Duisburg. . Die Bauarbeiten für die U-Bahn am Alten Markt und in der Schwanenstraße ab 1980 waren ein Segen für die Archäologie. Das älteste Duisburg wurde wiederentdeckt.
Es sollte ein Bau für Duisburgs Zukunft werden, doch zunächst förderte er die Vergangenheit der Stadt zu Tage. Als die Stadtwerke im Oktober 1980 vom Burgplatz bis zur Schwanenstraße einen Graben ausheben, der die Versorgungsleitungen für die weiteren U-Bahnbau aufnehmen soll, stoßen die Arbeiter auf eine Fülle von Kulturschichten. Die – nicht ganz unerwartete – Gelegenheit für Duisburgs Stadtarchäologie ist günstig und wird sofort beim Schopf gepackt.
Archäologen stürzten sich in den Leitungsgraben
„Damals oblag die Stadtarchäologie dem Niederrheinischen Museum“, erklärt Dr. Gernot Tromnau, der damalige Leiter des Museums im Kantpark sowie späterer Direktor des daraus hervorgegangenen Kultur- und Stadthistorischen Museums am Innenhafen. „Als dieser Graben gezogen wurde, trommelte Dr. Günter Krause, damals mein Mitarbeiter im Museum, sofor eine archäologische Arbeitsgemeinschaft zusammen und stürzte sich mit dieser in die Profile des Leitungsgrabens.“
Was sie dort fanden, war nicht weniger als zahlreiche Belege dafür, dass im Bereich des Alten Marktes das Zentrum des frühen Duisburgs lag, das man lange Zeit vergeblich gesucht hatte. Mehr noch: „Die rund 20 Schichten, die sich dort abgelagert hatten, reichten von der Neuzeit bis ins 5. Jahrhundert zurück“, erklärt Tromnau. „Dadurch wissen wir inzwischen, dass Duisburg wesentlich älter ist, als es durch die Nachrichten über den Wikingereinfall des Jahres 883 bezeugt ist.“
Initialzündung für weitere Grabungen in der Alstadt
Die Leitungsverlegung wurde zur Initialzündung für weitere Ausgrabungen am Alten Markt, aber auch an anderen Stellen in der Altstadt. In der Duisburger Bevölkerung stießen die archäologischen Funde auf so großes Interesse, dass manch einer sogar seine freiwillige Mithilfe beim Buddeln anbot. Eine gute Zusammenarbeit entwickelte sich auch zwischen den Bauarbeitern und den Ausgräbern. 1985 erreichte der Stadtbahnbau die Schwanenstraße. Baubegleitende Untersuchungen hatte die Stadt Duisburg schon mit in die Ausschreibung für den Stadtbahnbau in der Schwanenstraße einbezogen. Für ihre engagierte Vorgehensweise, bei der die Ausgräber unnötige Verzögerungen zu vermeiden suchten, ernteten sie von den Bauleuten großes Entgegenkommen. Trotz Termindrucks wiesen die Bauarbeiter die Archäologen immer wieder auf Baureste und Funde hin.
Schichten aus römischer Zeit
Im Bereich der Schwanenstraße stießen die Ausgräber auf die kompakte älteste Steinbebauung des 12. und 13. Jahrhunderts, aber auch auf hölzerne Vorgängerbauten aus dem 9. Jahrhundert. Im U-Bahnschacht wurde das alte verlandete Rheinbett geschnitten, das auch unter dem Alten Markt liegt. Die Uferkante ließ darauf schließen, dass die Verlandung des Flussbettes wohl in römischer Zeit Ende des 1., Anfang des 2. Jahrhunderts n.Chr. begann.
Die mehrere Meter mächtigen Bodenschichten, die da plötzlich frei lagen, nahm Gernot Tromnau zum Anlass, seinen alten Kollegen, den Grabungstechniker Erich Matthes vom Archäologischen Museum in Hamburg, zu bitten, ein Lackprofil davon zu erstellen. „Der ist dann auch mit seiner Frau und seinem Wolfsspitz angerückt und hat das Profil abgenommen“, erinnert sich Tromnau. Welche professionelle Arbeit dieser dünne Abzug von Bodenschichten erfordert, zeigt ein interessanter 13-minütiger Film, der heute im Stadthistorischen Museum zu sehen ist.
Spuren eines geschäftigen Markttages
Genau dort sind auch exemplarisch Funde von den Grabungen in der Altstadt präsentiert, die von 1981 bis 1988 in mehreren Kampagnen durchgeführt wurden. Dazu gehören Gefäßscherben, Silber- und Goldmünzen, Tier- und Menschenknochen, Gewichte, Gläser, Geräte aus Holz, aber auch Reste von Leder- und Holzschuhen, die überwiegend aus dem Mittelalter stammen. Entdeckt wurden bei den Grabungen aber auch die Spuren eines geschäftigen Marktages: Fußspuren von Menschen und Tieren sowie Rillen von Karren- und Wagenrädern.
„Eine Sensation, dadurch wissen wir, dass der Alte Markt nie überbaut war“, erklärt Tromnau. „Der Markt wurde immer wieder überflutet und die Menschen haben versucht, den Platz wieder begehbar zu machen.“ Der Sand mit dem der Matsch überschüttet wurde, setzte sich in den Spuren fest und hat sie bis in die Gegenwart bewahrt. Und so manchen im Gewühl verlorenen Schuh auch.