Duisburg. . Fachanwältin Heike Dahmen-Lösche findet in 95 Prozent der Fälle eine friedliche Lösung. Die Gründe für eine Scheidung haben sich kaum geändert.

Im Büro von Heike Dahmen-Lösche steht ein Friedensengel. Die Fachanwältin für Familienrecht sammelt Putten. „Bei uns gibt’s in 95 Prozent der Fälle eine friedliche Einigung“, sagt die Expertin, die 1989 ihre erste eigene Kanzlei in Duisburg eröffnete, und nun mit Julia Ehm in einer Societät ihre Klienten betreut. Außerdem ist die Duisburgerin an Kanzleien in Düsseldorf, München und auf Mallorca beteiligt. In den 1990er Jahren klärte sie in der Talkshow „Hans Meiser“ über Familienrecht auf. Aktuell ist sie in der Sendung ,,Beziehungsweise Appelt“ bei „Welt der Wunder TV! zum Thema Ehevertrag zu sehen. Ein Gespräch über Rosenkrieg und Fairplay.

Sie sind seit mehr als 25 Jahren im Geschäft. Haben sich die Gründe für eine Scheidung verändert?

Es sind eigentlich immer die gleichen Probleme, weswegen die Paare zu mir kommen. Da geht es oft um mangelnde Wertschätzung oder darum, dass man Jahre nebeneinander hergelebt hat. Eine Ehe ist Arbeit, man muss etwas für die Beziehung tun.

Gibt es kritische Punkte, wann Scheidungen eingereicht werden?

lch habe junge Paare hier, die erst drei, vier Jahre verheiratet sind und dann auseinander gehen wollen. Oder Ältere, bei denen die Kinder aus dem Haus sind und die Ehepartner sich neu orientieren.

© Stephan Eickershoff

Oft ist auch die sogenannte Midlife-Crisis ein Grund für die anstehende Trennung und Scheidung. Die Eheleute stellen fest, dass sie nur noch nebeneinander her leben und fragen sich, ob dies alles gewesen sein soll. Oft stellen sich äußere Veränderungen und neue Hobbys ein. Häufig belasten auch unterschiedliche Vorstellungen von der Freizeit die Ehe. Der Mann treibt abends lieber Sport an der Regattabahn, die Frau träumt von einem Fernsehabend. Bei einem Paar wollte der Ehemann den Urlaub in den Bergen verbringen, während die Ehefrau Sehnsucht nach dem Meer hatte. lch habe ihnen geraten, dass mal der Eine, dann der Andere über den Urlaub entscheiden darf. Das hat funktioniert, die beiden sind noch zusammen.

Es gibt immer mehr Paare, die sich nach viele Jahren trennen. lst es ein Risiko, wenn der Partner in Ruhestand geht?

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Wenn finanziell alles geregelt ist, macht es keinen Unterschied, ob die Eheleute sich im vorgerückten Alter oder in jüngeren Jahren scheiden lassen. Es kommt jedoch bei klassischen Hausfrauen-Ehen häufig vor, dass der Ehemann der Ehefrau erklären will, wie der Haushalt zu führen ist, wenn er erst einmal dauerhaft zu Hause ist.

Wer reicht eher die Scheidung ein - Männer oder Frauen?

lm Moment stellen wir fest, dass die Scheidungen häufiger von Frauen eingeleitet werden. Früher war es für Frauen schwieriger, weil sie finanziell von ihrem Ehemann abhängig waren. Auch scheuten viele Frauen nach altem Scheidungsrecht die Scheidung, um nicht schuldhaft geschieden zu werden und auf Unterhaltsansprüche verzichten zu müssen. Seit 1977 ist das Verschuldensprinzip abgeschafft worden. Eine Ehe kann geschieden werden, wenn die Ehe zerrüttet ist. Die Unterhaltsregelung ist davon unabhängig.

Sind heute Frauen gezwungen, schnell wieder arbeiten zu gehen?

Seit der Unterhaltsreform im Jahre 2008 ist die Eigenverantwortung mehr in den Vordergrund gerückt. Unterhaltsansprüche ergeben sich wegen der Betreuung kleiner Kinder, aus Krankheits- und Altersgründen. Jeder Fall ist anders. Eine individuelle juristische Beratung ist dringend erforderlich.

Wer ist am Ende der Ehe zickiger?

