Duisburg. Christine Rotermund-Lehmbruck und Detlef Lehmbruck berichteten im Gespräch „Lehmbruck privat“ über prägende Erlebnisse und Erinnerungen.
- In der wissenschaftlich orientierten Reihe der „Lehmbruck Lectures“ ging es diesmal um „Lehmbruck privat“
- Christine Rotermund-Lehmbruck und Detlef Lehmbruck im Gespräch mit Marion Bornscheuer und Jörg Mascherrek
- Der früh aus dem Leben geschiedene Künstler spielte in den Familien seiner Söhne eine prägende Rolle
Ihren 1919 aus dem Leben geschiedenen Großvater Wilhelm Lehmbruck haben seine Enkel nicht kennen lernen können. Aber schon in ihrer Kindheit spielte „Kunst ganz selbstverständlich die erste Rolle“ – sowohl bei Christine Rotermund-Lehmbruck, die wie ihr Vater Manfred Architektin wurde, als auch bei Detlef Lehmbruck, der als Jurist (wie sein Vater Guido) und Musikwissenschaftler das Theater-Ressort im niedersächsischen Kultusministerium leitet. „Wir haben mit den Figuren gelebt, das war sehr prägend“, so die Enkelin. „Es gab zwei Typen: Die großen, schwarzen waren unempfindlich, da konnte man drumherum Fußball spielen, die hellen durften nicht umfallen“, so der Enkel.
Über Ausstellungsbesuche angenähert
Beide waren zu Gast in der Reihe der „Lehmbruck Lectures“, mit der das Museum seinen Namensgeber zumeist wissenschaftlich, diesmal aber privat beleuchtete. Das Wissen über ihren Großvater wurde den Lehmbruck-Nachfahren vor allem über ihre Väter vermittelt: den 1913 geborenen Manfred und den 1917 geborenen Guido Lehmbruck, die ihrerseits ihren Vater kaum erlebt haben. Der Künstler verbrachte prägende Jahre in Paris, seine Söhne und ihre Familien wurden in Stuttgart heimisch.
Ihn hätten stets die „wunderbaren Kisten“ beeindruckt, die die Kunstspedition um die Skulpturen baute, wenn die Werke für Ausstellungen abgeholt wurden, erinnert sich Detlef Lehmbruck. Seine Cousine Christine wiederum gestand, dass „Der Gestürzte“ in ihrer Garage stehe. Beide haben sich dem Werk ihres Großvaters vor allem bei Ausstellungsbesuchen angenähert. „Wir haben viel mit Christoph Brockhaus erlebt“, so Detlef Lehmbruck mit Blick auf den ehemaligen Museumsdirektor, der im Publikum saß und den Ankauf des Nachlasses für Duisburg betrieben hat. Stets sei klar gewesen, dass Duisburg „die Heimstatt fürs Museum sein sollte“, so Detlef Lehmbruck.
Kunst des Großvaters benötigt Stille
„Mein Vater hat viel Herzblut in diesen Trakt gelegt“, erinnert sich Christine Rotermund-Lehmbruck daran, wie der Architekt für diesen besonderen Teil des Museums die Skulpturen klein in Holz geschnitzt hat, um die richtige Platzierung und Beleuchtung zu finden. „Dass er das Museum bauen durfte, war ein großes Erlebnis.“ Für sie als Tochter sei es merkwürdig gewesen, zu sehen, dass „mein Vater sein Leben lang auf der Suche nach seinem Vater war“. Entstanden ist nach ihrem Empfinden ein Ort der Stille; die benötige die Kunst ihres Großvaters.
Als Enkel seien sie hoch erfreut, wenn Lehmbruck-Ausstellungen gut besucht werden wie zuletzt in Wien. Sie würden gerne als Leihgeber gefragt, aber in die Ausstellungsdramaturgie mische man sich aber nicht ein, „das ist gefährlich“. Wichtig sei ihnen, „dass unsere Generation entscheidet, wo das Werk bleibt und nicht etwa bei Christie’s landet“.
Beide Enkel verfolgen die aktuelle Kunstszene aufmerksam und sehen durchaus aktuelle Kunst, die in Lehmbruck wurzelt. Dass Joseph Beuys offenbar von Wilhelm Lehmbruck beflügelt wurde, habe allerdings in der konservativen Familie Aufsehen erregt. „Bei uns war was los!“