Duisburg. . 1978 wurde das Duisburger Frauenhaus vom Verein „Frauen helfen Frauen“ gegründet. Gabriele Bernatek und Ayse Erkan haben dort gelebt.

Seinen 40-jährigen Geburtstag feiert das vom Verein „Frauen helfen Frauen“ gegründete Frauenhaus am Dienstag. Das Haus hat schon einigen Hilfesuchenden Zuflucht geboten – so auch Ayse Erkan und Gabriele Bernatek, die sich an ihre Zeit dort erinnern.

Wieso sind Sie damals ins Frauenhaus gegangen?

Gabriele Bernatek: Mein Mann ist ständig fremdgegangen. Das war also mehr psychischer Terror als Gewalt. Er hatte mit einer anderen Frau noch eine Beziehung. Das war nicht mehr tragbar, auch nicht für meine Kinder. 1995 bin ich dann ins Frauenhaus.

Ayse Erkan: Ich war getrennt von meinem Mann, aber er ist immer wieder zu mir gekommen. Die Gewalt nahm kein Ende. Deshalb bin ich 1997 ins Frauenhaus gezogen.

Erstes Gespräch in der Beratungsstelle

Wie lief der Einzug ab?

Bernatek: Zuerst hat man angerufen und sich in der Beratungsstelle getroffen. Nach dem Gespräch wurde ich zum Frauenhaus begleitet. Wir hatten Glück, meine Kinder und ich konnten in ein Zimmer. Leicht war das aber nicht, man weiß nicht, was dort auf einen zukommt und muss mutig sein.

Erkan: Eine Ärztin hat mir den Platz vermittelt. Ich wusste vorher gar nicht, dass es Frauenhäuser gibt. Ich war drei Tage lang im Frauenhaus und bin dann nach Hause. Als ich zurück war, hat er versprochen, er würde nicht mehr kommen und hat die Schlüssel abgegeben. Aber meine Wohnungstür war leider leicht zu öffnen für ihn. Dann war er wieder da. Ich habe meine Kinder genommen und bin ins Frauenhaus.

Was haben Sie im Frauenhaus gemacht?

Erkan: Wir mussten mit unserem Geld auskommen und für uns sorgen. Außerdem hatte jeder Dienste. Einmal in der Woche gab es eine Sitzung, in der wir Probleme besprochen haben. Das war schön eigentlich. Wir haben uns dort nicht nur selbst geschützt und sicher gefühlt, sondern andere auch dabei unterstützt, selbstbewusster zu werden.

Bernatek: Außerdem gibt es jede Menge Amtswege für de Frauen, die sie bewältigen müssen. Die Mitarbeiterinnen im Büro des Frauenhauses schubsen die Bewohnerinnen in die Selbstständigkeit. Damals konnte ich noch kaum Deutsch sprechen. Die Mitarbeiterinnen haben mir Mut gemacht und Wege aufgezeigt.

Später folgte eine Ausbildung zur Kinderpflegerin

Hat sich Ihr Leben danach verändert?

Bernatek: Nach meiner Zeit dort konnte ich im Kinderbereich des Frauenhauses arbeiten. Später habe ich eine Ausbildung zur Kinderpflegerin gemacht. Jetzt arbeite ich im Kindergarten. Alles dank dem Frauenhaus. Selbst hätte ich das nicht geschafft und mir nicht zugetraut.

Erkan: Jahrelang wollte ich den Hauptschulabschluss machen, wusste aber nicht wie. Bis die Mitarbeiterinnen vom Frauenhaus mir gesagt haben, dass es eine Volkshochschule gibt. Von da an ging es bei mir bergauf. Mittlerweile bin ich in der ambulanten Pflege tätig.

Wie war denn das Miteinander im Frauenhaus?

Erkan: Manchmal gab es kleine Konflikte, aber das war wie eine Familie. Wir haben Geburtstage und Weihnachten zusammen gefeiert. Meinen Glauben habe ich auch dort ausgelebt, zum Beispiel unser Ramadan-Fest. Das haben wir gemeinsam gefeiert. Ich habe so viele schöne Bilder von damals im Kopf. Wir ehemaligen Bewohnerinnen haben teilweise noch immer Kontakt.

Wie blicken Ihre Kinder auf diese Zeit zurück?

Erkan: Der Vater hat meine Kinder immer gehetzt, die haben gemischte Erinnerungen. Er war andauernd in der Nachbarschaft und hat die Kinder gerufen. Die hatten richtige Probleme. Er hatte zwar Rechte, die Kinder zu sehen, die haben aber mit der Angst gelebt.

Bernatek: Die Väter denken, die würden uns das Leben dadurch schwer machen, auch wenn sie den Unterhalt nicht zahlen. Sie bestrafen aber ihre eigenen Kinder.

Finanzierung bereitet dem Frauenhaus Probleme 

Seit 21 Jahren arbeitet Hiltrud Limpinsel im Frauenhaus. Sie vermisst Unterstützung seitens der Politik.

Wie entstand das Frauenhaus?

Hiltrud Limpinsel: Der Verein „Frauen helfen Frauen“ hat sich 1977 mit dem Ziel gegründet, ein Frauenhaus in Duisburg zu eröffnen. Am 20. Februar 1978 wurde eine erste Wohnung angemietet. Die war das erste Frauenhaus im Ruhrgebiet. 1979 ist dann ein Haus angemietet worden.

Wie ging es dann weiter?

Die Frauen haben dort ehrenamtlich gearbeitet. 1979 wurden dann die ersten Gelder für bezahlte Stellen innerhalb der Frauenhausarbeit bewilligt. Mittlerweile gibt es vier Stellen und Platz für acht Frauen und 14 Kinder.

Frauenhäuser in Duisburg sind oft belegt

Reicht das denn?

Hiltrud Limpinsel.
Hiltrud Limpinsel.

Überhaupt nicht! Die meiste Zeit sind die Frauenhäuser in Duisburg voll belegt. Wir haben noch eine landesweite Website, wo man sehen kann, wo noch Platz ist. Die hilft aber nicht viel, wenn die gesamte Rhein-Ruhr-Schiene voll ist, was oft vorkommt.

Wie finanzieren Sie sich?

Mit Geld vom Land für Personalstellen sowie Spenden. Wir bekommen für jede Frau mit Anspruch auf beispielsweise Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld etwas Geld. Wenn die Frauen aber keinen Anspruch auf sowas haben, gibt das oft finanzielles Probleme.

Nehmen Sie die trotzdem auf?

Wir versuchen, es zu vermeiden, finden das aber nicht gerecht. Jede Frau und jedes Kind sollte Schutz bekommen. Daher fordern wir seit vielen Jahren Geld von Land, Staat und Kommune.

Klappt es mit der Geheimhaltung des Frauenhauses?

Viele Leute wissen, wo es ist. Männer oft eher als Frauen. Und die Taxifahrer wissen das leider auch. Es gab auch schon drei Tötungen, die wir erleben mussten.

Was sind die schönsten Momente in Ihrem Beruf?

Ich bin mit einer schwangeren Bewohnerin ins Krankenhaus gefahren und war bei der Geburt dabei. Ich habe ihre Hand gehalten und mit ihr geatmet und durfte dann sogar das Neugeborene in den Händen halten.