Duisburg. . Mizgin Bilmen brachte „Charlotte Salomon“ auf die Bielefelder Bühne, überzeugte Kritiker und Publikum. Duisburger Kulturpolitik missfällt ihr.
- Mizgin Bilmen aus Duisburg fand erst erst spät den beruflichen Weg zum Theater
- Mit der Oper „Charlotte Salomon“ hat sich die Regisseurin gleich einen Namen gemacht
- Deutlich kritische Worte findet Mizgin Bilmen für die Duisburger Kulturpolitik
Mit der Premiere der Oper „Charlotte Salomon“ von Marc-André Dalbavie hat sich die Duisburger Regisseurin Mizgin Bilmen gleich einen Namen in der Opernwelt gemacht. Viele Theatermacher und Kritiker kamen im Januar nach Bielefeld, um das Stück kennenzulernen, das 2014 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde, entdeckten zugleich aber die Regisseurin, die mit dieser Arbeit ihr Operndebüt gab. Auch die Jury des renommierten Götz-Friedrich-Regie-Preises reiste nach Bielefeld.
Dabei fand die in Hochfeld geborene und in der Innenstadt aufgewachsene Mizgin Bilmen erst spät den beruflichen Weg zum Theater: Weder in der Grundschule Klosterstraße noch in der Gesamtschule Süd, wo sie 2003 das Abitur machte, spielte sie Kinder- oder Schultheater. Während des Abiturs jobbte sie als Türschließerin im Stadttheater, aber der Erleuchtungsmoment kam erst, als sie im Rahmen des Unterrichtes ein Gastspiel des Theaters an der Ruhr mit „Titus Andronicus“ besuchte. Durch diese und andere Inszenierungen Roberto Ciulis begriff sie: „Das wichtigste Lachen im Theater ist das Lachen der Erkenntnis. Theater hat die Möglichkeit durch unmittelbare Berührung mit seinem Publikum einen Denkprozess in Gang zu setzen, welcher über die Aufführung selbst hinausgehen kann.“
von Salomons bildnerischem Werk inspiriert
Nach mehreren Schauspielinszenierungen an der Essener Folkwang-Universität, und einer Spielzeit am Regiestudio des Schauspiels Frankfurt inszenierte sie mit „Charlotte Salomon“ ihre erste Oper. Erzählt wird die Geschichte der in Auschwitz ermordeten Berliner Malerin, die ihr Leben in dem Bilderzyklus „Leben? oder Theater?“ verarbeitet hat. Die Inszenierung von Mizgin Bilmen ist sehr stark von Salomons bildnerischem Werk inspiriert: Videoprojektionen vermitteln den Eindruck, dass man die Entstehung der Bilder miterlebt. Die Darsteller sehen durch Schminke und Kostüm wie gemalt aus.
„Charlotte Salomon“ hat sich seit der Premiere im Januar zur Erfolgsproduktion entwickelt und wird regelmäßig vor ausverkauftem Haus gespielt. In Bielefeld ist die Nachfrage so groß, dass das Theater für den 1. Mai sogar eine Zusatzvorstellung angesetzt hat. Da die Aufführung bereits um 18 Uhr beginnt, wären An- und Abfahrt auch für Duisburger Opernfreunde kein Problem.
Nach Stationen in Berlin und Frankfurt hat Mizgin Bilmen ihre Heimatstadt Duisburg wieder zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht: „Ich musste an den Puls zurück. Duisburg war während des Studiums meine primäre Inspirationsquelle.“ Als Lieblingsorte nennt sie die Wanheimer Straße in Hochfeld, den Rheinpark oder die Weseler Straße in Marxloh mit ihren Brautmodengeschäften.
Kritik am Konzept des Duisburger Theaters
Über die Duisburger Kulturpolitik äußert sie sich kritisch: „Ich verstehe nicht, wie man eine Stadt wie Duisburg, die heute ein Biotop voller kultureller Vielfalt ist und eine tiefgreifende Geschichte deutscher Industrie in sich birgt, so herunterkommen lassen kann.“ Als Beispiel diene da nur zu gut das Schauspiel-Angebot des Duisburger Theaters. Es könne nicht das Konzept eines solchen Hauses sein, dass es nur mit Gastspielen aus Nachbarstädten oder dem Akzente-Theatertreffen bespielt wird. Ein eigenes Schauspiel würde dem Publikum die Möglichkeit geben, sich mit Duisburg als Kulturstadt zu identifizieren.
In den nächsten Monaten warten weitere wichtige Aufgaben auf die junge Regisseurin: In Bamberg inszeniert sie mit der „Antigone“ von Sophokles einen Tragödien-Klassiker, Premiere ist am 12. Mai. In der nächsten Saison folgt in Bern eine Bühnenfassung von Ingeborg Bachmanns Roman „Malina“, und in Bielefeld wird sie erneut eine Oper inszenieren: Richard Wagners „Das Rheingold“.