Duisburg. . Bei einer Debatte der Initiative „Ja zu Duisburg“ zum kontroversen Thema „Outlet-Center am Hbf“ wurde am Dienstag intensiv diskutiert.
- In der Liebfrauenkirche fand eine öffentliche Diskussion zum geplanten Designer-Outlet-Center statt
- Jedoch einen Vertreter der Stadt, der die strittige Planung verteidigt hätte, suchte man vergebens
- Lebhaft, geistreich, kenntnisreich die Fragen und Interventionen der interessierten Bürger
Es gibt derzeit kaum ein zweites Thema in der Stadt, das gleichermaßen kontrovers und leidenschaftlich debattiert wird, wie das am alten Güterbahnhof-Gelände geplante Design-Outlet-Center (DOC). Ein erfolgreich abgehaltenes Bürgerbegehren hat bekanntlich den Rat und die Stadtverwaltung gezwungen, darüber alle 365.000 Wahlberechtigten in Duisburg selber abstimmen zu lassen. Am Super-Wahlsonntag den 24. September haben also die Bürger und nicht der mehr Rat der Stadt Duisburg zum DOC das letzte Wort.
Am vergangenen Dienstag hatten die Duisburger genau dazu ebenfalls das Wort. Das Aktions-Bündnis aus Einzelhändlern und lokaler Wirtschaft und Politik mit dem Namen „Ja zu Duisburg“, das bereits das Bürgerbegehren organisiert hat, hatte zum Bürger-Dialog und Podiumsgespräch in die Liebfrauenkirche in Stadtmitte eingeladen. Gut 160 Bürger, unter ihnen zahlreiche Multiplikatoren und Sachkundige, füllten die Stuhlreihen.
Ein Drittel der Gäste noch unentschlossen
Jedoch einen Vertreter der Stadt, den OB gar oder seinen Planungschef, den Planungsamtsleiter oder sonst wen, der die geplante, strittige Ansiedlung des DOC offensiv erklärt und verteidigt hätte, suchte man vergebens. Sie hatten alle Termine und waren unpässlich, zitierte Bündnis-Sprecher Frank Oberpichler die Absagen aus der Stadt.
Eine Blitzumfrage des souverän moderierenden Studio-47-Mannes Mario Mais machte deutlich, dass an dem Abend zwar eine Mehrheit der Besucher das DOC ablehnte, dass aber etwa ein Drittel der Gäste noch unentschlossen oder ein DOC-Befürworter war.
„Entsetzt über die Leichtfertigkeit“
Die fachliche Einordnung durch den Stadtforscher und Planer Rolf Junker ließ aufhorchen: Alles was es bereits im City-Handel an Waren gebe, komme zu 50% nochmal im DOC dazu. Die City und das DOC kommen zudem auf eine zu laufende Verkaufsstrecke von sechs Kilometern. Das mache der Kunde aber niemals mit, nach 1200 Metern mache er schlapp. Sprich: DOC und City würden immer zwei getrennte Systeme bleiben. Wobei das DOC-System aber noch mit 3000 kostenlosen Parkplätzen („ein absoluter Frequenz-Bringer“) punkten könne.
Anbindung, Shuttle-Busse einrichten? Junker: Beim CentrO in Oberhausen wurde der Shuttle vom Kunden als Zubringer zum CentrO genutzt, die Busse zurück waren alle leer.
„Eine solche Laus in den Pelz gesetzt . . .“
Am deutlichsten sprach Prof. Hans Heinrich Blotevogel, Professor für Angewandte Geografie Universität Wien, einst alter Duisburger Uni-Prof: Das DOC komme so gefährlich und als pure Täuschung wie „trojanisches Pferd“ daher. Beide Zentren würden sich „kannibalisieren“, die Entfernung für den Fußgänger sei viel zu groß, es werde zu einer „reinen Umverteilung“ kommen und niemals zu einem Mehr-Effekt für die Stadt. Er sei er „entsetzt über die Leichtfertigkeit“, mit der die Politik handele. Niemand, so Blotevogel, hätte uns Bürgern in Wien eine solche Laus in den Pelz gesetzt! Shoppen außerhalb der Stadt, fragte er die Anwesenden, wollen Sie eigentlich so leben?
Das DOC bringt Jobs? Von wegen, so Verdi-Geschäftsführer Thomas Keuer: In der City gehen gute Tarif-Arbeitsplätze verloren, im DOC entstehe Teilzeit mit miesen Tarifen. Spielwaren-Händler Boris Roskothen und Vertreter der Wirtschaft führte an: : „Ein DOC gehört nicht an diesen Ort!“ Seit Jahren werde in Duisburg immer wieder großflächiger Handel geplant, Multi Casa, FOC oder DOC, das störe die Entwicklung des Handels, der dann natürlich Investitionen zurückstelle. Axel Quester, Makler und Vermittler von Handelsflächen, forderte eine Rückkehr zum ursprünglichen Masterplan Innenstadt, der auf dem Güterbahnhofgelände Büro und Wohnen statt DOC vorsehe.
Lebhaft, geistreich, kenntnisreich die Fragen und Interventionen der interessierten Bürger: Kultur im offenen Raum, so ein Bürger, könne helfen für ein Stadzentrum mehr zu tun. Die Innenstadt, so unterstütze Boris Roskothen diesen Hinweis, sei ja nicht nur Markt- und Handelsplatz, sondern ebenfalls ein Treffpunkt für Palawer, für Flanieren, Cafés, ein echter Lebensraum, der verloren gehen würde, wenn ein Nebenzentrum wie das DOC errichtet werden würde.
DOC hochwertig, City normalpreisig?
Der Duisburger Architekt Dieter Düster brach eine Lanze pro DOC: „Die Stadt wird bekannter, wir holen mehr Menschen von außen nach Duisburg, die Stadt braucht diese Chance.“ Außerdem könne die Stadt über einen B-Plan das ausufernde Sortiment eines DOC beschränken. Das Konzept könne sein: Im DOC ist es hochwertig, in der City normalpreisig. Mit dieser Vision erntete er Gelächter im Saal.
Eine Frau sprach von der „Outlet-Lüge“: Eine Illusion zu glauben, in DOC bekomme man hochwertige Ware zu niedrigen Preisen. 80 bis 90% der Ware sei von den großen Marken eigens fürs Outlet aber minderwertig produziert.
Ein andere prophezeite: Was, wenn im Outlet Leerstand entstehe? Dann sinke dort sofort die Qualität. „Dann ist dort plötzlich H&M und die City ist mausetot.“
Eine Bürgerin fürchtet den Verkehr: Schon jetzt quelle die A59 mit Staus über. Was, wenn noch 3000 DOC-Besucher anrollen? Duisburg werde zum „schäbigen Vorort von Düsseldorf.“