Duisburg. . Viele Jugendliche haben Gewalt-Erfahrungen, viele Lehrer aber nicht. Das Programm „Duisburg schlägt keiner“ vermittelt Konfrontationsstrategien.

  • Wie sie Gewalt in Schulen und Jugendzentren begegnen, lernen Pädagogen im Studium zumeist nicht
  • Das Programm „Duisburg schlägt keiner“ vermittelt deshalb seit bald zehn Jahren Handlungsstrategien
  • Schon 500 Lehrer und Sozialarbeiter haben mitgemacht und wirken nun als Multiplikatoren unter ihrer Kollegen

Verbale oder körperliche Gewalt gegen andere Jugendliche, manchmal auch gegen den Lehrer und Sozialarbeiter – jeder, der in einer Schule oder in einem Jugendzentrum arbeitet, muss sich solchen Konflikten in seinem Berufsleben früher oder später stellen. Mit dem vorbeugenden Ausbildungsprojekt „Duisburg schlägt keiner“ versucht das Jugendamt seit bald zehn Jahren, in allen Schulen und Jugendeinrichtungen eine Strategie zu vermitteln, die flächendeckend für ein gewaltfreies Klima sorgen soll.

Mehr als 500 Pädagogen haben das Zertifikat bereits bekommen, 50 haben gerade die Fortbildung absolviert. Das Ziel: Jeweils zwei sogenannte „Konfliktmanager“ sollen in jeder Schule und jeder Jugendeinrichtung tätig sein. „Sie fungieren als Multiplikatoren, alle werden wir nicht ausbilden können“, erklärt Projektleiter Uwe Bauer vom Duisburger Jugendamt.

An Schulen muss es ein einheitlich Strategie geben

„Konfrontative Pädagogik“ ist der Fachbegriff für die Vermittlung von Strategien für den Umgang mit renitenten Jugendlichen. Neuland für viele Lehrer, erklärt Volker Rau, tätig an einer Förderschule: „An der Uni wird das nicht vermittelt, viele haben auch keine eigenen Gewalterfahrungen. Im Referendariat treffen dann oft Welten aufeinander.“ Es sei deshalb für viele seiner Kollegen eine „hochemotionale Fortbildung“, sagt Rau.

Entscheidend ist, wie der Pädagoge in den Konflikt geht, betont Uwe Bauer: „Unser Denken bestimmt unser Handeln.“ In ihrer Klasse gebe es viele „Arschloch-Kinder“ – diese Bezeichnung einer Lehrerin bliebt ihm in Erinnerung. „Wenn ich diese Haltung in den Unterricht bringe, finde ich das wieder“, ist Bauer sicher. „Es ist wichtig, Person und Verhalten zu trennen.“

Uwe Bauer vom Jugendamt ist Projektleiter von „Duisburg schlägt keiner“.
Uwe Bauer vom Jugendamt ist Projektleiter von „Duisburg schlägt keiner“. © Tanja Pickartz

Eine einheitliche Strategie an einer Schule sei Grundlage für ihre Durchsetzung, lernen die Pädagogen: Gewalt verstehen – aber nicht damit einverstanden sein. Grenzziehung ist wichtig – was du ignorierst ist, was du erlaubst. „Nur mit Empathie kommt niemand weit“, meint Volker Rau. In den Schulen und Jugendzentrum müsse das „Gangprinzip“ gelten, erläutert Bauer: „Wer ein Problem mit einem von uns hat, hat mit allen ein Problem.“

Regeln sollten überschaubar sein

Auch auf Sanktionsmechanismen sollten sich Kollegien verständigen, raten die Fachleute: „Regeln sind wichtig, aber sie sollten überschaubar sein für die Jugendlichen. Schüler testen auch deshalb die Grenzen, weil sie die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht aufmachen können.“ Nachvollziehbar müsse die Strategie letztlich auch für die Eltern sein. „Deshalb ist es wichtig, sie mit einzubeziehen.“

Wie sieht die Bilanz des Projekts aus: „Wir haben eine Fragebogenaktion gemacht, an der sich 200 Lehrer beteiligt haben“, berichtet Uwe Bauer. „Wer wirklich mit dem System arbeitet, der sieht auch eine Verbesserung im Schulalltag: Der Umgang untereinander verbessert sich.“