Duisburg. . Zahlreiche Beteiligte des Loveparade-Prozesses wunderten sich, dass am ersten Verhandlungstag so wenige Zuschauer teilnehmen wollten.
Als Klaus-Peter Mogendorf kurz vor Beginn des Loveparade-Prozesses seinen Blick in Richtung Besucherbereich richtet, ist ihm die Enttäuschung, die er in diesem Moment verspürt, sofort anzusehen. „Ich hätte mit einem viel größeren Interesse gerechnet“, sagt der Architekt (61) aus dem Landkreis Osnabrück, der bei der Katastrophe vor knapp siebeneinhalb Jahren seinen Sohn Eike verlor. „Ein voller Saal wäre ein sichtbares Signal nach außen gewesen, dass die Öffentlichkeit an einer Aufklärung interessiert ist. Aber das...“, sagt er, zeigt auf die verwaisten Stuhlreihen und schüttelt ratlos den Kopf.
Erwartet wurde ein Massenandrang
Exakt 234 Plätze hatte das Landgericht Duisburg in jener Halle der Messe Düsseldorf, die in den kommenden Monaten als Gerichtssaal fungieren wird, für interessierte Besucher reserviert. Erwartet wurde ein Massenandrang. Entsprechend groß war auch die Riege der Justizbeamten im Eingangsbereich, die den Einlass an der Sicherheitsschranke steuerten. Letztlich waren es laut Landgerichtssprecher Dr. Matthias Breidenstein aber nur knapp 50 neugierige Betrachter. So regierte auf den sichttechnisch besten Plätzen im Mittelbereich eine ungeahnte, gähnende Leere.
An den Rändern knubbelte es sich hingegen. Hier die zehn Angeklagten mit ihren 32 Rechtsbeiständen, auf dem gegenüberliegenden Flügel die 65 Nebenkläger mit insgesamt 38 Anwälten, darunter auch Klaus-Peter Mogendorf und seine Frau Stefanie sowie die in Hochheide lebende Edith Jakubassa. Die Mutter der verstorbenen Marina – das einzige der 21 Loveparade-Opfer, das aus Duisburg kam – wollte sich nicht öffentlich zu ihren Erwartungen und ihrer Gefühlslage äußern. Die Anspannung stand ihr aber deutlich ins Gesicht geschrieben.
Zwei Notfallseelsorger und zwei Psychologinnen
Für alle Prozessteilnehmer, vor allem aber für die Hinterbliebenen und die als Nebenkläger auftretenden Verletzten, stand ein vierköpfiges Helferteam bereit – bestehend aus zwei Notfallseelsorgern und zwei Psychologinnen. „Wir haben einige der Angehörigen in den Gerichtssaal begleitet und auch schon einige Gespräche geführt. Bislang wirkten auf mich alle noch recht ruhig und gefasst“, beschrieb der Duisburger Notfallseelsorger Richard Bannert in einer der vielen Prozess-Unterbrechungen seine Eindrücke. An jedem der bislang terminierten 111 Prozesstage wird dieses Hilfsangebot zur Verfügung stehen. Das bestätigte auch Pfarrer Jürgen Widera aus dem Vorstand der Loveparade-Stiftung „Duisburg 24.7.2010“, die sich um die Hinterbliebenen kümmert.
„Eine Prozessbegleitung durch Notfallseelsorger über einen solch langen Zeitraum gab es bislang in Deutschland nicht. Für uns ist das deshalb Neuland, wir konnten niemand nach seinen Erfahrungen befragen“, erklärte der 60-jährige Richard Bannert. Die Zahl der psychologischen Betreuer könne je nach Bedarf aufgestockt oder reduziert werden. „Es wird aber immer jemand bereitstehen, um Hilfesuchende aufzufangen“, so Bannert.
>>DIE LANGE LISTE DER PROZESS-BETEILIGTEN
Zu den zehn Angeklagten zählt auch der frühere Duisburger Baudezernent Jürgen Dressler. Er traf mit seinen beiden Rechtsbeiständen um 8.50 Uhr vor der Messehalle in Düsseldorf ein. Zunächst reihte sich das Trio versehentlich in die Warteschlange der Nebenkläger ein, wurde dann aber von Justizbeamten zum separaten Angeklagten-Eingang beordert.
Sechs der zehn Angeklagten sind aktuelle oder frühere Mitarbeiter der Duisburger Stadtverwaltung, vier gehören zum Loveparade-Veranstalter Lopavent.
Es dauerte allein 18 Minuten, bis Richter Mario Plein die Anwesenheit aller Angeklagten, Nebenkläger und Rechtsbeistände festgestellt hatte.