Duisburg. . Nach dem Vorfall in Bruckhausen tritt Yaşar Durmuş am kommenden Sonntag bei der OB-Wahl an. Er will von Deutschen und Türken gewählt werden.

  • Nach dem Vorfall in Bruckhausen, hat sich Yaşar Durmuş spontan dazu entschlossen, bei der Wahl anzutreten
  • Er will sowohl von Deutschen als auch Türken am kommenden Sonntag gewählt werden
  • Klappt das nicht, überlegt er, mit seinen Mitstreitern eine Partei zu gründen. Einen Namen gibt es schon

Das Café vom Verein „Ikra Oku Lesen“ befindet sich an der Dieselstraße/Ecke Reinerstraße, nur ein paar Meter von dem Ort entfernt, an dem im Juni ein Polizeieinsatz eskaliert ist. Videos bewiesen, dass die Beamten ziemlich grob mit dem türkischstämmigen Mann umgingen. Der Polizist, der den Mann getreten haben soll, ist seitdem vom Dienst suspendiert. Etwa zur gleichen Zeit sagte Oberbürgermeister Sören Link „Asozial bleibt asozial, egal aus welchem Land er stammt.“

Berufsförderjahr bei Thyssen

Im WAZ-Interview hatte Link zwar betont, dass der Spruch nicht auf diese Situation gemünzt war, sich aber auch nicht für seine Worte entschuldigt. Grund genug für Yaşar Durmuş, nun gegen ihn als Oberbürgermeister-Kandidat anzutreten. Dabei will er ausdrücklich nicht nur für die türkische Bevölkerung sprechen. „Ich möchte die Stimmen von Deutschen und Türken“, betont der 47-Jährige. Durmuş wurde 1970 in Bayburt in der Türkei geboren und kam als Siebenjähriger nach Duisburg. Sein Vater war schon einige Jahre früher zum Arbeiten ins Ruhrgebiet gegangen und holte seine Frau und die Kinder nach. Nach dem Hauptschulabschluss absolvierte er ein Berufsförderjahr bei Thyssen, reparierte dort zum Beispiel alte Zündapp-Roller. „Danach konnte ich mich zwischen einer Lehre und einem Job entscheiden.“ Durmuş wollte lieber Geld verdienen und nahm den Job. Inzwischen ist er Vertrauensmann und Kranführer bei Thyssen-Krupp. Er lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Walsum. „Meine Kinder sprechen perfektes Deutsch, wir sind gut integriert.“

Waren Sie eigentlich schon immer politisch?

© Ute Gabriel

Bei mir in der Familie hat Politik keine Rolle gespielt. Es war auch nie mein Ziel, Politiker zu werden, das kam erst durch den Vorfall, bei dem uns der Oberbürgermeister so beschimpft hat. Hätte er sich entschuldigt, hätten wir ihn auf die Schulter genommen und alles wäre vergessen gewesen. Wir sind sozial, nicht asozial. Als es in Meiderich gebrannt hat, hat die benachbarte Moschee ihre Türen geöffnet. Zu uns in den Vereinen kommen auch Kinder aus Rumänien und Bulgarien und wir helfen ihnen. Warum werden denn die meisten Flüchtlinge nach Marxloh oder Hochfeld geschickt? Weil die Leute ihnen dort helfen. Zum Fastenbrechen haben wir im Stadtteil jeden Abend das Essen mit allen Menschen aus dem Stadtteil geteilt.

Spielt Glaube für Sie im Alltag eine Rolle?

Ich bin Moslem, aber es ist nicht so, dass ich fünfmal am Tag bete. Wir gehen auch in die Kirche, wenn jemand im Bekanntenkreis getauft ist, das heißt aber nicht, dass ich meinen Glauben verliere, wenn ich eine Kirche besuche. Ich war Vorsitzender der Yildirim Beyazit Moschee, der Ditib-Moscheegemeinde in Bruckhausen. Allerdings lasse ich das Amt momentan ruhen, um mich auf den Wahlkampf zu konzentrieren.

Wie groß ist ihr Unterstützer-Team?

Es gibt acht, neun Leute im engeren Team und 20, 30 Personen, die beim Verteilen von Flyern helfen. Da sind übrigens auch Deutsche bei.

Der Bürgermeister Erkan Kocalar hat ebenfalls türkische Wurzeln. Fühlen Sie sich von ihm nicht vertreten?

Mit Herrn Kocalar haben wir kein Problem, aber er hat eine Partei und kann nur so handeln, wie die Linke es vorsieht. Das ist der Vorteil, ich bin parteilos.

Was werfen Sie den Politikern vor?

Die meisten Politiker lassen sich sowieso nur vor der Wahl sehen. Sie haben einen Ghetto-Stadtteil aus Marxloh und Hochfeld gemacht. Wenn ich Oberbürgermeister werde, würde ich als Erstes die Türen vom Rathaus für alle Bürger öffnen. Es geht nicht, dass man Monate auf einen Termin warten muss.

Was möchten Sie noch umsetzen?

Wir haben derzeit die Situation, dass es viele ältere Menschen gibt, gleichzeitig fehlen uns die Mittel, diese zu betreuen. Darüber hinaus fehlt den jungen Leuten soziale Verantwortung. Ich möchte ein Projekt auf die Beine stellen, womit sich all diese Probleme lösen werden. Außerdem soll es verstärkt bilinguale Kindergärten und bessere Zugänge zu Ausbildungen, fürs Studium und im Bereich Weiterbildung geben.

Glauben Sie, dass Sie in die Stichwahl kommen?

Ich will Oberbürgermeister werden. Wir werden die SPD retten, indem wir sie von Sören Link erlösen.

Und wenn das nicht klappt, werden Sie sich dann von der Politik wieder abwenden?

Es gibt die Idee, eine Partei zu gründen. Einen Namen haben wir auch schon. Ob wir das tatsächlich machen, entscheiden wir nach der Wahl.