Es kommt darauf an, ob das Paar noch kommuniziert oder der Rosenkrieg sich bereits verfestigt hat. Manchmal setzen die Frauen die Kinder als Druckmittel ein – und der Mann stellt dann beim Unterhalt auf stur. In dieser Ehephase ist festzustellen, dass Frauen häufig ,,krank“ und Männer häufig ,,arm“ sind. lm Gespräch versuchen wir zwischen den Eheleuten zu vermitteln. Rein sachlich können sich die meisten in die Lage des Anderen hineinversetzen. Auf der Elternebene bleiben ja viele verbunden. Es macht Sinn, sämtliche Ehescheidungsfolgesachen wie Kindes-/ Ehegattenunterhalt, Zugewinnausgleich, Hausrat und Ehewohnung in einem Ehevertrag, einer sogenannten Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvereinbarung zu regeln. So kann außergerichtlich eine schnelle und kostengünstige Lösung herbeigeführt werden.

Für wen lohnt sich ein Ehevertrag?

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Ob sich ein Ehevertrag lohnt, hängt von der finanziellen Situation der Beteiligten ab. Dies kann sehr wohl bei unterschiedlichen finanziellen Verhältnissen der Fall sein, aber auch dann, wenn auf beiden Seiten Vermögen vorhanden ist, welches aber in den jeweiligen Familien der Partner verbleiben soll. Eheverträge können vor und während der Ehe geschlossen werden, oder wenn sich die Lebensverhältnisse geändert haben. Die meisten Eheverträge werden anlässlich Trennung und Scheidung geschlossen. Die Problematik der Eheverträge hat sich dadurch etwas entschärft, weil inzwischen alle Eheverträge, - auch Altverträge, einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen.

Reichen Sie oft Taschentücher?

Das kommt vor. Für viele endet hier ihr gemeinsamer Weg. Da fällt eine Last ab, aber es ist eben auch oft sehr traurig. Bei hoher emotionaler Belastung raten wir häufig zu einer Mediation. Manchmal kann die Ehe gerettet werden, zumindest lernen die Eheleute in der Zukunft auf der Elternebene vernünftig miteinander umzugehen.

Sie sind auf Mallorca tätig. Ewige Urlaubsgefühle helfen also auch nicht beim Fortbestand der Ehe?

Es wenden sich Paare an mich, die entweder beide ihren Lebensschwerpunkt nach Mallorca verlegt haben, aber auch Paare bei denen nur einer der Ehepartner in Mallorca lebt, während der Andere in Deutschland noch einer beruflichen Tätigkeit nachgeht. Hier gilt es das deutsche und das spanische Recht zu berücksichtigen. Die Mandanten nehmen mit mir Kontakt auf und ich übernehme bereits von Deutschland aus das Scheidungsmanagement. In der Kanzlei finden die persönlichen Gespräche statt. lch bin mindestens alle zwei Monate in der Kanzlei in Palma.

Glauben Sie noch an die Ehe?

Ja. Für mich bedeutet die Ehe eine lebenslange Verbindung. Diese Institution hat sich seit Jahrhunderten bewährt, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Heute gibt es andere Lebensformen und Partnerschaften, die jedoch alle gegenüber der Ehe nicht etwa problemlos sind, sondern zum Teil andere, aber auch gleiche Probleme aufweisen. Insbesondere ist für Kinder eine intakte Ehe sowohl wirtschaftlich als auch emotional eine nach wie vor gute Lösung.

Zahl der Scheidungen steigt in Duisburg

Die Zahl der Scheidungen ist in den vergangenen Jahren in Duisburg kontinuierlich gestiegen – in NRW ist die Zahl laut statistischem Landesamt allerdings auf dem niedrigsten Stand seit 1992. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 37 650 Ehen geschieden. Mehr als die Hälfte der Scheidungsverfahren, 51,9 Prozent, wurde von den Ehefrauen beantragt.

Die Gründe haben sich laut Experten in den vergangenen Jahren übrigens kaum geändert: Oft ist mangelnde Wertschätzung oder eine Sprachlosigkeit oder dass man sich auseinander gelebt hat, Schuld an einer Trennung.

Vortrag zum Thema Mediation

Heike Dahmen-Lösche referiert am Mittwoch, 21. Juni, ab 18 Uhr in der Volkshochschule (Steinsche Gasse) zum Thema „Mediation“. Es wird erklärt, wie Konflikte einvernehmlich und effizient beigelegt werden können. Die Teilnahme kostet fünf Euro. Anmeldung ab sofort möglich: 0203/283 4606.

Weitere Informationen zur Arbeit von Heike Dahmen-Lösche gibt es im Netz: www.praxis-fuer-familienrecht.de