Duisburg. . SPD und CDU haben in Duisburg bei der Bundestagswahl massiv verloren, die AfD gewonnen. Die SPD verteidigt ihre Direktmandate.

SPD und CDU, die beiden Parteien der großen Koalition, haben in Duisburg massiv Stimmenanteile verloren. Drittstärkste politische Kraft ist die AfD, gefolgt von FDP, Linken und Grünen. Die Wahlbeteiligung war etwas höher als vor vier Jahren. Vor etlichen Wahllokalen gab es Wartezeiten – wahrscheinlich auch Folge der Dreifachabstimmung mit OB-Wahl und Outlet-Entscheid.

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Stadtweit brachte es die SPD Stand Mitternacht auf 32,9 Prozent der Zweitstimmen (2013: 40,9 %), die CDU kam auf 24,1 (2013: 28,4). Für die AfD stimmte 13,2 % der Wähler (2013: 5,2), für die FDP 9,4 % (3,1), für die Linken 8,6 % (8,3) und für die Grünen 5,6 % (6,1). Die Wahlbeteiligung lag bei 68,6 % (67,4).

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SPD verteidigt die Direktmandate

Direkt in den Bundestag gewählt wurden die beiden SPD-Kandidaten – und bisherigen Abgeordneten – Bärbel Bas mit 38,49 % der Erststimmen und Mahmut Özdemir mit 34,82 %. „Die große Koalition ist abgewählt“, stand für Bas schon am Wahlabend die Orientierung ihrer Partei auf die Oppositionsrolle fest. Ein weiteres Bündnis mit der CDU sei in der Partei nicht mehr zu vermitteln.

SPD-Plausch: Mahmut Özdemir und Ralf Jäger.
SPD-Plausch: Mahmut Özdemir und Ralf Jäger. © Stephan Eickershoff

Es sei jetzt Aufgaben der SPD, der AfD nicht die Oppositionsführerschaft zu überlassen und sich mit den eigenen Thermen stärker zu profilieren. „Das ist eine Niederlage“, sagte Özdemir, und es sei ein „klares Zeichen“ gegen eine Fortsetzung der großen Koalition, in der die SPD mit Themen wie Mindestlohn und Stärkung der kommunalen Finanzen „unter dem Strich erfolgreich“ gewesen sei.

Ralf Jäger sieht keine große Koalition

Ralf Jäger über das vorläufige Ergebnis der Bundestagswahl

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    „Da sind jetzt andere am Zug“, erteilte auch Ralf Jäger, Parteivorsitzender der Duisburger Sozialdemokraten, einer Fortsetzung der großen Koalition eine klare Absage: „Der Bundestag braucht jetzt eine gute Opposition, und das ist die SPD.“

    Nicht ausschließen mochte hingegen CDU-Parteichef und Bundestagsabgeordneter Thomas Mahlberg eine weitere Regierungszusammenarbeit mit der SPD. Man habe in den letzten vier Jahren „eine ganze Menge zusammen geschafft“.

    „Wir müssen mit den Leuten reden“, empfiehlt Mahlberg seinen Parteifreunden mit Blick auf die vielen AfD-Wähler, und liegt nah bei Bas, die mahnt: „Wir müssen noch stärker vor Ort präsent sein.“

    Thomas Mahlberg (CDU) über das Ergebnis der Bundestagswahl

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      Selten war es im Ratssaal so still

      Selten war es so still im Ratssaal bei der Verkündung der Bundewahl-Prognose: Entsetzen und versteinerte Mienen bei Sozial- und Christdemokraten, parteiübergreifendes Entsetzen über das Erstarken der AfD. Auch die Duisburger Resultate gaben bei SPD und CDU wenig Anlass zur Freude: Die Sozialdemokraten bleiben mit rund 33 Prozent der Zweitstimmen in Duisburg zwar stärkste Kraft, büßen aber gegenüber der Wahl 2013 fast neun Prozent ein. Auch die CDU verliert mit 4,4 Prozent deutlich, Grüne (-0,5) und Linke (+0,3) blieben stabil, die FDP legt mehr als sechs Prozent zu, die AfD, in Duisburg bereits bei der Landtagswahl im Frühjahr zweistellig, gewinnt neun Prozent im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 und kommt auf fast 14 Prozent.

