Duisburg. . Bei Arcelor-Mittal in Ruhrort wird mit der IG Metall über Tarif-Ausnahmen verhandelt. Ein Wirtschaftsprüfer schaut derzeit auf die Zahlen.
- Verhandlungen zwischen IG Metall und Arcelor-Mittal über Abweichungen vom Tarifvertrag sind angelaufen
- Ob es am Ende tatsächlich dazu kommt, bestimmen die Mitglieder der Gewerkschaft
- Deutschland-Chef von Arcelor-Mittal sieht „leichte Erholung“ am Stahlmarkt, aber Marge sei zu gering
„Fair und akzeptabel, aber auch an der Grenze des Machbaren“ – so bezeichnete Frank Schulz, Deutschland-Chef von Arcelor-Mittal, den jüngsten Tarifabschluss für die nordwestdeutsche Stahlindustrie. Vor Ort, im Ruhrorter Werk, hat die Arcelor-Mittal-Geschäftsführung indes das Gespräch mit der IG Metall gesucht, um eine Einigung über ein Abweichen vom Flächentarifvertrag zu erreichen.
Belegschaften haben das letzte Wort
Die Beschlusslage der Gewerkschaft erlaubt im Prinzip eine solche Einigung mit einem Unternehmen, das sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befindet. Allerdings hat der letzte Gewerkschaftstag auch festgelegt, dass die Belegschaften der betroffenen Betriebe das letzte Wort haben. „Ihr könnt euch darauf verlassen, dass wir ohne die Zustimmung der IG Metall-Mitglieder unseres Betriebes keinen abweichenden Tarifvertrag abschließen werden“, hat die Gewerkschaft in einer aktuellen Belegschafts-Information klargestellt. Mit der Unternehmensleitung habe man sich zunächst darauf geeinigt, dass ein „der IG Metall nahestehender Wirtschaftsprüfer“ die Zahlen des Unternehmens überprüft. Danach sollen die Gewerkschaftsmitglieder befragt werden, ob grundsätzlich über ein Abweichen vom Tarifvertrag verhandelt werden soll.
Unüblich ist so etwas keineswegs, wie etwa die befristete Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei Thyssen-Krupp Steel belegt. Dahinter steckt die Erkenntnis der IG Metall, dass die Sicherung von Standorten und Unternehmen Vorrang haben kann vor dem hundertprozentigen Einhalten von tarifvertraglichen Vereinbarungen.
Leichter Erholungsprozess
Dabei ist die wirtschaftliche Entwicklung für Arcelor-Mittal in Deutschland gar nicht so schlecht, erklärte Schulz am Dienstag. Für 2017 und auch 2018 erwartet er einen „leichten Erholungsprozess“. Aber es gebe auch eine Reihe von Risiken für die Stahlbranche wie etwa das Ausscheiden der Briten aus der EU, nach wie vor vorhandene Überkapazitäten und Preis-Dumping oder politische Unwägbarkeiten rund um den Emissionsrechtehandel. Und was Schulz vor allem fehlt, sind auskömmliche Margen für die Stahlunternehmen.
„Wir arbeiten an der Verbesserung unserer Werke“, kündigte Schulz dennoch auch für 2017 Investitionen an den deutschen Standort an, unter anderem in den Ausbau der Stranggussanlage in Ruhrort. Außer in Duisburg produziert der Konzern in Hamburg, Bremen und Eisenhüttenstadt Stahl, und zwar 7,8 Millionen Tonnen im Jahr 2016. Rund 1,3 Millionen Tonnen Rohstahl waren es in Ruhrort, wo die Auslastung der Anlagen bei 92 Prozent liegt.