Duisburg. . Der Komponist schrieb seine Musik zum Text von Michael Krüger. „Verpasste Gelegenheiten“ kommt ins Lehmbruck-Museum.

  • Er komponierte seine Musik zu Texten von Michael Krüger, der zunächst von Göttinen handelte
  • Der Autor liest bei der Uraufführung am Sonntag, 16. Juli, im Lehmbruck-Museum selbst, es spielt Hanni Liang
  • Im Interview sagt Manfred Trojahn, dass die Arbeit an einem Melodram der einer Opernkomponisten ähnelt

Das Klavier-Festival Ruhr beschert Duisburg eine Uraufführung. Am Sonntag, 16. Juli, spielt Hanni Liang um 11 Uhr im Lehmbruck-Museum zum ersten Mal das Melodram „Verpasste Gelegenheiten“ von Manfred Trojahn zu einem Text von Michael Krüger. Der Münchner Autor, der unter diesem Titel 13 fragmentarische Geschichten erzählt, liest seinen Text selbst. „Im Kopf des Hörers spinnt sie sich weiter – und in der expressiven Musik, die Manfred Trojahn zu Krügers Texten komponiert, ebenso“, kündigt das Festival an. Anne Horstmeier fragte Manfred Trojahn nach seinem Werk.

Kam der Wunsch nach einem Melodram von Klavier-Festival-Intendant Franz-Xaver Ohnesorg oder von Ihnen?

Die Anfrage von FX Ohnesorg zu diesem sehr eigenwilligen Projekt kam als Folge von vielen anderen Anfragen, die von ihm schon zu Zeiten seiner Intendanz an der Kölner Philharmonie an mich gegangen waren, und ich habe wie die damaligen auch diese mit großem Interesse verfolgt. Ich denke, er wird mein Interesse für das Lied gekannt haben und ist deshalb an mich herangetreten.

Kannten Sie Michael Krüger?

Michael Krüger ist Präsident der Akademie der schönen Künste in München, deren Mitglied zu sein ich seit vielen Jahren die Ehre habe, und kenne ich ihn natürlich. Zudem ist er als Schriftsteller ja einer der bekannteren Autoren.

War der Text von Michael Krüger zuerst da oder hatten Sie schon frühzeitig Kontakt und haben das Thema gemeinsam entwickelt?

Es ist hier nicht wie bei Ei und Huhn, hier kann man sagen: Der Text war zuerst da. Gemeinsamen Entwicklungen stehe ich ohnehin sehr skeptisch gegenüber, Kunst ist ein ungemein einsames Geschäft. Der Text hat mich zunächst skeptisch gemacht, vor allem weil ihm noch Relikte einer früheren Fassung anhafteten, die mich sehr interessiert hatte. Es war von 13 mythischen Göttinnen die Rede und so hatte ich den Plan, das Stück „Göttinnen“ zu nennen, was mir sehr gefallen hätte. Indes hat sich der Text bei Michael in eine andere Richtung entwickelt und mehr und mehr habe ich begriffen, wo er hingehen wollte. Das war dann auch sehr spannend und zuletzt habe ich eine Entwicklung des Poetischen in dem Text begriffen, während meiner Arbeit, und da habe ich dann auch gewusst, warum ich so gebannt daran saß.

In Ihrem umfangreichen Werk finden sich mehr Opern und Kompositionen für Orchester oder Kammermusik, weniger Klavierwerke.

Es gibt halt doch geheime Mappen, inzwischen ist der Verlag dabei, daraus zu veröffentlichen, über 100 Klavierlieder, die meisten für die Bad Kissinger Liederwerkstatt komponiert. Und es gibt das erste Heft der 12 Klavierpreludes, deren Nr. 7 Hanni Liang in diesem Jahr in St. Petersburg uraufgeführt hat. Die Beschäftigung mit dem Klavier hat relativ spät begonnen, denn das Klavier ist nicht mein Instrument, ich bin ja Flötist gewesen.

Stellt ein Melodram besondere Anforderungen an den Komponisten?

Nun gibt es die verschiedensten Melodram-Formen, total rhythmisierte und auch von den Tonhöhenbereichen festgelegte Partituren oder solche, wie die meine, in denen die Sprache völlig bei sich bleibt und nur in recht offener zeitlicher Organisation der Musik zugeordnet wird. Bei letzterem wird die Musik eine Art charakterlicher Background des Textes, man kann es in der Funktion vielleicht mit der von Musik für den Film vergleichen. Für mich war wesentlich, über diese Funktion hinaus die Musik als Eigencharakter zu schaffen, sie behält in ihrer Formung eine Autonomie, sozusagen als Musikstück. Das sind Überlegungen die es sehr stark in der Oper gibt, dort ist die Musik ja auch als autonomes Klangereignis interessant, das den Inhalt des Textes interpretiert und nicht nur begleitet. Von daher ist die Arbeit am Melodram sozusagen der Alltag für den Opernkomponisten.

Sie haben 2004 für die Duisburger Philharmoniker unter GMD Jonathan Darlington Orchesterstücke komponiert. Kennen Sie die Stadt und das Lehmbruck-Museum?

Ich haben mit den Duisburger Philharmonikern vor den Orchesterstücken schon für meine Oper „Was ihr wollt“ zusammengearbeitet. Dass ich Duisburg kenne, würde ich nie behaupten können, ich wohne zwar in der Nachbarschaft, in Düsseldorf, aber da ich auch noch in Paris wohne und dazu viel unterwegs bin, hat es zum Kennenlernen der Umgebung im empatischen Sinne nie die Zeit gegeben. Aber natürlich habe ich das Lehmbruck-Museum besucht.

>> ZUR PERSON: HANNI LIANG

Obwohl Pianistin Hanni Liang noch jung ist, arbeitet Manfred Trojahn schon seit vielen Jahren mit ihr zusammen. Die deutsch-chinesische Pianistin wurde 1993 in Bielefeld geboren; sie kam als Jungstudentin in die Klavierklasse von Barbara Szczepanska an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf.

Sie erhielt zahlreiche Preise, gab Konzerte in Österreich, China, Spanien, Italien und Polen. Sie spielte unter anderem der Essener Philharmonie, der Tonhalle Düsseldorf, der Bochumer Jahrhunderthalle und der Laeiszhalle Hamburg. „Es ist eine Freude, sie nun auch beim Klavier-Festival dabei zu haben“, sagt Trojahn.