Sie studierten beide gegen Ende der sechziger Jahre in politisch aufgeladenen Zeiten in Tübingen Theologie. Nun diskutierten Bernhard Lücking, katholischer Stadtdechant, und Jürgen Thiesbohnenkamp, ehemaliger Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Moers und langjähriger Leiter der Kindernothilfe, in der Begegnungsstätte neben der Karmelkirche. Zum Abschluss der Reihe „500 Jahre ökumenisches Lernen“ sprachen sie als Zeitzeugen über ihr Verständnis der Theologie der Befreiung und deren Auswirkungen auf ihr Berufsleben.

Sie studierten beide gegen Ende der sechziger Jahre in politisch aufgeladenen Zeiten in Tübingen Theologie. Nun diskutierten Bernhard Lücking, katholischer Stadtdechant, und Jürgen Thiesbohnenkamp, ehemaliger Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Moers und langjähriger Leiter der Kindernothilfe, in der Begegnungsstätte neben der Karmelkirche. Zum Abschluss der Reihe „500 Jahre ökumenisches Lernen“ sprachen sie als Zeitzeugen über ihr Verständnis der Theologie der Befreiung und deren Auswirkungen auf ihr Berufsleben.

Es sei in seiner Tübinger Zeit für alle Theologiestudenten ganz normal gewesen, auch Vorlesungen der jeweils anderen Fakultät zu hören, erzählte Lücking der Moderatorin, Pfarrerin Ute Sawatzki. „Ich habe erst durch die evangelischen Theologen Jürgen Moltmann und Ernst Käsemann verstanden, was Rechtfertigung aus Gottes Gnade allein für meinen Glauben bedeutet“, sagte Lücking. Die Studenten habe auch 1967 die sozialpolitisch sehr progressive Enzyklika von Paul VI. elektrisiert, aber nach der vieldiskutierten „Verhütungs“-Enzyklika von 1968 sei die leider ziemlich in Vergessenheit geraten.

Schon zu Schulzeiten lernte Jürgen Thiesbohnenkamp von einem Religionslehrer im Westerwald-Dörfchen Hamm an der Sieg, das Religiöse und das Politische zusammen zu denken. Und trug bald zum Schrecken mancher Kirchgänger Plakate mit Fragen wie: „Was tut Hamm für Vietnam?“ in die Kirche. Sein Engagement zu Studienzeiten führte gar dazu, dass die Landeskirche sich eine längere Bedenkzeit nahm, bevor sie ihn und auch einen gewissen Jürgen Fliege, später bekannt als TV-Pfarrer, zum Vikariat zuließ. Thiesbohnenkamp überbrückte die Wartezeit als Fernfahrer.

Beide machten glaubenswesentliche Erfahrungen im Ausland. Der eine reiste mit Priesterkollegen durch Indien, der andere leitete einige Jahre eine Station der evangelischen Seemannsmission in Kamerun. Und beide sind enttäuscht von der Entwicklung des politischen Engagements in Kirchen und Gesellschaft. „Es ist beschämend, dass die Wirkung der Friedensbewegung so verpufft ist“, sagte Lücking. Auch Thiesbohnenkamp vermisste energisches, christliches Engagement gegen Unrechtsstrukturen: „Es müsste ein ganz anderer Aufschrei kommen, wenn wir als Kirche glaubwürdig sein wollen.“

Er wünschte sich, dass die Hoffnungen und Utopien nicht stets im Pragmatismus des Machbaren eingeebnet würden. Lücking beklagte, dass die katholischen Gemeinden stark mit den eigenen Strukturen beschäftigt seien, statt sich auf das Wesentliche zu reduzieren und sich zu öffnen. „Wir werden hier eine Kirche der Zuwanderung sein, davor können wir uns nicht verschließen.“