Duisburg. . Bis 2027 gehen in Duisburg 35.000 Arbeitnehmer in Rente, 21.000 sind Fachkräfte. Das Problem: Unternehmen finden nur schwer Nachwuchskräfte.
Die Duisburger Wirtschaft muss sich in den kommenden Jahren auf einen zunehmenden Fachkräftemangel einstellen. Bis 2027 werden altersbedingt rund 35 000 Arbeitnehmer und damit jeder fünfte Beschäftigte aus dem Erwerbsleben ausscheiden, darunter rund 21 000 Fachkräfte, 4300 Spezialisten und 4800 Experten. Etwa 4700 Arbeitnehmer werden aus einer Helfertätigkeit heraus in den Ruhestand gehen. Zahlen, die dem Unternehmerverband Sorge bereiten.
Nicht nur schriftlich bewerben
Spürbar wird der Fachkräftemangel vor allem in den Berufsgruppen der Alten,- und Krankenpflege, Erzieher, Ärzte und Ingenieure, aber auch im Handwerk. „Es wird für die Unternehmen immer schwieriger, die richtigen Mitarbeiter zu finden. Deswegen müssen wir im Ruhrgebiet die Rahmenbedingungen verbessern, damit auch qualifizierte und hochqualifizierte Fachkräfte hier ihre Zukunft sehen“, erklärte Wolfgang Schmitz Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes, zum Jahresabschluss. Hierzu gehörten attraktive Möglichkeiten des Wohnens genauso wie eine gute und bezahlbare Kinderbetreuung.
Doch auch dann müssen erst einmal Firmen und Bewerber zusammen kommen. Und dies scheitert oft schon an der Bewerbung, weiß Astrid Neese, Chefin der Agentur für Arbeit. Unternehmen und Bewerber müssten „kreativ neue Wege gehen“, sagt sie. Dazu gehöre auch, dass sich Bewerber nicht nur schriftlich auf eine Stellenausschreibung melden. Die klassischen Verfahren seien nicht mehr automatisch erfolgreich. Für beide Seiten.
Erfolgreiches Blind-Date
„Vielfach sind nicht die Schulnoten oder Zeugnisse ausschlaggebend, ob man eine motivierte Nachwuchskraft für seinen Betrieb findet. Doch leider scheitern viele Jugendliche an dieser Hürde und haben nicht die Chance bis zu einem Vorstellungsgespräch vorzudringen“, weiß die Chefin der Agentur für Arbeit in Duisburg. Diese ist bereits im vergangenen Jahr zusammen mit der IHK einen neuen Weg in der Vermittlung von Jugendlichen in eine Lehrstelle gegangen. Bei einem „Blind Date“ trafen erstmals Firmen und motivierte Bewerber aufeinander – die Zeugnisse wurden erst nach dem Gespräch überreicht.
Eine dieser Jugendlichen war Anastasia Voikova. 70 Bewerbungen hatte sie zuvor geschrieben und nur Absagen bekommen. Beim „Blind-Date“ konnte sie einen alteingesessenen Duisburger Raumausstatter, Raumdesign Dommers, überzeugen. Sechs Tage später hatte sie den Ausbildungsvertrag in der Tasche.
Eine Fortsetzung von „Blind-Date“ ist für dieses Jahr geplant. Denn der Ausbildungsmarkt bleibe auch in 2018 eine „Herausforderung.“ Angesichts der prognostizierten Zahlen des Fachkräftemangels in zehn Jahren müssten die Firmen auch bedenken, dass eine Ausbildung in der Regel zwar nur drei Jahre dauert, „aber eine richtige Fachkraft braucht Erfahrung“, sagt Astrid Neese. Und die könnte sie vielleicht in sechs, sieben Jahren gesammelt haben, aber nicht direkt nach der Ausbildung.
Nur 17 Prozent der Arbeitsstellen richten sich an Helfer
Hinzu komme: 60 Prozent aller Arbeitslosen in Duisburg verfügen über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Aber nur 17 Prozent aller gemeldeten Arbeitsstellen in Duisburg richten sich an Helfer, zwei Drittel eben an Fachkräfte.
Und deshalb setzt die Agentur für Arbeit auch in 2018 auf eine abschlussorientierte Qualifizierung von Geringqualifizierten beispielsweise in der Lagerwirtschaft, Verwaltung, Altenpflege oder auch bei kaufmännischen Ausbildungen. Und sie bietet weiterhin die assistierte Ausbildung und verschiedene berufsvorbereitende,- oder auch begleitende Bildungsmaßnahmen an. Für diesen Bereich der Förderung standen 2017 rund 11,2 Millionen Euro zur Verfügung. „Und auch in diesem Jahr“, so Astrid Neese, „werden diese Maßnahmen nicht am Geld scheitern.“ Die Unternehmen müssten aber bereit sein, diesen Weg zu gehen.