Duisburg. . Sieger unseres Leser-Gewinnspiels zeigten sich beeindruckt vom exklusiven Blick hinter die Kulissen der Beecker Kirmes, die am Freitag beginnt.
Die kunterbunte Kirmes-Welt sieht von oben spektakulär aus. „Das war eine tolle Aussicht – vor allem auf die Hochofenkulisse“, sagt Brigitte Loose nach der Probefahrt auf dem 25 Meter hohen Kettenkarussell „Bayernstar“. Mit acht anderen WAZ-Lesern zählte die Frau aus Obermeiderich zum Kreis der Gewinner, die am Tag vorm Start der 478. Beecker Kirmes (Fassanstich: heute, 16 Uhr, Marktplatz) einen exklusiven Rundgang über das Areal unternehmen durften. Und ganz neue Einblicke hinter die Kirmes-Kulissen erhielten.
Heimspiel für den Autoscooter-Chef
Franz Kropp verkörpert die vierte Generation einer Schausteller-Dynastie. Der Kaßlerfelder betreibt einen Autoscooter und freut sich auf sein Heimspiel in Duisburg. Zwei Tage habe der Aufbau für ihn und vier Helfer gedauert. „Da haben wir Routine.“ 28 Kirmes-Veranstaltungen bereist er pro Jahr. „Wir bleiben meistens in NRW, weitere Fahrten lohnen sich nicht.“ Kein Wunder, schon für diese fünftägige Kirmes kommen Kosten im knapp fünfstelligen Bereich auf ihn zu – für Standgebühren, Strom, Personal. Auch das Equipment hat seinen Preis: Für einen Autoscooter werden 9000 Euro fällig. Den neuen Kirmes-Termin Anfang Juli findet Kropp klasse: „Da haben die Leute noch Geld in der Tasche.“
Weiter geht’s zum „Big Monster“: Dieser Krake mit seinen wirbelnden Fangarmen zählt zu den Kirmes-Klassikern schlechthin. „Der ist von Baujahr 1981 und hat 1,2 Millionen Mark gekostet“, erklärt Schausteller Raoul Krameyer. Er ist seit 1998 der Betreiber. „Und seitdem habe ich dieselbe Summe noch einmal ins Fahrgeschäft gesteckt – aber in Euro.“ Der Herforder („In dieser Stadt steht die Wiege unseres Berufsstandes“) hat die Gebrauchsabnahme durch das städtische Bauamt bereits hinter sich. „Ich bin zum sechsten Mal in Beeck. Schön, dass wir uns schon Stammkunden erarbeiten konnten. Die erkennt man auch wieder.“
Nächster Halt: der „Bayernstar“. Ein Kettenkarussell, das Platz für 20 Mitfahrer bietet und laut Schausteller Lothar Winter (33) das einzige seiner Art in Deutschland ist. Erbaut wurde es 2015 in Tschechien als Maßanfertigung. „Wir haben die komplette elektronische Steuerung nochmals technisch nachgerüstet“, sagt der Augsburger mit Blick auf das „Herzstück“ seines Fahrgeschäftes. Das erreicht eine Flughöhe von 25 Metern und schafft theoretisch 24 Umdrehungen pro Minute. Bei einem solchen Tempo würde der Kirmesgast aber unfreiwillig zum Testpiloten. Daher dreht sich das Karussell zwölf Mal pro Minute im Kreis. „Schneller braucht es gar nicht zu sein. Da kann man sich noch in Ruhe die Umgebung anschauen“, sagt WAZ-Leser Jürgen Schlechtriem aus Trompet nach der Probefahrt.
Rudolf Edlinger (64) aus Moers lädt an seinem Ausschankbetrieb zu einer kühlen Erfrischung. Dabei erzählt er den Lesern von den strengen Hygieneregeln, die hier in Deutschland gelten, zeigt die Lebensmittelschläuche, durch die das Frischwasser hinter die Theke befördert wird und gewährt einen Einblick in den Kühlraum.
