Duisburg. In Duisburg filmen Unbeteiligte eine Schlägerei in der Innenstadt. Die Polizei will den Tätern mit Hilfe der Handyvideos auf die Schliche kommen.
Neue Ermittlungsarbeit der Polizei mit Fragezeichen: Nach einer Schlägerei auf der Königstraße vor dem Einkaufszentrum „Forum“ bat die Polizei um die privaten Handyaufnahmen möglicher Zeugen. Anfang August war es zu einer Auseinandersetzung zweier Gruppen gekommen, nach der zwei Jugendliche mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Als bekannt wurde, dass der Vorfall von einigen Unbeteiligten gefilmt wurde, startete die Duisburger Polizei den Aufruf.
Die Polizei bedient sich damit eines Mittels, das bei Ermittlern immer mehr Schule macht. Schon 2016 hatte die Kölner Polizei im Zuge der Fahndung nach den Tätern aus der Silvesternacht einen Aufruf im Netz verbreitet: „Ermittlungsgruppe Neujahr: Private Handy-Videos uploaden!“
Die Polizei bedient sich damit eines Mittels, das bei Ermittlern immer mehr Schule macht. In unzähligen Hosentaschen steckt heute ein Smartphone. Man könnte sich zwar fragen, wie verrückt man sein muss, um in einem Moment der Bedrohung sein Telefon zu zücken und zu filmen. Die Antwort aber liegt nahe: Gerade für die jüngere Generation gehört es heute dazu, das Leben über das Netz zu teilen. Der Griff zum Smartphone ist zum Reflex geworden. Und auch der Polizei eröffnet das neue Möglichkeiten.
Fluch und Segen für die Polizeiarbeit
"Wenn wir die Möglichkeit haben an Videoaufnahmen von Straftaten zu gelangen, greifen wir darauf natürlich gerne zurück. Im konkreten Fall der Auseinandersetzung vor dem Forum, war zufällig ein Polizist in zivil vor Ort. Als der Kollege berichtete, dass dort viele Unbeteiligte mit dem Handy gefilmt haben, haben wir die Gelegenheit genutzt", sagt Ramon Van der Maat, Leiter der Pressestelle der Duisburger Polizei. Die kleinen Videoclips auf dem Smartphone bringen aber auch viele Probleme mit sich.
"Wenn nur einzelne Sequenzen gezeigt werden um jemanden in ein schlechtes Licht zu rücken, oder wenn Menschen bei Unfällen die Kamera zücken, geht das natürlich gar nicht", meint der Pressesprecher. Menschen darum zu bitten, in Zukunft immer das Handy zu zücken wenn sie eine Straftat beobachten, lehnt der Duisburger Polizist aber ab. "Das wäre viel zu gefährlich. Wir wollen natürlich immer vermeiden, dass sich Menschen durch so etwas selbst in Gefahr begeben."
Keine rechtlichen Konsequenzen für die "Handyfilmer" auf der Königstraße
Mit der rechtlichen Komponente hinter den kurzen Handyclips ist der Duisburger Rechtsanwalt Constantin Martinsdorf vertraut. Mit Blick auf die Schlägerei vor dem Forum sieht er keine rechtlichen Probleme für die "Handyfilmer".
"Unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten kann bei der Prügelei auf der Königstraße maximal die Sozialsphäre der Täter tangiert sein. Die Sozialsphäre betrifft das soziale Leben eines Menschen, also dass, was sowieso schon teilweise in der Öffentlichkeit stattfindet. Eingriffe in die Sozialsphäre sind meistens zulässig, außer es liegen ganz besondere Umstände vor, die ausnahmsweise den Schutz der Persönlichkeitsrechte des Einzelnen in den Vordergrund stellen. Solche Umstände sehe ich in diesem Fall aber nicht. Dass es dort Menschen gab die gefilmt haben, um das Material der Polizei zur Verfügung zu stellen, ist rechtlich also zulässig." Die Situation ändert sich aber schlagartig wenn das Material in sozialen Netzwerken verbreitet wird.
Ärger lauert in den sozialen Netzwerken
"Durch das Posten oder Teilen von Fotos und Beiträgen können Persönlichkeitsrechte der vermeintlichen Täter verletzt werden. Postet man Fotos von Situationen wie auf der Königsstraße, kann das zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen haben", warnt der Duisburger Rechtsanwalt.
Der Ratschlag des Experten: "Wer meint eine Straftat gefilmt oder fotografiert zu haben, sollte unbedingt die Polizei informieren. Keine eigenen Ermittlungsmaßnahmen anstrengen – auch wenn man meint, die Situation wäre eindeutig und man selbst im Recht."