Duisburg. . Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung wird 30 Jahre alt. Es forscht zur extremen Rechten, zu Flucht, Rassismus und Antisemitismus.
Sie haben es hochkochen sehen damals, bevor 1993 das Haus einer türkischen Familie in Solingen brannte. Und sie sehen die gleiche Wut und Aggression von Rechts auch heute wieder brodeln. Die Wissenschaftler des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) forschen zu Themen wie Einwanderung und Flucht, Rassismus, Antisemitismus und zur extremen Rechten – immer mit dem Ziel, soziale Missstände analytisch aufzudecken. Nun feiert das Institut sein 30-jähriges Bestehen. Und hätte genügend Arbeit für die nächsten 30 Jahre.
1987 gründeten der Duisburger Hochschullehrer Prof. Dr. Siegfried Jäger und seine Frau Margarete zusammen mit einem Team engagierter Wissenschaftler und Studenten das Institut mit Sitz an der Siegstraße am Innenhafen. „Damals gab es eine Welle von Rechts, die Republikaner waren gerade ins Europaparlament eingezogen und die NPD in einigen Landtagen vertreten“, erinnert sich Margarete Jäger. „Dem wollten wir etwas entgegensetzen.“ Das war der Anstoß dafür, dass sich die Wissenschaft überhaupt mit dem Thema Rechtsextremismus befasste.
Archiv rechter Publikationen
Verschiedene Arbeitskreise des Instituts beschäftigen sich fortan mit dem Rechtsruck, insbesondere mit dem völkischen Nationalismus zu dem der Historiker Helmut Kellershohn im Institut forscht. Über Duisburg hinaus haben sie sich einen Namen gemacht mit der „Kritischen Diskursanalyse“, einer Methode, die Impulse für eine kritische Forschung gibt. Damit zerpflücken die Wissenschaftler systematisch Publikationen der Rechten und analysierten sie nach Inhalt und Form. „Wir fragen: Was wird gesagt und wie wird es gesagt, welche Effekte hat das?“ Dafür sammelten sie rechtsideologische Schriften und legten ein Archiv an, das bundesweit zu einem der umfangreichsten Archive rechter Publikationen angewachsen ist. „Dieses öffnen wir etwa für Journalisten oder Wissenschaftler, die zum Thema forschen“, sagt Margarete Jäger.
Mit dem Erstarken der AfD erleben die Forscher ein Déjà-vu. Fast 25 Jahre nach dem Anschlag von Solingen werden nationalistische Töne laut – das sei einerseits frustrierend. Andererseits haben die Wissenschaftler festgestellt: „Der Widerstand ist größer geworden.“
Hassreden in Internet-Netzwerken
Dennoch: Ausgrenzungen und Hassreden in der Gesellschaft nehmen zu, gerade in den sozialen Medien, weiß auch Jobst Paul, der als Germanist für das Institut arbeitet. „In unserem Arbeitskreis analysieren wir auch Veröffentlichungen im Netz.“ Der Rechtsruck zeige, „dass die Analyse von Ausgrenzungsdiskursen und der Einsatz für mehr Gerechtigkeit auch von wissenschaftlicher Seite weiterhin dringend notwendig ist“, so Jäger.
Gerne würden sie in Duisburger Schulen Projekte mit Schülern anleiern. Gerade hier sehen Margarete Jäger und ihre Kollegen Bedarf: Schließlich ist Aufklärung das beste Mittel gegen Populismus, Fake News und rechte Parolen. Doch dafür reichen die Mittel nicht aus. Denn die zwei fest Angestellten, zwei Honorarkräfte und etwa sieben Ehrenamtliche finanzieren ihre Arbeit vor allem durch öffentliche Fördergelder – und sind damit chronisch unterfinanziert. „Daher sind wir stark auf Stiftungen und private Förderer angewiesen“, sagt Margarete Jäger. Ein Förderkreis decke die Grundkosten und stehe für Interessierte jederzeit offen.