      Bisher Großkoalitionäre: Bärbel Bas , SPD und Thomas Malberg, CDU
      Bisher Großkoalitionäre: Bärbel Bas , SPD und Thomas Malberg, CDU © FUNKE Foto Services

      Die Duisburger Sozialdemokraten glauben: In Berlin wird es keine Neuauflage der Koalition mit der CDU geben. „Ich kann mit keine Entscheidung der Mitglieder dafür vorstellen“, sagt die Landtagsabgeordnete Sarah Philipp. „Opposition, das ist jetzt korrekt für die SPD“, meint auch ihr Parlamentskollege Frank Börner. „Entsetzt“ ist er über die Äußerungen von AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland: „Wir holen unser Volk zurück – das erinnert mich an 1933.“

      Für Rainer Enzweiler ist das CDU-Ergebnis „eine Katastrophe“, das AfD-Resultat „ein Schock“. Es sei allerdings zu analysieren, welche eigenen Fehler zum Erstarken des rechten Randes beigetragen hätten. „International wird Deutschland dieses Ergebnis viel Vertrauen kosten“, fürchtet der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion. Schlecht für das Ruhrgebiet sei das Ausscheiden von Thomas Mahlberg und Volker Mosblech aus dem Bundestag, findet Ratsherr Thomas Susen (CDU): „Wenn es zur Jamaika-Koalition kommt, sind werden nur wenige Abgeordnete aus dem Revier in der Regierung vertreten sein.“

      Fragezeichen zu Jamaika

      FDP: zufrieden im Bund, enttäuscht von der Ob_Wahl, Frank Albrecht , links und OB-Kandidat Thomas Wolters.
      FDP: zufrieden im Bund, enttäuscht von der Ob_Wahl, Frank Albrecht , links und OB-Kandidat Thomas Wolters. © Stephan Eickershoff

      An ein Berliner Bündnis von CDU, FDP und Grünen glaubt auch Martina Ammann-Hilberath. „Mit unserem Ergebnis bin ich zurfrieden“, so die Fraktionsvorsitzende der Linken im Rat, „enttäuscht über das Ergebnis der AfD. Sie hat keine Lösungen.“ Ganz anders die Meinung von Thomas Wolters, Vorsitzender der FDP: „Es ist schön, dass wir ein besseres Ergebnis haben als die Linke und die Grünen. Aber für Jamaika fehlt mir jegliche Fantasie.“ Ob das Ergebnis gut genug ist, damit Frank Albrecht (NRW-Listenplatz 22) ins Parlament einzieht, wird sich zeigen.

      Felix Banaszak von den Grünen zum Wahlergebnis

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        Felix Banaszak und Anna von Spiczak (Grüne) sind nicht über die Liste abgesichert. Banaszak betont, wie weit die Grünen in einigen Positionen von der FDP und der CSU entfernt sind. Ob sich die Grünen an einer Koalition beteiligen sei deshalb fraglich. Klar ist er in seiner Haltung zur AfD: „Wir dürfen uns inhaltlich nicht auf die Positionen der AfD einlassen.“ Die vergangenen Wochen, als sich andere Parteien in der Flüchtlingsfrage neu positioniert haben, hätten gezeigt, dass dies nicht geholfen habe. „Wir Grünen stehen für eine Flüchtlingspolitik im Sinne der Menschenrechte. Mit uns gibt es keine Obergrenze.“

        Die AfD sonnt sich im Erfolg

        Mitglieder der AfD warten am Sonntag im Rathaus in Duisburg auf die ersten Hochrechnungen.
        Mitglieder der AfD warten am Sonntag im Rathaus in Duisburg auf die ersten Hochrechnungen. © Stephan Eickershoff

        Über die Sorgen der anderen Parteien kann Alan Imamura (AfD) nur lächeln. Er und seine Parteikollegen freuen sich über das Bundesergebnis. „Wir haben schon im Wahlkampf gemerkt, dass es gut für uns läuft, nicht nur in Neumühl und Meiderich, wo wir immer stark sind, sondern auch bei Infoständen in der Stadtmitte.“ Imamura glaubt nicht, dass die AfD das gleiche Schicksal ereilt wie die Piraten und sie nach einer Legislatur wieder abgemeldet sind. „Wir haben eine breitere thematische Basis. Die Leute, die zu uns kamen, wollten nicht nur mit uns über die Zuwanderung reden, sondern auch über die Rente.“

        Thomas Wolters (FDP) nimmt die AfD Ernst: „Wir müssen uns mit den Themen auseinandersetzen, die die Menschen zur AfD gebracht haben.“ Vor allem im Duisburger Norden hat die AfD bessere Ergebnisse als im Bundesschnitt erreicht. In einigen Walsumer Wahllokalen wählten mehr als 20 Prozent die AfD, in Hamborn waren es in der Schule am Bergmannsplatz sogar 30,42 Prozent.