Finnendahls frischer Fisch
Zum Abschluss lädt Friedrich Finnendahl ins „Bremer Fischhuus“ – das größte mobile Fischrestaurant der Republik. 85 Gäste passen hier hinein, verrät der gebürtige Mülheimer (68). Schon sein Uropa sei Schausteller gewesen: „Zu der Zeit wurden Karussells noch von einem Pferd gezogen.“ Auf den Fisch hat er sich seit drei Jahren spezialisiert. Zuvor betrieb er Riesen-Fahrgeschäfte wie das „Top of the World“. Nach Beeck komme er gern: „Es hat sich hier ganz viel zum Positiven gewandelt.“ Fischspezialitäten aller Art tischt er auf – außer Krabben. „Die sind zu teuer. Für ein Brötchen müssten wir mindestens zehn Euro nehmen. Das zahlt auf einer Kirmes keiner.“ Er und sein Team bereiten alles frisch zu. Als Kostprobe gibt es diverse Fischhappen. „Hmmm“, lautet das einhellige Leser-Urteil, „wirklich lecker“.
„Blick auf die Schausteller hat sich verändert“
Nach dem knapp zweistündigen Rundgang über die Beecker Kirmes waren unsere neun WAZ-Leser, die bei der Auslosung gewonnen hatten, rundum begeistert.
Diana und Detlef Krausen, Rumeln: „Es war total interessant – vor allem, wie sehr sich der Schausteller-Beruf gewandelt hat. Das sind ja inzwischen alles Unternehmer, die einen Familienbetrieb mit mehreren Angestellten regeln müssen und je nach Fahrgeschäft auch noch technisches Fachwissen brauchen. Wir sind früher öfter zur Kirmes gegangen, zuletzt aber viele Jahre nicht mehr. Es ist spannend, die ganze Logistik, die dahinter steckt, jenseits des Rummelalltags kennen lernen zu können.“
Brigitte und Alfons Loose, Obermeiderich: „Wir fanden es sehr gut! Spannend, dass manche Familien schon seit mehreren Generationen als Schausteller unterwegs sind. Alle waren hier sehr freundlich, nett und auskunftsfreudig. Es hat sich richtig gelohnt.“
Denise Pekdemir und Nina Hoppenberg, Beeck: „Wir sind völlig begeistert. Wir haben hier heute so viel Neues erfahren, was man sonst gar nicht mitbekommt, wenn man wie sonst einfach überall nur vorbeibummelt. Der Blick auf die Schausteller und ihre Fahrgeschäfte hat sich grundsätzlich verändert. Es ist erstaunlich, welch große Verantwortung die Schausteller tragen. Am besten gefallen hat uns die Fahrt auf dem Karussell Bayernstar. Darauf gehen wir beim Kirmesbesuch definitiv noch mal.“
Karin und Jürgen Schlechtriem, Trompet: „Man steckt Schausteller gern und schnell in eine Schublade, dass sie nicht viel können und wissen müssten, um ihren Beruf auszuüben. Das komplette Gegenteil ist der Fall! Uns war auch gar nicht klar, wie gut das Familienleben bei den Schaustellern funktionieren muss, damit alles läuft und klappt. Und der Zusammenhalt unter den Schaustellern scheint riesig zu sein. Die Menschen hier auf der Beecker Kirmes wirkten auf uns eher wie ein Dorf, wie eine verschworene Gemeinschaft.“
Hartmut Hake, Aldenrade: „Ich hätte mich im Nachhinein sehr geärgert, wenn ich diese Tour nicht hätte miterleben dürfen. Es war faszinierend. Ich bin in Beeck aufgewachsen, habe damals quasi direkt am Kirmesplatz gelebt. Jetzt, wo wir einmal hinter die Kulissen schauen durften, hat man plötzlich ein ganz anderes Verständnis für die Schausteller. Und wenn man sieht, welche Investitionen sie tätigen müssen und welche Kosten ihnen entstehen, erscheinen die Fahrpreise für Fahrgeschäfte plötzlich in einem ganz anderen Licht.“