Duisburg. . Fast 37 Prozent weniger Spenden als noch vor fünf Jahren. Bereitschaft nimmt ab. Gerade zur Ferienzeit werden Konserven dringend gebraucht.
- Verzeichnete das Deutsche Rote Kreuz in 2012 noch 5802 Blutspenden, waren es in 2016 nur noch 3665
- Um Neuspender zu akquirieren, geht der Dienst ungewöhnliche Wege und startet eine neue Werbeaktion
- Nicht nur in den Ferien, sondern generell sinke die Bereitschaft Blut zu spenden, gerade bei jüngeren Menschen
Die Zahlen der Blutspenden sind in den vergangenen fünf Jahren in Duisburg stark zurückgegangen. Verzeichnete das Deutsche Rote Kreuz in 2012 noch 5802 Blutspenden, waren es in 2016 nur noch 3665. Bis jetzt haben in diesem Jahr 2219 Menschen ihr Blut abgegeben. „Das ist ein extremer Rückgang“, sagt Claudia Müller vom DRK-Blutspendedienst West in Ratingen, der die Verteilung der Blutkonserven in der Region koordiniert. Um Neuspender zu akquirieren, geht der Dienst daher ungewöhnliche Wege und startet eine neue Werbeaktion.
Aufwandsentschädigung von 20 Euro
Steht es in Duisburg so schlimm um die Versorgung mit Blutkonserven, dass das Deutsche Rote Kreuz die Spender mit materiellen Anreizen locken muss? Wer als Blutspender einen neuen Spender zum Termin mitbringt, bekommt als Geschenk eine „Powerbank“, ein Ladegerät für Smartphone oder Tablet. „Die Ferien sind für uns immer eine dramatische Zeit“, sagt Claudia Müller. Jedoch sei es nicht nur in den Ferien schwierig, gerade jüngere Leute zu einem der zahlreichen Blutspendetermine in den Stadtteilen zu locken.
Generell sinkt die Bereitschaft Blut zu spenden. „Am besten ist es daher, wenn Stamm-Spender jemanden mitbringen und ihn so ans Blutspenden heranführen“, sagt Claudia Müller. Die Aktion läuft im Juli, August und September, der kritischen Phase, in der sich die Vorräte der Blutspendebanken zu Ende neigen. Blut aus Duisburger Adern fließt vor allem an Krankenhäuser und Arztpraxen in ganz NRW. „Das meiste Blut hilft Krebspatienten“, weiß Claudia Müller. Denn gerade bei einer Chemotherapie, wo die eigenen Blutzellen absterben, werde viel Spenderblut gebraucht.
Neben dem DRK ist noch das Blutspendezentrum der Gesellschaft für Transfusionsmedizin Duisburg mit Sitz an der Königstraße zuständig für die Entnahme. „Bei den Vollblutspenden haben wir seit 2012 einen Rückgang von 16 Prozent zu verzeichnen, die Zahlen bei der Plasmaspende entwickeln sich ähnlich“, sagt Mitarbeiterin Brigitte Dingermann. Die Folgen: „Der Rückgang des Spenderaufkommens hat bereits dazu geführt, dass dringende Operationen verschoben werden müssen und Patienten unter laufender Chemotherapie nicht ausreichend mit Blut versorgt werden können.“
Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft nimmt ab
Sie macht den Abwärtstrend vor allem an der allgemein abnehmenden Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft fest. „Außerdem bedeutet die Blutspende einen gewissen Zeitaufwand, der für viele zu hoch ist.“ Daher versuche das Blutspendezentrum die Menschen niederschwellig zu erreichen. „Etwa über soziale Netzwerke wie Instagram und Facebook.“ Eine Aufwandsentschädigung von 20 Euro und gewisse Boni bei regelmäßiger Blutabgabe sollen zudem Anreize schaffen.
Hoffnung auf steigende Spenderzahlen gibt eine aktuelle Entscheidung der Bundesärztekammer. Männer, die Sex mit Männern haben, sowie weibliche und männliche Prostituierte mit häufigen Partnerwechseln sind nach überarbeiteten Richtlinien nicht mehr lebenslang von der Blutspende ausgeschlossen. Haben diese Personengruppen über einen Zeitraum von einem Jahr keinen Sex, dürfen sie zum Aderlass. Hintergrund ist, dass diese Gruppen ein höheres Risiko haben, sich mit Infektionskrankheiten wie HIV oder Hepatitis C anzustecken. „Wir setzen auf die Ehrlichkeit der Spender und fragen diese Dinge in einem Fragebogen ab“, erklärt Claudia Müller. Ob sich aber durch die Lockerung der Richtlinien tatsächlich mehr Menschen zur Blutspende melden, bleibt abzuwarten. „Die Änderung ist so frisch, dass wir Ergebnisse erst nach einiger Zeit spüren werden.“
Der Blutbedarf ist rückläufig
Etwa 95 Prozent der Blutspenden, die beim DRK oder im Blutspendezentrum entnommen wurden, werden an Arztpraxen und Krankenhäuser geliefert. „Seit einigen Jahren auch verstärkt an onkologische Praxen“, sagt Brigitte Dingermann.
Ungenutzte Konserven gibt es nur selten
Das Helios-Klinikum Duisburg etwa bezieht seine Blutkonserven – rund 2500 Stück pro Jahr – vom Deutschen Roten Kreuz. „Grundsätzlich ist der Bedarf seit einigen Jahren aufgrund der modernen, minimal-invasiven Operationsverfahren und einer strikten, bedarfsbezogenen Anwendung aber rückläufig“, sagt Sprecherin Kathrin Gießelmann. Ungenutzte Konserven kommen selten bis nie vor, denn durch vorausschauende Depotplanung werde vermieden, „dass es Überschüsse gibt oder die Spenden ihr Verfallsdatum erreichen“.
„Auch in den Sana-Kliniken verzeichnen wir einen sinkenden Bedarf an Blutkonserven“, sagt Sprecherin Ute Kozber. Grund sei ein veränderter Umgang etwa mit Blutabnahmen und -gaben in Verbindung mit Operationen. „Bei der universellen Spenderblutgruppe 0 negativ gibt es zeitweise eine geringere Verfügbarkeit.“
DRK und Blutspendezentrum informieren
Erstspender können ab 18 und bis 65 Jahre Blut spenden. Das DRK-Infotelefon 0800 - 11 949 11 beantwortet Neuspendern alle Fragen zum Thema, auch etwa welche Medikamente zum Ausschluss von der Spende führen.
Das Blutspendezentrum an der Königstraße 53 in der Innenstadt ist unter 0203-300 950 zu erreichen.