Dr. Manhardt Barthelmie zeigt in seinem Kunstraum im Mercatorhaus Bilder aus der Porträtserie mit Lastenträgern und der Reihe „Books for sale“.
Kalkutta, das seit 2001 bengalisch Kolkata heißt, ist in Deutschland oft der Inbegriff von Armut. Aber wie überall auf dem indischen Subkontinent ist die Armut ein Mosaikstein in einem farbenreichen, faszinierenden, in seiner Fülle unbeschreiblichen Bild. „Wer weiß schon, dass große indische Filmemacher und Schriftsteller aus Kolkata kommen oder dass es eine Universität und viele Verlage gibt?“, sagt Dr. Manhardt Barthelmie, der als Zahnarzt seit 2007 fast jährlich in Südindien unentgeltlich Kinder behandelt und damit die großen Schattenseiten der indischen Gesellschaft kennt.
In seinem 2016 eröffneten Kunstraum im Mercatorhaus an der Königstraße zeigt der Duisburger jetzt die Ausstellung „Fotografie aus Indien“ mit zwei Serien von Anja Bohnhof aus den Jahren 2009 und 2012, die zuvor im Osthaus-Museum in Hagen zu sehen waren. Dort hat Barthelmie die Künstlerin besucht und eingeladen.
Die renommierte Fotografin aus Dortmund hat mit den Bahaks, den Lastenträgern, und den kleinen Buchläden entlang der Collegestreet im alten Universitätsviertel Kolkatas Motive fotografiert, die jeden Touristen staunen lassen. Ihre künstlerischen Arbeiten sind natürlich weit entfernt von touristischen Schnappschüssen; Anja Bohnhof hat die Lastenträger nicht im hierzulande unvorstellbaren Gewühl der Straßen fotografiert, sondern sie mit ihren Lasten, die sie auf Rikschas, Fahrrädern, einem Joch oder auf dem Kopf transportieren, in ein provisorisches Straßenstudio gebeten. Vor neutralem Hintergrund sind oft in kurzer Zeit Porträts entstanden von Menschen, die als Tagelöhner alle erdenklichen Waren durch die überfüllten Straßen befördern – von Baumaterialien über Möbel und Kohle bis hin zu Lebensmitteln. Menschen, die oft hinter den voluminösen, schweren Lasten verschwinden, sie aber wunderbarerweise durch die Gassen bugsieren, ohne dass diesen Gütern, von denen man stets fürchtet, dass sie herunterfallen, etwas passiert. Die ein hartes Leben am Rande des Existenzminimums führen.
Die Serie „Books for sale“ zeigt eine weitere Facette des Straßenbildes. Diese Buchläden, kaum größer als ein Schrank, sind vollgestopft mit (neuen und gebrauchten) Druck-Erzeugnissen, die sich auf dem Boden oder in Regalen stapeln. In unseren hygienisch eingeschweißten Buchwelten hätten sie kaum die Chance, verkauft zu werden. 10 000 solcher Buchläden gibt es im alten Universitätsviertel Kolkatas, und wohl nur die Händler selbst wissen, wo in diesem Labyrinth aus Millionen von Büchern ein bestimmter Titel zu finden ist.