Duisburg. Der jüngste Fall: Ein 14-jähriges Mädchen wird beim Ladendiebstahl erwischt. Das Jugendamt wird aktiv. Doch der Hilfe sind Grenzen gesetzt.

„Junge Diebinnen verstecken Tiefkühlware unterm Rock“ - diese Polizeimeldung war Anfang der Woche die meistgeklickte Schlagzeile in Duisburg. Zwei Mädchen hatten versucht, mit ihrer derart versteckten Beute aus einem Discounter abzuhauen. Eine der Diebinnen schaffte es, mit Hilfe eines Mannes zu flüchten, die andere blieb, versteckte im Tumult ihre Beute und behauptete später, sie habe nichts geklaut. Überwachungsvideos überführten sie allerdings. Die Polizei übergab die 14-Jährige, die ohne festen Wohnsitz in Deutschland ist und keine Erziehungsberechtigten nennen wollte, dem Jugendamt.

Bereitschaftsdienst wird aktiv

Doch was macht das Jugendamt in seinem solchen Fall? Wie kann es einem jungen Mädchen mit einer gewissen kriminellen Energie helfen? Hinrich Köpcke, der stellvertretende Amtsleiter, kann zum Einzelfall wegen der Schweigepflicht nichts sagen. Allgemein nimmt das Jugendamt immer dann einen Minderjährigen in Obhut, wenn Gefahr droht - das kann durch innerfamiliäre Gewalt bedingt sein, durch die Tatsache, offenbar ohne Erziehungsberechtigte unterwegs zu sein - oder auch auf Bitten des Kindes hin. Eine Straftat allein sei kein Grund für eine Obhutnahme, sagt Köpcke.

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Die Kinder werden durch einen Bereitschaftsdienst des Jugendamtes bei der Polizei aufgesammelt und je nach Alter und Verfügbarkeit in eine Bereitschafts-Pflegestelle oder eine Wohngruppe gebracht. „In Duisburg kommen solche Fälle 80 bis 100 mal pro Jahr vor“, sagt Köpcke. Hinzu kämen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, um die man sich ebenfalls kümmere.

Gesetzlich ist das Jugendamt verpflichtet, die Eltern zu informieren, um mit ihnen einen Prozess zur Rückkehr in die Familie zu gestalten. Geht das nicht, weil sich etwa das Kind weigert oder weil die Familiensituation gar nicht geeignet erscheint, dann wird das Familiengericht eingeschaltet. Gemeinsam wird dann eine Lösung gesucht, auch im Familienumfeld, etwa bei Großeltern.

Es gilt die Freiwilligkeit

Mit Mädchen wie der jungen Diebin würde man sich intensiv beschäftigen, sagt Köpcke. Man müsse eventuell einen Dolmetscher einschalten, im Herkunftsland Kontakt zur Familie knüpfen, Konsulate informieren, natürlich auch den Diebstahl aufarbeiten. „Jeder Fall ist anders“, betont Köpcke.

Ob im konkreten Fall die 14-jährige Tiefkühlkost-Diebin die ihr angebotene Hilfe annehmen wird, ist wohl eher fraglich. Denn das Mädchen machte sich dann doch flugs wieder auf den Weg zu ihrer Familie und ließ die Stadtgrenze hinter sich. Laut Polizei gibt es sogar Fälle, da springen die Jugendlichen schon auf dem Weg ins Heim an der ersten roten Ampel aus dem Auto und verschwinden. „Das ist aber die Ausnahme“, betont Köpcke und betont, dass bei der pädagogischen Arbeit das Gebot der Freiwilligkeit gilt, Zwangsmaßnahmen seien weder gesetzlich erlaubt noch pädagogisch sinnvoll.

>> EIN BLICK IN DIE STATISTIK

In der Kriminalitätsstatistik 2016 für NRW heißt es, dass der Anteil der unter 21-Jährigen als Tatverdächtigen bei 21,7 % liegt und leicht gestiegen sei, insgesamt aber auf dem zweitniedrigsten Stand seit über 40 Jahren gesunken sei.

Insgesamt gehe die Zahl jugendlicher Straftäter zurück. Das bestätigt auch die Duisburger Polizei. Im Vergleich 2016 zu 2015 sank die Zahl der Tatverdächtigen unter 14 Jahren um 4,66 Prozent von 686 auf 654, bei den 14- bis 18-Jährigen stieg sie allerdings um 2,6 Prozent von 1575 auf 1616.

2013 hatte die Polizei mit den sogenannten „Klau-Kids“ zu kämpfen - einer Bande minderjähriger Straftäter, die Bankkunden an Geldautomaten ausraubte.