duisburg. Ein Abend voll Poesie, aber auch Politik: Katja Ebstein, einst Ikone des Schlagers, begeisterte im Duisburger Steinhof ihr Publikum.
Eigentlich soll ja nicht über das Alter von älteren Damen gesprochen werden, auch Männer jenseits eines gewissen Alters kontern Sprüche über den nahenden Exitus ja gerne mit schlecht gespieltem Defätismus. Aber Katja Ebstein, mit bürgerlichem Namen übrigens wesentlich spektakulärer „Karin Ilse Überall“, hat auch mit 72 Jahren auf dem Buckel noch eine Bühnenpräsenz, die sich viele Künstler in ihren 20ern nur wünschen können. Bühnenerfahrung und –präsenz zeigte Ebstein am Freitag im Steinhof in Huckingen, mit dem grandiosen Begleiter Stefan Kling am Flügel und dem Programm „Na und … wir leben noch“. Und obwohl die politisch und sozial engagierte Grande Dame des Eurovision Song Contests – damals noch ganz altbacken „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ – eine völlig alterslose Show ablieferte, erlebte das Publikum eine sehr ambivalente Vorstellung.
Weit weg vom Schlager
Aber erstmal wurde die geschundene Duisburger Seele ein bisschen gestreichelt, als der Gast nämlich über den Opernplatz gefahren sei, habe sie sich gedacht: „Duisburg hat sich gehübscht“. Im Gegensatz zur Stadt an Rhein und Ruhr hat sich Ebsteins Stimme kein bisschen verändert, die Jugendlichkeit war in Liedern und Gedichten oder während der Moderationen immer noch hörbar, genauso übrigens wie die Wandlungsfähigkeit der Stimme. Immer dem Thema ihrer Vorträge entsprechend klang die Stimme mal rau, mal süßlich, mal jung, mal alt, immer passend jedenfalls.
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Wer aber bloß mit seichtem Schlagereinerlei gerechnet hatte, wurde enttäuscht, beziehungsweise positiv überrascht, denn Katja Ebstein und Stefan Kling brachten eine extrem kurzweilige Show auf die Bühne. Hanns-Dieter Hüsch wurde zitiert, Robert Long gesungen, und viele andere Künstler tauchten auf die eine oder andere Weise im Programm auf. War die Show nun Konzert, Literaturlesung, Poesie? Nichts von allem, und doch von allem irgendetwas, das Publikum war jedenfalls begeistert von diversen Seitenhieben auf die Tagespolitik, die suizidale SPD war natürlich ein gefundenes Fressen, und Sprüche wie „wer weiß wie lange wir noch testen können, wie viel wir aushalten“ ernteten zustimmendes Raunen. Doppelter Boden und Sicherheitsnetz unter aller Sozialkritik von Ebstein war Stefan Kling, der am Flügel begleitete. Große Flexibilität, Überblick und traumwandlerische Sicherheit machten ihn zum idealen Begleiter.
Und da begannen gleichzeitig die Probleme mit Ebsteins Show. Natürlich war Kritik an der internationalen Waffenlobby, dem internationalen Waffenlobbyisten Trump und den Rassisten von der AfD wichtig und richtig, viel zu oft arteten Ebsteins Ausführungen zu anderen Themen aber in unangenehme Predigten aus, teils diametral entgegengesetzt zu anderen Abschnitten ihres Programms. Da wurde plötzlich ganz generalisiert „der Türke“ für die antidemokratische Bewegung Erdogans herangezogen, nationale Probleme wurden den „Geheimdiensten der USA“ in die Schuhe geschoben, Xavier Naidoo wäre stolz.
Diese und andere Themen, zum Beispiel grobe Kritik an der Globalisierung, stießen im Publikum in der Hitze des Gefechts zwar auf große Zustimmung, der ein oder andere dürfte sich nach der Show aber schon gefragt haben, ob er da nicht bloß demselben billigen Populismus aufgesessen ist, den Katja Ebstein an anderer Stelle verurteilte.
>> Unvergessen: „Wunder gibt es immer wieder“
Katja Ebstein ist seit 35 Jahren auf der Bühne und hat in dieser Zeit über 30 Alben veröffentlicht. International bekannt wurde sie mit dem dritten Platz beim Eurovision Song Contest 1970 („Wunder gibt es immer wieder“) , dem ein weiterer dritter und 1980 zweiter Platz folgten, was sie zur damals erfolgreichsten deutschen ESC-Teilnehmerin machte.
Sie hat unzählige Pop-Songs und Lieder veröffentlicht. Sie war außerdem ganz früh dabei, internationale Songpoeten wie Cat Stevens, Bob Dylan, Leonhard Cohen, Stevie Wonder in deutscher Sprache zu interpretieren. Auch Gedichte von Heinrich Heine und Bertold Brecht gehören zu ihrem Repertoire